Kernenergie Wo ist die Endlagerung von Atommüll sicher?

In seinem Kreuzzug gegen die Kernenergie blockiert Umweltminister Gabriel den Bau des deutschen Endlagers für Atommüll in Gorleben. Stattdessen will er für Millionensummen alternative Standorte erkunden.

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atommuell in deutschland Quelle: Wirtschaftswoche

Die Bürgerinitiative aus dem Kreis Lüchow-Dannenberg macht kein Hehl aus ihrem Ziel: „Gorleben vermASSEln“, fordert sie auf dem giftgelben Flugblatt, das zum Protest gegen den Transport von Überresten alter Brennelemente aus Frankreich aufruft. Das Eintreffen der Castor-Behälter wird für diesen Sonntag oder Montag erwartet. Auch nach 30 Jahren hält sich der Widerstand gegen die Kernenergie, rufen die Kernkraftgegner wieder einmal zu Sitzblockaden auf.

Das jüngste Debakel im Versuchslager Asse, wo eindringendes Wasser die Stabilität des Salzstocks gefährden soll, hat die Gemüter der Anti-AKW-Bewegten erhitzt. Sie sehen darin ein Menetekel für den Salzstock Gorleben. Der Erkundungsstopp dort dürfe auf keinen Fall aufgehoben werden, finden sie. Erwartet werden im Wendland so viele Demonstranten wie schon lange nicht mehr.

Eigentlich hatte die große Koalition vereinbart, in dieser Legislaturperiode „zügig und ergebnisorientiert“ zu einer Lösung der Endlager-Frage zu kommen. Doch Umweltminister Sigmar Gabriel legt sich jetzt quer. Er will neben dem Salzstock Gorleben auch noch weitere Standorte prüfen. Kanzlerin Angela Merkel lehnt das ab.

Das Thema hat Wahlkampfpotenzial, eine Einigung der Koalitionspartner vor dem nächsten Herbst gilt als höchst unwahrscheinlich. Wenn das Thema aber erst 2010 wieder auf den Tisch kommt, lässt sich der angepeilte Termin für den Betriebsbeginn des deutschen Endlagers – das Jahr 2035 – nicht mehr einhalten.

Nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz fallen bis zum Jahr 2040 insgesamt rund 22 000 Kubikmeter hoch radioaktiven Abfalls aus den deutschen Atomkraftwerken an, die für Jahrmillionen sicher endgelagert werden müssen. Bisher werden verbrauchte Brennelemente in Castor-Behältern in speziellen Hallen an jedem deutschen Kernkraftwerksstandort geparkt.

Die Abfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im französischen La Hague und im britischen Sellafield stehen – ebenfalls in Castor-Behältern verpackt – in den oberirdischen Zwischenlagern Ahaus und Gorleben.

Doch Gabriel scheint es nicht eilig zu haben. Nachdem er den Widerstand gegen den Ausbau der einstigen Eisenerzgrube Schacht Konrad aufgegeben hat – dort werden ab 2013 schwach- und mittelaktive Abfälle endgelagert –, beharrt der Niedersachse jetzt darauf, nicht nur die Salzstöcke nahe seines Wahlkreises auf Eignung zu untersuchen. Gabriel will die Suche auf Ton- und Granitgestein ausdehnen. Bayern und Baden-Württemberg, wo viele Atommeiler stehen, sollten sich dieser „ergebnisoffenen Erkundung“ nicht verwehren.

Gorleben, so argumentiert Deutschlands oberster Umweltpolitiker, sei ohne klare Kriterien und vorher festgelegte Sicherheitsstandards ausgewählt worden. Deshalb fehle es an Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Suche nach Alternativen sei auch deshalb unverzichtbar, weil das alte Verfahren vor Gericht ohnehin keinen Bestand haben würde. Dabei bedeute sein Votum nicht, dass sich Gorleben am Ende doch als die beste Wahl erweisen könnte.

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