Stiftung Warentest Dispozinsen teilweise „unverschämt“

Die Stiftung Warentest hat bei fast 1500 Banken die Dispozinsen abgefragt. Den Verbraucherschützern zufolge gibt es Geheimniskrämerei und teilweise sehr hohe Zinsen. Doch es gebe auch Lichtblicke.

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Wofür sich die Deutschen 2013 verschuldeten
Platz zehnDer Besuch beim Zahnarzt kann teuer werden, vor allem wenn ein Implantat nötig ist, das nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zählt, und keine private Zahnzusatzversicherung vorhanden ist. Laut einer Erhebung des Vergleichsportals Check24 beantragen Kunden für Zahnarztkosten im Schnitt Kredite von 5.767 Euro. Laut Finanztest (12/2008) schätzt die Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit die Kosten für zwei bis vier Implantate auf 3.000 bis 7.500 Euro. Quelle: AP
Silhouette eines frisch vermählten Hochzeitspaares Quelle: dpa
Touristen am Strand Mari Ermi auf der Sinis-Halbinsel an der Westküste der Mittelmeer-Insel Sardinien Quelle: dpa
Platz siebenAuch für Motorräder nehmen die Deutschen Kredite auf. Im Schnitt zahlen sie dafür 5,09 Prozent Zinsen. Quelle: dpa
The four-seater 3200GT coupe Quelle: REUTERS
Bauarbeiter errichten am 16.05.2012 Eigenheime im neuen B-Plan-Gebiet "Mühlenscharm" in Schwerin. Quelle: dpa
Platz vierDer vierthäufigste Verwendungszweck für Kredite ist der Kauf von Einrichtung und Möbeln. Die durchschnittlich abgeschlossene Kreditsumme beträgt 7.916 Euro bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 6,34 Prozent. Im Gegensatz zu Elektronik oder Reisen handelt es sich hier zumeist um langlebige Güter, die sich für eine Kreditfinanzierung eignen. Quelle: dpa

Viele Kreditinstitute betreiben Geheimniskrämerei, wenn es um die Höhe der Dispozinsen geht. Gut zwei Drittel von knapp 1500 Instituten machten auf E-Mail-Anfrage von Stiftung Warentest keine Angaben über die Zinsen machen, die anfallen, wenn man das Girokonto überzieht. Aber der Gesetzgeber wird sie im kommenden Jahr zu mehr Transparenz verpflichten.

In vielen Fällen musste Stiftung Warentest Tester losschicken, um die Höhe der Dispozinsen zu ermitteln. Das Ergebnis: Elf Banken – ausnahmslos kleinere Volks- und Raiffeisenbanken - verlangten mehr als 13 Prozent Zinsen. Diesen Zinssatz halten die Verbraucherschützer für „unverschämt“. Schließlich können sich die Institute noch immer äußerst günstig bei der Europäischen Zentralbank refinanzieren. Der Dispozins wird fällig, wenn Sparer ihre Konten innerhalb einem von ihrer Bank gewährten Rahmen, dem Dispo-Rahmen, überziehen.

So sieht das Sparpotenzial bei der Dispo-Ablösung in den einzelnen Bundesländern aus

Die deutschen Banken, genossenschaftlichen Institute und Sparkassen kritisieren in einer Stellungnahme des Dachverbandes „Deutsche Kreditwirtschaft“ den Preisvergleich. Der Dispokredit sei nur ein Bestandteil eines Girokontos und der Zins dürfe daher „nicht losgelöst von den anderen Leistungen“ betrachtet werden.

Lichtblicke sieht Stiftung Warentest allerdings auch. Die Zahl der Banken, die mehr als 13 Prozent verlangen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 24 reduziert. Und rund die Hälfte der Banken haben die Überziehungszinsen abgeschafft, die fällig werden, wenn der Dispokreditrahmen ausgeschöpft ist.

Die Liga der günstigen Banken führt wie im Vorjahr die Deutsche Skatbank, die für das online geführte Konto einen Dispozins von 4,49 Prozent berechnet.

Hamburg pocht auf Deckelung der Dispo-Zinsen

Die deutsche Kreditwirtschaft sieht den durchschnittlichen Dispozins auf dem niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren und beruft sich dabei auf Daten der Bundesbank. Im Mai habe der durchschnittliche Zins demnach 8,83 Prozent betragen.

Für Stiftung Warentest liegt ein fairer Zinssatz „deutlich unter zehn Prozent“. Schließlich liege auch die Ausfallquote bei diesen Krediten nur bei einem Prozent. Laut Bundesbank lag das Volumen für Überziehungskredite im Juli 2015 bei gut 34,5 Milliarden Euro.

Jeder Prozentpunkt mehr Zins sichert den Instituten Erträge in Höhe von 345 Millionen Euro. Rund 17 Prozent der Verbraucher überziehen ihr Konto regelmäßig. Etwa 30 Prozent der Überziehungen sind laut einer Umfrage von Ipsos höher als 500 Euro.

Mit dem geplanten Gesetz wird die schwarz-rote Koalition die Geheimniskrämerei beenden. Künftig sollen die Kreditinstitute über die Höhe der Dispozinsen auf ihre Website informieren. „Damit machen wir es den Banken schwerer, unangemessen hohe Dispozinsen zu verlangen“, so Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz.

Gegenüber den Warentestern hatten 420 Geldinstitute auf E-Mail-Nachfrage bereitwillig Auskunft über die Höhe ihres Dispozinses gegeben. Bei weiteren 570 sei der Zinssatz auf der Internetseite gefunden worden. In fast 480 Kreditinstitute schickte „Finanztest“ Tester los, um die Höhe des Dispozinses herauszufinden - in drei Fällen ohne Erfolg.

Zukünftig sollen die Banken zudem verpflichtet werden, jene Kunden zu beraten, die ihr Konto drei Monate lang in Höhe der Hälfte ihres durchschnittlichen Geldeingangs überzogen oder mindestens sechs Monate lang ihren Disporahmen zu 75 Prozent ausgeschöpft haben. Verbraucherschützern reicht das nicht. Sie plädieren für eine Deckelung der Dispozinsen. Das Land Hamburg haben sie auf ihrer Seite. Das Land bereitet eine entsprechende Bundesratsinitiative vor.

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