Green-IT "Grüne" Rechner brillieren als Kostenkiller

Immer mehr Unternehmen setzen in der Krise auf effiziente Technologien: Dabei betrachten sie die sogenannte "Green IT" sehr nüchtern. Die Unternehmen erhoffen sich nicht nur einen Image-Gewinn, sondern vor allem geringere Kosten und höheren Umsatz.

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Werbebanner für ein Green-IT-Zelt auf der Cebit 2008. Quelle: handelsblatt.com

MÜNCHEN/DÜSSELDORF. Vor einem Jahr war es das große Thema auf der Computermesse Cebit: "Green IT". Hatten die Marketingabteilungen der Anbieter bis dahin vor allem mit technischen Vorteilen ihrer Produkte geworben, so zielten sie jetzt auf das Umweltbewusstsein ihrer Kunden. Inzwischen zeigt sich: Das Konzept geht auf - allerdings ganz anders als gedacht. Die Käufer interessieren sich weniger für umweltfreundliche Informationstechniken, weil sie dadurch etwas Gutes tun. Im Vordergrund steht, dass Rechenzentren durch moderne Hard- und Software weniger Strom verbrauchen und damit in der Krise die Ausgaben fallen.

"Die Nachfrage ist ganz klar da, weil die Unternehmen die Möglichkeiten zur Kostensenkung erkannt haben", sagt Jan Stenger von der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Vor allem große Konzerne sowie die Betreiber von Rechenzentren seien auf den Zug aufgesprungen.

Das hat seinen Grund: Derzeit gibt es im Bundesgebiet mehr als 50 000 große Rechenzentren. Um diese Anlagen zu versorgen, müssen die Stromproduzenten drei Kohlekraftwerke betreiben. Nur die Hälfte des Energieverbrauchs geht dabei in die eigentliche IT, den Rest verschlingt unter anderem die Kühlung der Rechner.

Hauptwerkzeug für die grüne Technik ist zurzeit die sogenannte Virtualisierung. Sie macht sich in der Regel innerhalb von anderthalb Jahren bezahlt. Dabei handelt es sich um Software, mit der sich die Netzwerkrechner, sogenannte Server, besser auslasten lassen. So werden mithilfe der Programme mehrere virtuelle Server auf einer einzigen Maschine eingerichtet. Der Energieverbrauch sinkt dadurch durchschnittlich 14 Prozent, wie eine Untersuchung der Beratungsfirma Accenture zeigt.

"In Deutschland betrachten Unternehmen Green IT sehr nüchtern", sagt Accenture-Berater Rolf Kühn. "Sie erhoffen sich nicht nur einen Image-Gewinn, sondern auch geringere Kosten und höheren Umsatz." Für die Senkung des Energieverbrauchs durch den Einsatz effizienter Technologien sehe es deshalb auch im Krisenjahr 2009 gut aus, so die Marktforscher von IDC.

"Früher hat sich kein Mensch um den Stromverbrauch gekümmert", erinnert sich Nigel Dessau, Marketingchef des Chipherstellers AMD. Inzwischen müssten die Verantwortlichen überall auf der Welt die Kosten senken - und da sei Green IT ein idealer Ansatzpunkt. Deshalb stehe bei den jüngsten Produkten des Konzerns nicht mehr so sehr die Geschwindigkeit im Vordergrund, sondern stärker die Energieeffizienz.

"Wir versuchen unsere Kunden davon zu überzeugen, auf virtuelle Server umzusteigen", beteuert Julien Ardisson vom Berliner Rechenzentrumsbetreiber Strato. Seien die Server bislang in der Regel nur zu 15 Prozent ausgelastet, so ließen sich so Werte von 85 Prozent erreichen. Das Problem dabei: Die Abnehmer müssen auf Rechner verzichten, die nur für sie da sind. Aus Angst, eigene Daten zu verlieren, scheuen sich viele Kunden davor.

Inzwischen haben viele Firmen, aber auch Behörden Richtlinien für nachhaltiges Wirtschaften erlassen. Als Vorreiter im öffentlichen Bereich sieht sich dabei die Bundesagentur für Arbeit. Bei Ausschreibungen für neue Hardware geben die Nürnberger konkrete Anforderungen zum maximalen Stromverbrauch der Geräte vor. "Für die gesamte Bundesagentur werden dadurch leistungsfähigere und gleichzeitig energieeffizientere PCs beschafft", sagt ein Sprecher. Bei 167 000 vernetzten Arbeitsplatz-Rechnern wirke sich dies erheblich auf die Kosten aus. Das beweist auch eine Studie der Berater von Experton. Demnach schlucken die Computer außerhalb des Rechenzentrums etwa 40 bis 60 Prozent des insgesamt in einer Firma für IT benötigten Stroms.

Oft sind es ganz einfache Dinge, die eine große Wirkung haben: Ein intern entwickeltes System überprüft selbständig die Arbeitsplatz-PCs der Behörde. Wird an einem Rechner nicht gearbeitet, wird der Rechner zentral gesteuert abgeschaltet. Diese "Start-Stopp-Automatik" schont die Umwelt und das Budget. 2008 haben die Franken so vier Mio. Euro weniger ausgegeben als zuvor.

Als Behörde hat die Bundesagentur die Möglichkeit, solche Konzepte langfristig umzusetzen. Deshalb wird auch in eine neue energiesparende Kühlung der Server investiert. Unternehmen scheuten solche größeren Ausgaben momentan, meint Thomas Tauer, für IT-Infrastruktur beim Technologiekonzern IBM zuständig. Der Grund: Solche Ausgaben rechnen sich erst nach mehreren Jahren und stehen deshalb in der Krise ganz unten auf der Agenda der Verantwortlichen.

Für IBM ist Green IT eines der großen Themen auch auf der diesjährigen Cebit. Das ist kein Wunder, denn Energieeffizienz hat sich für den US-Konzern in den letzten Monaten zu einem guten Geschäft entwickelt - sowohl für die Beratungssparte, als auch für den Soft- und Hardwarebereich.

Viele Ansätze

Neue Software: Durch spezielle Software ist es möglich, die Auslastung von Rechnern deutlich zu steigern. Damit können Firmen Geld sparen, weil sie weniger Computer brauchen.

Neue Hardware: Moderne PCs und Server benötigen wesentlich weniger Strom als ältere Geräte. Deshalb zahlen sich Neuanschaffungen oft in kurzer Zeit aus.Ein weiterer Ansatzpunkt ist die bislang sehr aufwendige Kühlung von Rechenzentren. Mit neuen Konzepten lässt sich der Energieverbrauch massiv senken. Seitenanfang

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