Star Wars, Minions, Frozen Lizenzen machen das Spiel

Kommt ein neuer Kinderfilm ins Kino, stehen die passenden Produkte dazu schon längst in den Regalen. Doch Lizenzspielware ist kein Durchläufer. Das schnelllebige Geschäft birgt für die Industrie einige Risiken.

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In Spielwarengeschäften ist Star Wars ein Dauerbrenner. Schöpfer George Lucas verdiente Milliarden an den Lizenzen. Quelle: ap

Nürnberg Die Kinder lieben sie, die Eltern kaufen sie: Ob Disney-Eiskönigin, die Minions, Klassiker wie Biene Maja oder die Maus, der Playmobil-Porsche oder der Mercedes-Lego-Truck – zu angesagten Kinohelden oder Marken gibt es mittlerweile alles nur Erdenkliche auf dem Spielwarenmarkt. Lizenzspielzeug ist aus der Branche nicht mehr wegzudenken und trägt immer mehr zum Gesamtumsatz bei. Auch auf der Spielwarenmesse in Nürnberg, die am Mittwoch ihre Tore für das Fachpublikum öffnete, ist zu sehen: Fast kein Hersteller mehr kommt ohne Lizenzspielwaren aus.

„Lizenzartikel standen 2015 für gut 450 Millionen Euro Umsatz im Spielwarenfacheinzelhandel“, sagt Willy Fischel vom Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS). Mit rund 50 Millionen Euro haben Lizenzen für Star Wars im vergangenen Jahr mit weitem Abstand am meisten Umsatz gebracht. Für 2016 haben sich die Spielwarenhersteller die Rechte schon längst gesichert – mit der Hoffnung, den richtigen Riecher bewiesen zu haben.

Werner Lenzner ist beim Fürther Spielwarenhersteller Simba Dickie für die Lizenzen zuständig – und muss immer nahe an den neuesten Trends auf dem Schulhof sein, um aus der Vielfalt die Schätze herauszusuchen. Mit einem rund zehnköpfigen Team analysiert er potenzielle Themen schon gut zwei Jahre, bevor sie ins Kino kommen. Passt der Kinoheld zur Zielgruppe? Welche Art von Produkten kann man mit der Lizenz machen? Was passt zum Thema? Letztlich gehöre für den richtigen Griff immer auch eine Portion Glück dazu. „Ganz sicher kann man nie sein, ob das Thema bei Kindern auch ankommt“, urteilt der Marketingexperte. „Es gibt Themen, die sind im Fernsehen ein großer Run, aber die Produkte laufen nicht.“

Etwa die Hälfte des Branchenwachstums im vergangenen Jahr in Deutschland sei auf Lizenzen zurückzuführen, schätzt Ravensburger-Vorstandschef Karsten Schmidt. Momentan gebe es eindeutig einen Lizenz-Boom. „Es kann aber genauso auch wieder runter gehen“, betont Schmidt. In der Regel halte sich eine Lizenz zwei, drei Jahre – dann gehe sie wieder unter.

Im sehr schnelllebigen Lizenzgeschäft zählt vor allem Timing. Zu spät oder zu früh bei einer Lizenz einzusteigen, kostet wichtige Umsätze. Gerade wegen der steigenden Zahl von Themen wird es immer kniffliger, den richtigen Regalplatz im Handel zu finden. Kinder hätten trotz der Produktschwemme weiterhin nur eine begrenzte Zahl an Lieblingsthemen.

Warum das Wagnis also trotzdem eingehen? Die Spielwarenindustrie hätte auf einem relativ gesättigten Markt ohne Lizenzen definitiv ein Problem, meint Lenzner. „Die Trends unterstützen die Spielwarenbranche wirklich. Als Spielwarenhersteller kann man die Produkte gar nicht ständig bewerben“, sagt er. Ein hoher Bekanntheitsgrad durchs Kino, topvermarktet über die unterschiedlichsten Kanäle vom Discounter bis zum Spezialregal im Fachhandel, sorge für zusätzliche Margen und Umsätze. So bleibe mehr Geld für die teure Entwicklung von Spielzeug-Neuheiten.


„Ein schöner Mosaikstein im Geschäft“

Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwaren-Industrie (DVSI), hält die Lizenzen dagegen nicht für essenziell: „Das ist ein schöner Mosaikstein im Geschäft. Wir haben aber auch viele Produkte ohne Lizenzen, die auch sehr gut funktionieren“, meint er.

Bei Simba Dickie macht das Lizenzgeschäft rund ein Fünftel des Gesamtumsatzes aus. Derzeit hat der fränkische Spielwarenhersteller rund 20 Lizenzen im Portfolio – teils nur für den nationalen Markt, teils mit internationaler Zielgruppe. Meist teilen sich die verschiedenen Hersteller eine Lizenz: Der eine darf Plüschfiguren vertreiben, der andere sichert sich das Sandspielzeug, der nächste Kleidung und Kostüme.

Besonders viel Geld müssen die Hersteller für die sogenannte Master-Toy-Lizenz hinblättern – dann darf ein Produkt exklusiv über alle Produktgruppen hinweg vermarktet werden. Die Kosten für die Rechte variieren stark, Zahlen dazu nennt niemand. „Die Branche hat sich stark professionalisiert“, meint Lenzner. „Die Hersteller bemühen sich mehr um Lizenzen als in der Vergangenheit. Der Bereich wurde als großes Potenzial jetzt auch in Deutschland entdeckt.“

Im europäischen Vergleich sei der Lizenzmarkt in Deutschland aber noch ausbaufähig, sagen Experten. In anderen Ländern werde bereits mehr als ein Drittel des Umsatzes mit Lizenzen gemacht. Dass die Deutschen zurückhaltender sind, liegt laut Lenzner auch daran, dass der Fernsehkonsum bei Kindern hierzulande im Schnitt geringer sei als in anderswo. Auch die Werbung sei reglementiert. „Gerade der für Kinder wichtige Sender Kika ist werbungsfrei“, betont Lenzner.

„Außerdem kaufen die deutschen Konsumenten vielleicht weniger spontan, sondern sehr überlegt ein, schauen auf den Preis und haben in aller Regel hohe Ansprüche an Lebensdauer und Qualität der Produkte“, meint BVS-Mann Fischel. In Deutschland müsse eine Lizenz eine gewisse Nachhaltigkeit mitbringen. Und auch Verbandsmann Brobeil betont: „Wir springen nicht auf jeden Trend und jede Lizenz auf.“

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