Umwelt Was erneuerbare Energien wirklich bringen

Bürger und Wirtschaft zahlen für die Bevorzugung der erneuerbaren Energien einen hohen Preis: Sie gefährdet die Stromversorgung, bremst den Wohlstand – und hilft dem Klima nur in Maßen. Die wahre Bilanz von Wind, Sonne und Biomasse.

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Das Projekt war streng geheim. Erst Mitte September, ein paar Monate nach dem spektakulären Ereignis, kam es ans Licht. Das Ergebnis ist eine technische Sensation und eröffnet ganz neue Möglichkeiten des Stromtransports. John Mankins und seinem Unternehmen, der Managed Energy Technologies aus Ashburn im US-Bundesstaat Virginia, ist es gelungen, mit Solarzellen erzeugten Strom kabellos über eine Entfernung von 148 Kilometern zu übertragen. Mikrowellen waren die „Gepäckträger“ zwischen den Inseln Maui und Hawaii. Aufgefangen wurden sie von einer Art Transformator.

20 Watt hatte der einstige Manager der US-Weltraumagentur NASA auf die lange Reise geschickt. Der größte Teil der Energie ging zwar unterwegs verloren. Dass aber überhaupt etwas ankam, war lange für unmöglich gehalten worden. Mankins macht das Ergebnis Mut. Irgendwann, so seine feste Überzeugung, werden gigantische Solarzellenflächen im Weltraum elektrischen Strom erzeugen, den Mikrowellen auf die Erde hinunterbeamen. Kernenergie und Kohle, Öl, Gas, selbst auf der Erde genutzte erneuerbare Energien wären dann überflüssig. Denn der Wirkungsgrad von Solarzellen im All ist konkurrenzlos gut. „Das Experiment war der Anfang, nicht das Ende einer Entwicklung“, sagt Mankins voraus.

So fantastisch es klingt, den Energiebedarf auf Erden mit Strom aus dem All zu decken – die Realisierung des Konzepts ist noch Jahrzehnte entfernt. Die sich beschleunigende Erderwärmung und steigende Energiepreise zwingen die Regierung aber zum Handeln. Dabei hat sie ein Paket zu schnüren, das dem Klima hilft, ohne die Wirtschaft und die Bürger in die Knie zu zwingen. „Wir müssen die günstigste Lösung finden und umsetzen“, fordert deshalb Ottmar Edenhofer, Chefökonom und stellvertretender Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Zunehmende Versorgungsprobleme befürchtet

Der bisher praktizierte Aktionismus der Bundesregierung mit oft widersprüchlichen und unausgegorenen Maßnahmen hat das Gegenteil bewirkt. Die Finanzkrise sorgt obendrein dafür, dass für Klimaschutzprogramme nun deutlich weniger Geld zur Verfügung steht als geplant. Inzwischen will Bundesumweltminister Siegmar Gabriel den Stromverbrauch bis 2020 nur noch um elf Prozent drosseln – der Energieökonom Felix Matthes vom Berliner Öko-Institut hält allenfalls noch sechs Prozent für realistisch. Eine Trendwende ist jedenfalls noch nicht in Sicht: Statt wie erwartet zu sinken, steigt gegenwärtig der Stromverbrauch in Deutschland – im ersten Halbjahr 2008 um 0,9 Prozent.

Der Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stephan Kohler, fürchtet deshalb zunehmende Versorgungsprobleme – 2020 würden 15 konventionelle Großkraftwerke als Stromlieferanten fehlen. „Die Preise“, warnt Kohler, „werden wegen des knappen Stromangebots deutlich steigen.“ Die Verbraucher bekommen das längst zu spüren, natürlich auch wegen der lange steigenden Preise für Öl und Gas. Ihre monatlichen Energieausgaben erhöhten sich einer aktuellen Übersicht des Statistischen Bundesamts zufolge von 2006 bis Juli 2008 um 21 Prozent – von durchschnittlich 221 auf 267 Euro je Haushalt.

Stromversorger, Automobilbauer und energieintensive Branchen wie die Chemie- und Zementindustrie schlagen deshalb Alarm und fordern unter Hinweis auf die Finanzkrise und konjunkturelle Risiken von der Politik, sie nicht mit zusätzlichen milliardenschweren Klimaauflagen zu belasten. Auch wenn Gabriel noch kräftig dagegen stänkert: „Ich halte die Finanzkrise für eine Ausrede.“ Das Notprogramm, das die Regierung gerade in Berlin zur Rettung von Konjunktur und Wachstum auflegt, nimmt auf die Nöte der Industrie Rücksicht.

Hoher Preis. Bisher hat es Gabriel versäumt, eine sauber durchgerechnete Klima- und Kostenbilanz seiner Energiepolitik vorzulegen. Welchen Preis zahlen Bürger und Wirtschaft für das ambitionierte Ziel, den Kohlendioxid-Ausstoß in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent zu senken und den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent zu erhöhen?

Die WirtschaftsWoche hat die wichtigsten Kennzahlen auf den nächsten Seiten zusammengetragen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Jede mit Solarzellen produzierte Kilowattstunde ist mit rund 48 Cent zwölfmal so teuer wie Strom aus Kohle- oder Kernkraftwerken (4 Cent). Auch Windstrom kostet bis zu dreimal so viel. Die Stromkunden subventionieren die Förderung der grünen Energien über die Einspeisevergütung 2007 mit 3,5 Milliarden Euro – Tendenz stark steigend. Zwar spart die Nutzung von Wind und Sonne Millionen Tonnen CO2 ein, aber der Preis dafür ist hoch. Die Vermeidung einer Tonne Kohlendioxid kostet bei Windenergie 141 Euro, bei der Fotovoltaik gar 620 Euro. Zum Vergleich: Würde stattdessen mehr Atomstrom genutzt, gäbe es die CO2-Einsparung praktisch zum Nulltarif.

Vor allem die Zwangsvergütung von Solarstrom nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), die derzeit knapp 47 Cent beträgt, erweist sich als kostspieliger Irrweg. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) kommt unter den gegenwärtigen Förderregelungen auf Kosten von 120 Milliarden Euro bis 2015. „Damit tritt die Fotovoltaikförderung unweigerlich in die Fußstapfen der Steinkohlesubventionierung“, kritisiert RWI-Forscher Manuel Frondel. Bitter auch: Trotz stark gestiegener Stückzahlen und drastischer Reduzierung der Produktionskosten sind Solarmodule kaum billiger geworden – zumindest nicht in Deutschland.

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