Digitaler Exhibitionismus Privates im Internet birgt Gefahren

Die Deutschen machen ihr Privatleben zunehmend im Internet öffentlich. Auf der eigenen Homepage oder bei sozialen Netzwerken wie StudiVZ, Xing und MySpace hinterlegen sie Steckbriefe, Fotos und Videos oder führen in aller Öffentlichkeit Tagebuch. Doch das birgt auch Gefahren.

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Persönliche Daten allerorten im Internet, beispielsweise bei Xing, dpa

Manch sorgloser Nutzer bereut seine Freimütigkeit schon bald: Bilder von feucht-fröhlichen Urlauben oder unbedachte Kommentare über den Chef sind jedem zugänglich und nur schwer wieder zu löschen, warnen Datenschützer. Fast jeder fünfte Deutsche (19 Prozent) präsentiert sich mittlerweile im Netz. Das geht aus einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa hervor, deren Ergebnisse der Computerbranchenverband Bitkom am Montagabend präsentiert hat. Besonders aktiv sind junge Leute - die Hälfte aller 14- bis 29- Jährigen hat persönliche Daten online gestellt. Allerdings enthält die Studie keine qualitativen Aussagen, also welche Informationen genau online stehen. Der Schritt ins Internet ist leicht, die Einrichtung eines Profils samt Foto oder eines Blogs (Tagebuch) kostet meist nur ein paar Mausklicks. Freunde oder Studienkollegen können so bequem Kontakt halten, sich Nachrichten schreiben oder Fotos austauschen. Und in Karriereportalen wie Xing schaut vielleicht ein Personalberater vorbei. Allerdings darf sich jeder registrieren - zum Beispiel auch Personalchefs, die sich über einen Bewerber ein genaueres Bild machen wollen. Personalchef ist nicht begeistert vom Besäufnis Vor allem jungen Internetnutzern sei dies nicht bewusst, sagt Informatikprofessor Hendrik Speck aus Kaiserslautern: „Die Portale scheinen außerhalb jeder Kontrolle zu liegen.“ Im StudiVZ gebe mancher Student nicht nur Handynummer, Beziehungsstatus und politische Neigung an; häufig seien auf öffentlich zugänglichen Seiten auch Fotos von Besäufnissen zu sehen, sagt Speck. Nicht jeder Personalchef weiß eine solche Trinkfreudigkeit zu schätzen. Zudem kann der Ruf bei Kollegen und Freunden leiden. Die Recherche derart persönlicher Information könnte noch einfacher werden: Die Personen-Suchmaschine Spock.com - seit einigen Tagen online verfügbar - wertet unter anderem die Profile in sozialen Netzwerken aus und bietet alle Daten auf einen Blick an. Nach eigenen Angaben hat das US-Unternehmen bislang 100 Millionen Menschen indiziert, täglich sollen Millionen weitere hinzukommen. Wer als Ort „Germany“ eingibt, erhält derzeit knapp 300 000 Ergebnisse - Tendenz steigend. Profile lassen sich entfernen, so dass die Öffentlichkeit keinen Zugriff mehr darauf hat. Bei Kommentaren in Gästebüchern und Weblogs ist das schwieriger. „Selbst wenn ein Eintrag im Original gelöscht ist, gibt es noch Spuren“, sagt Ulrich Kühn vom Landesdatenschutzzentrum Hamburg. Denn im Speicher der Suchmaschinen - dem sogenannten Cache - oder auf Archivseiten wie der Waybackmachine verbleiben beispielsweise Blog-Einträge auf Dauer. „Viele Menschen merken erst später, was sie anrichten“, sagt Kühn. Das amerikanische Unternehmen Reputation Defender („Rufverteidiger“) bietet deswegen an, im gesamten Internet persönliche Daten aufzuspüren und bei Bedarf zu löschen. Wie das geschehen soll, ist ein Betriebsgeheimnis. Die Mitgliedschaft kostet ab zehn Dollar im Monat, eine Reinigungsaktion schlägt mit 30 Dollar (22 Euro) zu Buche. Informatiker Speck rät gleich zur Prävention: „Ich sollte überlegen, welche Infos relevant sind. Muss ich wirklich meine politische Neigung oder Handynummer angeben?“

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