Thermoelektrische Generatoren Autos ernten Abgas-Energie

Wie groß die Spritspar-Mühen der Autobauer auch sind - ein Großteil des Kraftstoffes verpufft nach wie vor ungenutzt als Wärme. Von 100 Prozent eingesetzter Energie werden nach einer Faustformel nur 15 Prozent in Leistung umgesetzt. Dieses Missverhältnis sollen jetzt thermoelektrische Generatoren verbessern, indem sie die Wärme des Abgases in Strom umwandeln.

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Umgebauter Käfer im Dragster-Look: Auch bei normalen Autos geht viel heiße Luft verloren - die gilt es zu nutzen. Quelle: dpa

BERLIN. Die Umwandlung der Wärme des Abgases in Strom ist eine vielversprechende Spielart des sogenannten "Energy Harvesting", also des Erntens vorhandener Energie.

Forscher weltweit wollen dabei den sogenannten Seebeck-Effekt nutzen, bei dem es um Temperaturdifferenzen geht. Weisen zwei Punkte eines elektrischen Leiters unterschiedliche Temperaturen auf, entsteht zwischen ihnen eine elektrische Spannung. Ähnlich wie beim Betrieb einer Batterie wird diese Spannung in Strom umgewandelt.

"Autohersteller erwarten eine Spritersparnis von etwa neun Prozent", sagt Harald Böttner, Projektleiter Thermoelektrik am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM). Schließlich müsste nicht mehr die Lichtmaschine den gesamten Strom für ABS, ESP, Klimaautomatik & Co liefern. Auch mittels Abwärme aus dem Auspuff ließe sich auf diese Weise Strom ernten.

Das Prinzip funktioniert schon in der Raumfahrt: Wenn Sonden wie die Voyager 1 auf Langzeitmissionen gehen, werden sie durch Thermoelektrische Generatoren (TEGs) mit Strom versorgt. Der Knackpunkt: Für Alltagsanwendungen und eine hohe Leistungsausbeute sind die derzeit verfügbaren thermoelektrischen Materialien zu unergiebig und zu teuer in der Produktion. "Die Materialgüte erweist sich als entscheidende Stellschraube", sagt Thermoelektrik-Experte Böttner. "Gelingt es, hochwertige thermoelektrische Materialien zu entwickeln, die massenhaft und kostengünstig hergestellt werden können, dann erschließt sich ein riesiger Markt." Thermoelektrische Materialien gibt es etliche: von Halbleitern über Halbmetalle, Keramik-Oxiden bis zu Dünnschicht-Supergittern, die es nun zu optimieren gilt.

Ein Entwicklerteam des Instituts für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) testet bereits einen Prototypen für einen Auto-TEG, der mit dem Halbleiter Wismut-Tellurid arbeitet. Auf dem Prüfstand lieferte der immerhin eine Leistung von 200 Watt. Das entspricht zwar erst einem Viertel des Bedarfs eines gut ausgestatteten Mittelklasseautos, ist aber ein passabler Anfang. Der US-Autobauer General Motors hat einen Prototypen mit 160 Watt Leistung erprobt und arbeitet an einem Nachfolger, der 290 Watt leisten soll.

Auch bei BASF forscht man seit vier Jahren an thermoelektrischen Materialien, der Fokus liege auf dem Einsatz im Automobilbau, sagt Senior Manager Georg Degen. Auch Böttner sagt: "Thermoelektrische Anwendungen im Auto bergen ein massives Marktpotenzial." Das Kunststück besteht darin, Substanzen zu finden, die einen hohen Wirkungsgrad bei einer Temperatur bis zu 500 Grad Celsius haben.

BASF tüftelt zudem an einer besseren Modultechnik, um die Energie der Abwärme möglichst effizient in Strom zu verwandeln. Bisherige Lösungen seien schlicht ineffizient, sagt Degen. Um ans Ziel zu kommen, modifiziert BASF bestehende Materialien in ihren elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften. Das perfekte Material leitet Wärme möglichst schlecht und Strom möglichst gut. Nur so entsteht das gewünschte Temperaturgefälle, wenn das Material auf einer Seite erwärmt wird.

"Physikalisch ist das schwierig, denn gute Stromleiter sind meist auch gute Wärmeleiter", erklärt Böttner. Also muss das Material auf atomarer Ebene verändert werden. Daran arbeiten unter anderem die Forscher vom IPM. "Wir wollen die Effizienz der Hochtemperatur-Materialien verbessern, indem wir mit Nanokompositen arbeiten", sagt Böttner.

Mit üppiger Förderung ausgestattet, treiben vor allem US-Entwickler, das Thema voran. In Serie werden dort bereits thermoelektrische Konverter des Zulieferers Amerigon zur Kühlung von Autositzen verwendet - der Umsatz verzehnfachte sich in sieben Jahren. Im US-Förderprogramm "Freedom Car" haben sich die Akteure viel vorgenommen: Schon 2011 wollen sie einen Prototypen mit 750 Watt vorstellen.

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