Klimaschutz Wundermittel Hybridantrieb?

Ginge es nach Renate Künast, müssten wir alle auf ein Auto mit Hybridantrieb umsteigen. „Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota!“ forderte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag im Frühjahr und zog damit den geballten Zorn der deutschen Autoindustrie auf sich.

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Zum Vergrößern klicken, Grafik: WirtschaftsWoche

Bei Toyota Deutschland hingegen dürfte man sich damals ob der kostenlosen Werbung durch die Politikerin vor Freude auf die Schenkel geschlagen haben. Denn spätestens seitdem gilt das Hybridauto, das die Kraft eines konventionellen Verbrennungsmotors mit der Sauberkeit des Elektroantriebs kombiniert, unter vielen umweltbewegten und klimabesorgten Menschen als das einzige politisch-korrekte Straßenverkehrsfahrzeug.

Und Toyota hat den Markt derzeit praktisch allein für sich – einziger ernsthafter Wettbewerber ist derzeit Honda. Von den 6166 Hybridautos, die seit Jahresbeginn in Deutschland zugelassen wurden, entfielen nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes knapp 3800 Exemplare auf den Prius. Weitere 1456 Hybridautos brachte die Toyota-Schwestermarke Lexus in den Verkehr. 60 Prozent der Lexus-Verkäufe in Deutschland entfallen mittlerweile auf die Hybridversionen. Und die Erfolgsgeschichte dürfte weitergehen, wenn Toyota 2009 die dritte Generation des Prius nach Europa bringt, mit mehr Leistung bei geringerem Verbrauch. Schon heute ist der Prius von Hybridantriebs-Pionier Toyota ein faszinierendes Auto, das den Fahrer durch seine großformatige Energiefluss-Anzeige im Cockpit zu einer klimaschonenden Fahrweise erzieht.

Aber ist das Hybridauto wirklich die „Zukunft, die heute schon fährt“ (Toyota-Werbung) oder gar eine Art Wunder-Antibiotikum, das das Fieber der Erde in kurzer Zeit zu senken vermag? Eine wissenschaftliche Studie der Technischen Universität Darmstadt zum Hybrid-Geländewagen Lexus RX400h brachte im vergangenen Jahr eher ernüchternde Ergebnisse. Deutlichen Verbrauchsvorteilen gegenüber konventionellen Benzinern im Stadtverkehr und leichten Vorteilen auf der Landstraße standen schlechte Wirkungsgrade und ein höherer Benzinverbrauch auf Fahrten über die Autobahn bei Geschwindigkeiten von über 150 km/h gegenüber – sowohl im Vergleich mit diesel- wie auch benzingetriebenen Konkurrenzmodellen deutscher Hersteller.

„Der Hybridantrieb hat seine Stärken im Start-Stopp-Verkehr der Städte, die er auf Schnellstraßen und jenseits einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125 km/h aber schnell wieder verliert“, resümiert der ehemalige GM-Motorenpapst Fritz Indra als Mitverfasser der Studie. Die auf dem Rollenprüfstand nach einem Standard-Fahrzyklus ermittelten Werte, die in den Verkaufsprospekten ausgewiesen werden, wichen dadurch erheblich von den Werten im Alltagsverkehr ab. Dennoch setzt inzwischen auch GM auf die Hybridtechnik.

Bis Ende 2008 will der Konzern acht Hybridautos auf den Markt bringen. Auch praktisch alle anderen Autohersteller bereiten Voll-Hybridfahrzeuge vor – die technischen Komponenten wie die Batterien und Spannungswandler, Getriebe und Generatoren werden schließlich immer leichter und leistungsfähiger, der Verkehr auf den Straßen immer dichter. Das größte Manko des Antriebskonzepts aber bleibt neben den fehlenden Langzeiterfahrungen der Preis: Wegen der Mehrkosten für das zusätzliche Antriebssystem von derzeit noch rund 10 000 Euro wird der Hybridantrieb einige Jahre teuren Luxusautos wie etwa einem Porsche Cayenne vorbehalten sein – oder, wie im Fall des Toyota Prius, vom Hersteller noch eine Weile kräftig subventioniert werden müssen.

Audi-Motorenentwickler Martin Gruber ist deshalb überzeugt: „Direkteinspritzende Dieselmotoren mit Abgasnachbehandlung bleiben vorerst die preiswertere und mindestens genauso klimafreundliche Antriebstechnik.“ Bestätigt sehen dürfte er sich durch eine aktuelle Aufstellung der „AutoBild“: Der Audi A3e mit Dieselmotor und allerlei Spritspar-Techniken an Bord rangiert hier mit einem im Alltagsbetrieb ermittelten CO2-Ausstoß von nur 135 Gramm pro Kilometer vor dem Toyota Prius, der auf 143 Gramm kam.

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