Wir treffen uns im Café Reichard in Köln. In der Vitrine stehen die Sahne- und Schokoladentorten. Mit gesunder Ernährung hat das nichts zu tun, aber kleine Sünden sind erlaubt, findet Walter Tokarski. Der Präsident der Gesellschaft für Prävention und frühere Rektor der Sporthochschule Köln, macht sich für ein gesünderes Leben start. Mehr Bewegung, weniger Fast Food - das ist seine Mission. Im Interview erzählt er, wie schwierig es ist, die Deutschen für ein Leben mit mehr Sport und gesundem Essen zu begeistern.
Herr Tokarski, bei „The Biggest Loser“ kämpfen gerade wieder stark Übergewichtige gegen ihre Kilos. Was halten Sie von solchen Shows?
Nicht so viel. Da werden Einzelfälle hochgejubelt, aber keiner fragt, wie die Teilnehmer ein Jahr nach der Kampfdiät aussehen. Auch für viele Abnehmpülverchen wird ja mit Vorher- und Nachherbildern geworben. Aber ist das auch wirklich nachhaltig? Eher nicht. Natürlich kann eine Show wie „The Biggest Loser“ andere motivieren, aber die Teilnehmer laufen auch Gefahr, sich lächerlich zu machen. Schon der Name ist ja doppeldeutig: der größte Verlierer.
Von radikalen Diäten würden Sie also abraten?
Unsere Empfehlung ist eine andere: Wenn Sie wirklich langfristig abnehmen wollen, dann muss das langsam gehen. Essen Sie 100 Kalorien pro Tag weniger, bewegen sie sich eine Viertelstunde mehr. So haben sie nachhaltigere Erfolge. Aber es dauert eben auch.
Sind die Deutschen grundsätzlich zu dick?
Fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen ist schon heute übergewichtig oder sogar adipös. Man geht davon aus, dass alle zehn Jahre zehn Prozent hinzukommen. Soll das unsere Zukunft sein? Wohl kaum. Die Bundeswehr klagt schon jetzt über zu dicke Soldaten. Wir müssen gegensteuern. Wir müssen das Bewusstsein für mehr Bewegung und gesunde Ernährung schärfen.
Apropos Bewegung, wann haben Sie zuletzt Sport getrieben?
Leider musste ich eine Pause einlegen, weil ich krank war.
Die Deutschen stehen auf Wurst und Fleisch
Für viele Deutsche ist ein Frühstück ohne Wurst kaum vorstellbar. Eine repräsentative Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat ergeben, dass 85 Prozent aller Deutschen den Verzehr von Fleisch und Wurst als „selbstverständlich und naturbewusst“ ansehen. 83 Prozent der Befragten wollen unter keinen Umständen auf den Verzehr von Fleisch und Wurstwaren verzichten.
Die Studie zeigt, dass jeder zweite Deutsche zumindest einmal am Tag Wurst oder Fleisch verzehrt. Ein Viertel der Befragten hat ein schlechtes Gewissen, wenn er an die geschlachteten Tiere denkt. Knapp 42 Prozent achten beim Fleischeinkauf jedoch insbesondere auf einen möglichst günstigen Preis.
Über 80 Prozent der Befragten essen gerne gegrilltes Fleisch und gegrillte Würstchen. Das Grillen ist eines der beliebtesten Hobbys der Deutschen und ganz klar eine Männerdomäne. Sechs von zehn Befragten sind der Meinung, dass „Männer einfach mehr Fleisch zum Essen brauchen als Frauen.“ Frauen sind hingegen weniger häufig bedingungslose Fleischesser. Sie haben nicht nur häufiger gesundheitliche Bedenken beim Fleischkonsum, sie achten auch eher auf die Herkunft des Fleisches.
Nur etwas mehr als jeder Dritte (36 Prozent der Befragten) gab an, beim Fleischkonsum vorsichtiger geworden zu sein. Die Fleischskandale der vergangenen Jahre haben zu einem Umdenken bei vielen Fleischkonsumenten geführt: Ein Drittel der Studienteilnehmer sagt, dass eine vegetarische Ernährung gesünder sei. Außerdem könne der Verzicht auf Fleisch Gesundheitsrisiken vorbeugen.
Während sich ein Großteil der Befragten beim Fleischkonsum mit gesundheitlichen Risiken konfrontiert sieht, verzichten nur 15 Prozent generell auf Fleisch. Lediglich drei Prozent gaben an, sich ausschließlich vegetarisch zu ernähren. Zwölf Prozent der Befragten kaufen ausschließlich Bio-Fleisch. Allerdings legen 65 Prozent der Befragten laut der Studie keinen besonderen Wert auf die artgerechte Haltung der Tiere.
Doch nach Meinung vieler Befragter ist Fleisch nicht gleich Fleisch: 58 Prozent der Befragten gaben an, Geflügel – sogenanntes „weißes Fleisch“– sei gesünder als „rotes Fleisch“ von Rind oder Schwein. Doch die Geflügelskandale der vergangenen Jahre beunruhigen die deutschen Fleischkonsumenten. 29 Prozent kaufen ihr Fleisch deshalb direkt bei Bauern oder Erzeugern.
Fleischkonsum als Gruppenzwang? Knapp 19 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, weniger Fleisch und Wurst einkaufen zu wollen, Familie oder Partner wollten aber nicht auf Fleisch verzichten. Insbesondere Frauen haben ein ambivalentes Verhältnis zum Fleischkonsum. Ein Viertel der weiblichen Studienteilnehmer gab an, zumindest zeitweise auf den Verzehr von Fleisch oder Wurstwaren zu verzichten.
Alter, Bildung und Herkunft der Befragten spielten eine Rolle: So achten 54 Prozente der 20- bis 29-Jährigen beim Fleischeinkauf auf einen günstigen Preis. Dagegen haben 34 Prozent der Jüngsten (14- bis 19-Jährige) ein schlechtes Gewissen, wenn sie beim Fleischkonsum an die geschlachteten Tiere denken. Menschen mit höherer Schuldbildung essen weniger Fleisch, als Menschen mit niedriger Bildung. In den neuen Bundesländern waren 90 Prozent aller Befragten der Meinung, dass Fleischessen beim Menschen naturbedingt ist.
Die durch den „Wort & Bild Verlag“ veröffentlichte Studie wurde von der GfK-Marktforschung vom 9. bis zum 27. August 2013 als telefonische Befragung durchgeführt. In diesem Rahmen wurden 2094 Befragte im Alter ab 14 Jahren befragt. Die nach Quoten gezogene Stichprobe gilt als repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland.
Aber normalerweise gehört Sport zu Ihrem Alltag?
Auf jeden Fall. Ich spiele zwei Mal pro Woche Tennis und ein bis zwei Mal pro Woche Golf, wenn das Wetter mitspielt. Außerdem fahre ich viel Fahrrad.
Sind Sie mit einem solchen Sportprogramm eher die Ausnahme oder die Regel?
Leider die Ausnahme. Aktuelle Studien zeigen, dass 25 bis 30 Prozent der Deutschen gar keinen Sport treiben.