Forschung Neuartige Touchscreens: Nie mehr daneben tippen

Gute Nachrichten für Menschen mit breiten Fingern: An der Uni Potsdam wird an Touchscreens gearbeitet, die von der Rückseite her bedient werden. Das Danebentippen auf den Bildschirmen von Handys, PDAs und Co. soll damit der Vergangenheit angehören – und die Geräte sollen noch kleiner werden.

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Zukunft des Touchsreens? Mit Nanotouch wird der Touchscreen von hinten bedient

Lorenz Wittjen aus Berlin kennt das Problem. Mit seinen 27 Jahren fällt der angehende Jurist genau in die Gruppe der typischen Benutzer von Apples iPhone, wie sie von Nielsen Mobile ermittelt wurde: männlich, unter 35, unverheiratet. Das iPhone hat Touchscreens bei Handys populär gemacht - wegen der intuitiven Bedienung.

Seit Ende 2007 schreibt Wittjen Kurznachrichten und E-Mails nur noch über den berührungsempfindlichen Bildschirm seines Mobiltelefons. Das ist für ihn „praktisch, intuitiv und schnell“ – abgesehen von einem kleinen Makel: Die virtuellen Tasten sind manchmal zu klein, um sie genau zu treffen. Und das, obwohl Wittjen keine besonders breiten Finger hat. Aus einem „W“ wird da schnell ein „E“, aus einem „K“ ein „L“.

Dieses Problem hat inzwischen sogar einen wissenschaftlichen Namen: „Fat finger problem“ oder Dicke-Finger-Problem: Tippt man mit dem Finger von vorne auf einen Bildschirm, wird ein Teil der Anzeige von der Fingerkuppe verdeckt – darunter leidet die Präzision der Bedienung.

So simpel wie dieses Problem, klingt auch die Lösung, die Professor Patrick Baudisch vom Hasso-Plattner-Institut an der Universität Potsdam gefunden hat: Statt von vorne, sollen Touchscreens von der Rückseite her bedient werden. Der Bildschirm erscheint dabei leicht durchsichtig, so dass die Finger auf der Rückseite zu erkennen sind.

Nie mehr daneben

„So kann der Benutzer sowohl den Bildschirminhalt, als auch die Finger sehen“, sagt Baudisch. Das Dicke-Finger-Problem scheint gelöst. Aber wie leicht geht die Bedienung von der Hand? An einem eineinhalb Jahre alten Prototyp soll Zielgruppenmitglied Lorenz Wittjen feststellen, wie gut die rückseitige Steuerung funktioniert, und ob sie sehr ungewohnt ist.

Lucid Touch heißt der Prototyp, hat die Größe eines mobilen Navigationsgeräts und auf der Rückseite eine Webkamera. Sie ist notwendig, um das Abbild der Finger auf dem Bildschirm zu erzeugen. So wird der Bildschirm halbdurchsichtig – ohne es wirklich zu sein. Zum Test kann Wittjen mit seinen zwei Zeigefingern eine Landkarte rotieren, vergrößern, verkleinern und hin- und her schieben.  

„Es bedient sich sehr einfach – insgesamt ein gutes Gefühl“, sagt Wittjen. Ein bisschen hakelig bewegt sich die Karte zwar noch, „aber das ist wahrscheinlich ein Softwareproblem“. Das Steuerungsprinzip überzeugt: „Man erreicht ziemlich genau, was man möchte“, befindet der Tester.

Selbst einzelne Buchstaben von Straßennamen lassen sich haargenau ansteuern. Punkte auf den virtuellen Fingerkuppen zeigen ähnlich wie ein Mauszeiger, welche Stelle auf dem Bildschirm gemeint ist wird. „Nur zu groß und schwer ist das Gerät“, sagt Wittjen.

Das war auch dem Entwicklerteam um Patrick Baudisch klar. Lucid Touch sollte auch nur das Prinzip der neuen Bedienung erläutern. Mittlerweile ist die Technik so weit, dass der aktuelle Prototyp Nanotouch nur noch eine Bildschirmdiagonale von etwa sechs Zentimentern hat – ein Drittel weniger als Apples iPhone.

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