Strategie-Wechsel Deutsche-Bank-Mitarbeiter fürchten um Jobs

Die Deutsche Bank will sich nun wohl nur von der Postbank trennen. Dennoch sollen bis zu einem Drittel der 700 Filialen geschlossen werden – die Stellen fallen einfach weg. Und die Strategie-Debatte geht weiter.

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Die bei der Postbank besonders starke Gewerkschaft Verdi macht sich vor allem dort Sorgen um die Belegschaft. Im laufenden Tarifstreit stehen die Zeichen auf Streik. Quelle: dpa

Frankfurt Die Deutsche Bank will sich bei ihrem großangelegten Umbau Finanzkreisen zufolge nur von der Postbank und nicht vom gesamten Privatkundengeschäft trennen. Das zeichnet sich nach den jüngsten Beratungen im Vorstand ab, wie mehrere mit den Beratungen im Vorstand vertraute Personen am Wochenende der Nachrichtenagentur Reuters sagten.

Für die Beschäftigten in den „blauen“ Filialen unter der Marke Deutsche Bank sei das aber kein Grund aufzuatmen. Dort drohten nun mehr Stellen wegzufallen als bisher geplant, sagten die Insider. Die geplante Schließung von bis zu einem Drittel der 700 Filialen in Deutschland dürfte Tausende Arbeitsplätze kosten.

Die radikale Lösung („Model Five“), die den Abschied der Deutschen Bank vom traditionsreichen Privatkundengeschäft bedeutet hätte, werde nur noch von Spartenchef Rainer Neske und Strategie-Vorstand Stefan Krause unterstützt. Die Deutsche-Bank-Führung hatte unter dem Druck wichtiger Investoren das lange favorisierte Modell der Universalbank infrage gestellt.

Die beiden Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen seien zuletzt aber von einer Konzentration auf das Investmentbanking und die Vermögensverwaltung abgerückt, hieß es in Finanzkreisen. Ein Grund dafür sei der vermutete Wunsch der Bundesregierung nach einer weiterhin deutsch geprägten Bank, ein zweiter der Druck der Ratingagenturen, die in den Einlagen der Privatkunden eine sichere Refinanzierungsquelle sehe. Um Einzelheiten der Pläne werde immer noch gerungen, sagte einer der Insider.

Die Deutsche Bank wollte sich nicht zu den Informationen äußern. Ein Sprecher bekräftigte, dass die Ergebnisse der laufenden Strategie-Debatte noch vor Ende Juni veröffentlicht werden sollen. Nachdem der "Spiegel" am Freitag von einer Vorentscheidung zugunsten eines Postbank-Verkaufs berichtet hatte, hatte die Bank betont, es gebe noch keine Beschlüsse. Nach Reuters-Informationen will der Vorstand diese formal erst am kommenden Freitag (24. April) kurz vor der außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats fassen. Bis dahin ist alles offen.

Mit den Einschnitten in den „blauen“ Filialen dürften sich auch die meisten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat abfinden. Sie hatten zunächst eine Komplettabspaltung favorisiert, weil damit geringere Arbeitsplatzverluste verbunden gewesen wären. Die bei der Postbank besonders starke Gewerkschaft Verdi macht sich vor allem dort Sorgen um die Belegschaft. Im laufenden Tarifstreit stehen die Zeichen dort auf Streik. Verdi war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.


Abschreibungen bei der Postbank?

Die Postbank könnte im Zuge des Strategieschwenks über eine großangelegte Aktienplatzierung an die Börse zurückkehren. Ein Verkauf an eine andere Bank oder sogar einen Finanzinvestor stehe ebenfalls zur Debatte, sagten die Insider. Bisher können nur sechs Prozent ihrer Aktien gehandelt werden, der Rest liegt bei der Deutschen Bank. Rechnerisch ergibt sich aus dem Kurs von 35,75 Euro ein Unternehmenswert für die frühere Post-Tochter von 7,8 Milliarden Euro, doch dieser ist vor allem von der Hoffnung von Spekulanten getrieben, dass die Deutsche Bank ein Übernahme-Angebot für den Streubesitz vorlegen würde.

Bei einem Verkauf oder einem Börsengang dürfte der erzielbare Preis deutlich unter den sechs Milliarden Euro liegen, mit denen die Postbank in den Büchern der Deutschen Bank steht. Damit stünden der Bank erneut milliardenschwere Abschreibungen bevor.

Die Deutsche Bank hatte die Postbank zwischen 2008 und 2012 schrittweise übernommen. In der Finanzkrise galt das als kluger Schachzug des damaligen Vorstandschefs Josef Ackermann, da die Milliarden-Einlagen auf den Postbank-Konten eine solide, von den Finanzmärkten unabhängige Refinanzierungsbasis versprachen. Doch die Deutsche Bank konnte nie voll auf die Einlagen zugreifen, weil die Finanzaufsicht BaFin auf eine eigenständige Kapitalausstattung der Postbank drängte.

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