100 Jahre Maserati Stilvoller stechen per Dreizack

Ghibli, Bora oder Quattroporte, das sind die Namen aufregender Supercars, die mit Maserati verbunden werden. Eine Marke, die meist in einem Atemzug mit Lamborghini und Ferrari genannt wird und doch ganz anders ist.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Maserati 3500 GT Jahr 1957 Quelle: Maserati

Einst füllte die Familienfehde zwischen Ferrari und Maserati jeden Montag die Sportseiten der Presse. Sonntags lieferten sich die Racer der verfeindeten Marken aus der Provinz Modena heftige Duelle auf der Rundstrecke und am Morgen danach sann der jeweils unterlegene Rennstall bereits auf Revanche. Eine Rivalität, die so weit ging, dass Enzo Ferrari noch in den 1980er Jahren den italienischen Staatspräsidenten Sandro Pertini nicht empfangen wollte, weil dieser in der Staatslimousine Maserati Quattroporte in Maranello vorfuhr.

Entsprechend groß war der Schock bei allen Tifosi und besonders bei den Fans von Maserati, als 1993 die beiden Sportwagenlegenden per Diktat zu Partnern wurden. Verordnet hatte diese Zusammenarbeit der Fiat-Konzern, der damals Maserati in sein Imperium integrierte. Allerdings war dies nur die vorläufig letzte verblüffende Wendung in der heute 100-jährigen Historie der Marke im Zeichen des Dreizacks.

Gegründet als Familienunternehmen, glich die Geschichte Maseratis schon bald einer rasanten Achterbahn mit eindrucksvollen Rekorden und nicht weniger dramatischen Abstürzen. Wirtschaftliche Katastrophen, in denen die Marke aber immer neue Besitzer mit Benzin im Blut fand. Was der zeitweilige Maserati-Eigner Alejandro de Tomaso einst so erklärte: „Niemand sticht stilvoller als der Tridente (Dreizack)“.

Zur Stil-Ikone wurde Maserati erst nach 1945. Zunächst war es vor allem die Leidenschaft für automobile und flugtechnische Innovationen, die Alfieri Maserati am 1. Dezember 1914 eine Werkstatt und Manufaktur, die „Societa Anonima Officine Alfieri Maserati“ im norditalienischen Bologna gründen ließ. Maserati glaubte, mit der Entwicklung und Produktion von Zündkerzen für Autos und Flugzeuge eine Marktlücke gefunden zu haben.

Zuvor war Alfieri Maserati zusammen mit seinem älteren Bruder Carlo beim Mailänder Rennwagenhersteller Isotta-Fraschini als Autoschlosser und Rennfahrer tätig gewesen. Als Carlo Maserati im Jahr 1910 starb – kurz nachdem er ein Ingenieurbüro für Flugzeugmotoren eröffnet hatte – folgte Alfieri dem Vorbild des älteren Bruders durch den Aufbau der eigenen Firma, in der er auch zwei weitere Brüder, Ettore und Ernesto, beschäftigte.

1920 kann Alfieri einen weiteren Bruder zur Mitarbeit im Familienunternehmen gewinnen: Mario Maserati wird von Alfieri mit der Kreation eines Markenzeichens beauftragt, das Stärke und Macht symbolisiert. Mario wählt dazu den Tridente, den Dreizack der Neptunstatue auf der Piazza Maggiore im Herzen von Bologna.

Das Logo des angriffsstarken Dreizacks bewährt sich bereits ein Jahr später als Glücksbringer: Beim Rennen Susa-Moncenisio siegt Alfieri Maserati auf einem Isotta Fraschini Speciale, den er durch einen halbierten Hispano-Suiza-V8-Flugmotor aufgerüstet hatte. Die ersten eigenen Rennwagen mit Maserati-Logo und der Bezeichnung Tipo 26 entstanden jedoch nicht vor 1926, dies mit dem Chassis von Diatto-Sportwagen.

Schon beim Premierenrennen des Tipo 26 gewann Alfieri Maserati die 1,5-Liter-Klasse der Targa Florio - der Anfang für einen Jahrzehnte währenden motorsportlichen Triumphzug der Marke mit dem Tridente. Ob Privat-Fahrer oder Werkspiloten, die Maserati-Cockpits zählten zu den begehrtesten Arbeitsplätzen für Grand-Prix-Racer.

Allen voran Tazio Nuvolari, der in den 1930er Jahren Maserati zum wichtigsten Konkurrenten von Alfa Romeo, Auto Union und Mercedes machte und Juan Manuel Fangio, der 1957 einmal mehr von Ferrari auf Maserati wechselte und so seinen fünften und zugleich finalen Formel-1-WM-Titel errang.

Nicht fehlen durften werbewirksame Weltrekorde, angefangen mit einem 16-Zylinder-Maserati, der im Jahr 1929 eine Serie an Temporekorden aufstellte. Nachdem Alfieri Maserati 1932 den Spätfolgen eines Rennunfalls erlag, verkauften seine Brüder das Unternehmen an den italienischen Stahl-Industriellen Adolfo Orsi. Nun wurde Modena neuer Sitz von Maserati. Neben der profitablen Produktion von Lastwagen mit Elektroantrieb entstand dort 1946 der Typ A6 als Urahn künftiger Maserati-Seriensportwagen.

Richtig in Fahrt kam die Serienfertigung dann mit dem Maserati 3500 GT, der 1957 debütierte und von Touring karossiert wurde. Ähnlich wie bei Ferrari gab es kaum einen großen Couturier, der nicht irgendwann auch die Formen für Maserati modellieren wollte.

Von Allemano bis Zagato waren alle dabei. Auch einen technischen Meilenstein setzte der Maserati 3500 GT: 1961 debütierte der Sechszylinder als erstes italienisches Auto mit Benzindirekteinspritzung, während die V8-Version Maserati 5000 GT mit dem Ferrari Superamerica konkurrierte und zu den teuersten Autos der Welt zählte.


Der Biturbo war der Meistverkaufte

Auf dem Turiner Salon 1963 präsentierte Maserati gleich zwei Modelle, die eine neue Ära im Supersportwagenbau einleiteten. Während der Gran Turismo Mistral als erster Maserati nach einem schnellen Wind benannt wurde, debütierte der Quattroporte als schnellster Viertürer der Welt. Ein Rang, der ihm erst zehn Jahre später durch den Jaguar XJ 12 streitig gemacht wurde. Zu dieser Zeit setzten auch Ferrari und Lamborghini längst auf das Prestige von V12-Maschinen.

Maserati dagegen führte die V8 in vollendeten Formen an die Spitze. Erstes Kultmodell wurde 1966 der Ghibli. Dieser von Giorgetto Giugiaro gezeichnete 270-km/h-Bolide avancierte prompt zu einem der beliebtesten Accessoires der amerikanischen High-Society. Sogar Henry Ford war erklärter Ghibli-Fan. Trotz allem: Genug Geld verdiente Maserati noch immer nicht und so musste sich die Familie Orsi 1968 von Maserati trennen.

Neuer Eigentümer wurde Citroen und der legendäre Citroen SM mit Maserati-Motor war im Jahr 1970 das erste Kind dieser Ehe. Auch der Mittelmotor-Racer Maserati Merak – ab 1972 Sechszylinder-Einstiegsmodell unterhalb des superschnellen Bora  – zeugte von der französischen Wahlverwandtschaft. Dafür stand der keilförmige Khamsin (mit Formen von Bertone) ab 1974 in der Tradition des Ghibli, tatsächlich war Khamsin das arabische Wort für Ghibli.

Wenige Monate nach Vorstellung des Khamsin war die Ära Citroen allerdings schon wieder vorüber, denn am 22. Mai 1975 meldete Citroen den Konkurs des Officine Alfieri Maserati an. Die weltweite Ölkrise hatte den Markt für Supersportwagen zusammenbrechen lassen.

Retter in der Not waren dieses Mal das italienische Staatsunternehmen Gepi und der Autobauer Alejandro de Tomaso, unter dessen Führung die Produktion von Khamsin, Merak und neuer Quattroporte-Generationen wieder anlief.

Zum bis dahin meistverkauften Maserati-Modell aller Zeiten wurde in den 1980er Jahren der Biturbo. Dieser kompakte Sechszylinder stand als Zwei- und Viertürer, als Spyder und in Varianten mit klangvollen Namen wie Karif, Shamal oder Ghibli bis 1993 im Angebot, jenem Jahr, in dem Fiat das Ruder bei Maserati übernahm.

Nicht unerwähnt bleiben darf jedoch die vorhergehende Kooperation zwischen Chrysler und Maserati, die 1984 begann. Eine Allianz, die Chrysler „Built by Maserati“ hervorbringen sollte, aber nach nur einem Modell, dem Chrysler TC, auslief.

Was folgte, war die erfolgreiche Restrukturierung der Marke unter Fiat-Führung. Zwar stand Maserati nun unter Ferrari-Management, aber mit dem 3200 GT als erstem Modell mit Maranello-Motoren – manche Fans schrien entsetzt auf - startete die Marke im Zeichen des Dreizacks zum Höhenflug auf allen wichtigen Märkten.

Sogar für die Rückkehr auf die Rennstrecken fand sich jetzt wieder Geld in der gut gefüllten Kriegskasse. Während neue Quattroporte-Generationen auf Direktions- und Präsidialparkplätzen Position bezogen, zeigen die jüngsten Crossover-Konzepte sowie Ghibli und Quattroporte mit Dieselmotor eine Innovationsfreude, wie sie vielleicht sogar Alfieri Maserati gefallen hätte.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%