Ökoautos Im grünen Auto ist Spaß erlaubt

Welches Ökoauto ist wirklich grün? WirtschaftsWoche-Redakteur Jürgen Rees hat die Probe aufs Exempel gemacht – und ist auf viele Ungereimtheiten gestoßen.

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Die Batterien eines Toyota Quelle: REUTERS

Unser geliebter roter Mini ist zu klein. Für Paul, sechs Monate alt, müssen jetzt noch Kinderwagen, Windeln, Reisebett und Schnuller in die Karre. Und überhaupt, jetzt, da sich durch den Nachwuchs eh schon so viel geändert hat, dachten wir, verändern wir gleich auch unsere Umwelt. Nein, keine Solarmodule auf dem Dach, kein Windrad im Garten, wir wollten eher was Grünes in der Garage: ein ressourcenschonendes Auto.

Voller Tatendrang klappere ich die Händler ab. Doch was für eine Pleite. Fast alle Anfragen laufen ins Leere. Die ebenso typische wie schnippische Antwort des BMW-Händlers: „Unsere Autos verbrauchen alle sehr wenig.“

Ich klicke die Internet-Seiten der Hersteller durch. Von ISO-14040-Normen und dem CO2-Ausstoß der Firmenzentrale ist dort die Rede. Ich lasse es bleiben, keine Lust, mich durch Hunderte Seiten staubtrockener Texte zur Nachhaltigkeit zu arbeiten. Ich will doch nur ein Auto kaufen! Wenn ich alles lese, wäre Paul eingeschult. Eine Art Ökokennziffer, die besagt, wie schonend das Modell hergestellt wird, finde ich nirgends. Experten vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) kennen das Problem: Vollständige Ökobilanzen, die auflisten, welche Stoffe in den Fahrzeugen verarbeitet werden und deren Auswirkungen auf die Umwelt, gibt es nicht. Nicht einmal die Verbrauchsangaben stimmen. Im tatsächlichen Betrieb schlucken die Autos durchweg mehr Sprit, als nach dem alltagsfernen normierten europäischen Fahrzyklus ermittelt. In den USA ist das FTP-75-Messverfahren realistischer, weil es eine Fahrt im morgendlichen Berufsverkehr von Los Angeles nachahmt.

Spaß erlaubt

Ich beschließe, vier als Ökoautos angepriesene Modelle mit unterschiedlichen Antriebskonzepten zu testen: einen Hybrid, einen Spardiesel, einen genügsamen Benzinmotor und ein reines Elektrofahrzeug. Die Vorgaben: Ressourcenschonung ist Pflicht, Spaß nicht verboten.

Nur Prius mit Ökobilanz

Ich setze mich in den Hybrid-Pionier Prius des japanischen Herstellers Toyota. Elektronik und Aggregate fahren auf Knopfdruck hoch wie ein Computer: Nach wenigen Sekunden leuchtet im Monitor vor mir „Ready“ auf, das Signal, dass der 4,46 Meter lange Wagen startbereit ist.

Im Eco-Modus übernimmt ein Elektromotor den Antrieb. Lautlos und sanft gleitet der Prius durch das Verkehrsgewühl. Spätestens nach zwei Kilometer Strecke oder wenn die Geschwindigkeit 45 Kilometern pro Stunde überschreitet, schaltet sich der Benzinmotor ein. Die entscheidende Frage: Verbraucht der neue Prius wirklich so wenig, wie Toyota behauptet?

Nicht ganz. Bei meinen Testfahrten schluckt der Wagen 4,8 Liter pro 100 Kilometer. Aber auch mit diesem Verbrauch ist der Hybrid-Pionier das derzeit sparsamste Serienauto der Welt. Der Prius ist zudem eines der wenigen Autos für die es eine vollständige Ökobilanz gibt, die den gesamten Lebenszyklus des Autos bis zur kleinsten Schraube prüft. Die zeigt mir, dass der Prius zu 61 Prozent aus Stahl und Eisen, zu 18 Prozent aus Kunststoffen besteht, die am Ende der Prius-Lebenszeit zu 95 Prozent recycelbar sind. Das gibt drei dicke Pluspunkte auf meiner Umweltliste: sparsam, leise, ressourcenschonend.

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