Bitcoins Digitale Schatten-Währung wertet massiv auf

Ein Hacker hat eine Währung mit einzigartigen Eigenschaften geschaffen. Dezentrale Computer übernehmen die Aufgabe einer Notenbank, vorbei an jeder Kontrolle. Der Wert der Währung steigt rasant. VON STEPHAN DÖRNER

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Das Bitcoin-Logo. Die Schattenwährung aus dem Netz hat massiv an Wert gewonnen. Quelle: handelsblatt.com

Während Google, Paypal und andere um den E-Cash-Markt kämpfen, hat sich abseits großer Medienaufmerksamkeit eine alternative Internet-Währung etabliert: anonym, global, frei gehandelt.

Als Schöpfer der seit 2009 existierenden Währung Bitcoins gilt ein Mann, der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto bekannt ist. Er soll aus Japan stammen, doch seine Identität hält der Kryptografie-Experte geheim.

"Das gefährlichste Open-Source-Projekt aller Zeiten"

Der besondere Reiz an den Bitcoins ist ihre Konstruktion: Bitcoins sind digital und global sowie pseudonym handelbar, vorbei an jeder Kontrolle - sei sie staatlich oder durch Banken und Zahlungsdienstleister. Weder können Konten eingefroren werden, noch Zahlungsflüsse nachvollzogen werden, im Gegensatz zu globalen Transaktionen bei anderen Konten sind Überweisungen umsonst. Der Blogger Jason Calacanis bezeichnete die Währung daher schon als "das gefährlichste Open-Source-Projekt aller Zeiten". Er rechnet früher oder später mit dem Verbot der Parallelwährung, die sich jeder Kontrolle entzieht. Denn der Traum der libertär beeinflussten Hacker ist zugleich ein Alptraum für Staaten, die Geldwäsche, Steuerhinterziehung und illegale Geschäfte unterbinden wollen.

Wie andere Währungen auch, wird die digitale Währung gegen andere wie Dollar gehandelt. Ein Bitcoin, zum Start der Web-Währung 2009 noch wenige Cent wert, kostet derzeit etwa 7,50 Dollar, wie aus den auf der Website Bitcoin Market gelisteten öffentlichen Umsätzen hervorgeht. Bitcoin Market ist nur eine von vielen Websites, auf der die digitale Alternativ-Währung gegen etablierte Währungen wie den Dollar gehandelt wird. Eine Übersicht über alle Bitcoin-Händler bietet das Bitcoin-Wiki und die Website Bitcoinwatch.

Dabei ist Bitcoin nicht die erste virtuelle Währung, die gegen bereits existierende Währungen von Volkswirtschaften gehandelt werden kann. So ließen sich auch die Linden Dollars aus der virtuellen Welt Second Life gegen Dollar tauschen - und umgekehrt. Manch einer spekulierte richtig in der virtuellen Welt mit Land und Immobilien - und wandelte ein virtuelles Vermögen in ein reales um. Auch das soziale Online-Netzwerk Facebook besitzt mit den Facebook Credits eine eigene Währung für virtuelle Güter. Doch anders als bei Facebooks Credits oder den Linden Dollars, die die Firmen nach Belieben erschaffen und wieder vernichten können, sorgt bei Bitcoins ein kompliziertes System dafür, dass die Geldmenge mit der Zeit immer langsamer wächst. Der Hacker-Philosophie gemäß kommt dieser Mechanismus als weltweit erste Währung ganz ohne zentrale Kontrolle wie einer Notenbank aus.

Geldmengenwachstum durch Rechenkraft

Insgesamt ist die Geldmenge auf 21 Millionen Bitcoins begrenzt. Von diesen sind noch lange nicht alle auf dem Markt. Sie werden nach einem kryptografischen Verfahren verlost, bei dem der Einsatz von Rechenkraft die Chancen erhöht, eine gültige Bitcoin durch ausprobieren zu errechnen. Die Rechenkraft, die dazu eingesetzt werden muss, steigt mit der Zeit deutlich an, wodurch die Geldmenge immer langsamer wachsen sollte. Schätzungen gehen davon, dass die 21-millionste und damit letzte erschaffene Bitcoin in etwa im Jahre 2033 errechnet wird. Viele Krypto-Experten halten das System für ausgereift. Derzeit muss mehr Strom für Rechenkraft ausgegeben werden, um eine Bitcoin zu erhalten, als dieser später wert ist. Die Details der Technik sind in auf der offiziellen Website veröffentlicht worden.

Um Bitcoins zu handeln, muss ein Programm heruntergeladen werden, das eine virtuelle Geldbörsen-Datei erstellt. Die Datei enthält keinerlei Informationen über seinen Besitzer. Jeder kann sich unendlich viele Geldbörsen erstellen und das Geld zwischen diesen transferieren, um die Anonymität zu erhöhen. Verliert ein Nutzer die Datei, ist das Geld weg - ebenso wie bei Bargeld. Welcher Geldbörse Bitcoins zugeordnet sind und ob diese gültig sind, überprüft nicht ein zentrale Instanz, sondern ein dezentrales Netz der Teilnehmer. Mittels eines öffentlichen Schlüssels kann Geld an den Besitzer der virtuellen Geldbörse gesendet werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass bei einem öffentlichen Schlüssel wie 27VjrADy9zpBA8LOnbrQAFzrVzN7ixHNsCauch garantiert kein Tippfehler unterläuft. Eine irrtümliche Transaktion kann weder rückgängig gemacht werden, noch ist es möglich, den neuen Besitzer des Geldes zu ermitteln.

Bitcoin gewinnt an Wert

Sollte die Währung tatsächlich zunehmend Akzeptanz finden und nicht verboten werden, rechnen viele der Aktivisten, die Bitcoins nutzen, aufgrund der begrenzten Menge mit einer starken Deflation. So könnte schon in wenigen Jahren in Millibitcoins statt in ganzen Bitcoins gerechnet werden. Schon als die populäre IT-Nachrichtenseite Slashdot über die Alternativwährung berichtete, zeigte sich diese Tendenz: Erreichte die Bitcoin erst im Februar Dollar-Parität - so dass man einen Bitcoin für einen Dollar bekam - wertete die Währung mit der steigenden Bekanntheit gegenüber dem Dollar sprunghaft auf. Inzwischen müssen für eine Bitcoin im Schnitt etwa 7,5 Dollar ausgegeben werden. Offenbar gibt es Spekulanten, die auf einen Erfolg der Währung wetten. Immerhin kosteten die ersten gehandelten Bitcoins nur wenige Dollar-Cent. Laut Bitcoinwatch erreichen die gesamten derzeit rund 6,4 Millionen im Umlauf befindlichen Bitcoins einen Marktwert von über 57 Millionen Dollar.

Ähnlich wie bei Gold könnten Bitcoins auch deshalb ein beliebtes Wertaufbewahrungsmittel werden, weil ihre Menge - im Gegensatz zum Papiergeld - begrenzt ist. Anders als beim Gold gibt es sogar eine absolute und bekannte Obergrenze. Allerdings könnte ein Verbot oder eine Lücke im System derartigen Spekulationen Grenzen setzen.

Erste Händler akzeptieren Bitcoins als Zahlungsmittel

Doch warum sind Bitcoins überhaupt etwas wert? Aus demselben Grund, durch den seit dem Wegfall jeglicher Golddeckungen alle Währungen ihren Wert erhalten: Dem Vertrauen darauf, dass mit dem Geld Waren und Dienstleistungen gekauft werden können. Noch akzeptieren nur sehr wenige Händler Bitcoins - welche genau, listet das Bitcoin-Wiki auf. Doch da sich die Bitcoins auch jederzeit in Dollar umwandeln lassen, könnte die Zahl der Unterstützer wachsen - und sich die Bitcoins als eine Alternativ-Währung des Webs etablieren.

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