Auto Dem Elektroantrieb gehört die Zukunft

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Toyota Prius II

Dennoch ist auch der ehemalige BMW-Technik-Vorstand wie elektrisiert von den Perspektiven, die sich Autoherstellern und Zulieferern eröffnen. Göschel: „Es liegt eine Menge Geschäft auf der Straße.“ Sein eigenes Unternehmen arbeitet mit Hochdruck an der Entwicklung eines Elektroautos. Das dafür nötige Know-how wird zusammengekauft. 2010, spätestens 2011 soll das E-Mobil fertig sein und Autoherstellern in aller Welt komplett oder in Teilen zur Verfügung stehen. Göschel: „Nicht jeder Autohersteller wird es sich leisten können, den elektrischen Antriebsstrang selbst zu entwickeln.“ In Graz soll dafür eine komplett neue Fertigung aufgezogen werden. Genau wie Magna setzt auch Continental darauf, möglichst viel Kompetenz für die neuen Antriebe ins eigene Haus zu holen. „Wir müssen den kompletten elektrischen Antriebsstrang verstehen und liefern können, selbst wenn unsere Kunden aus dem Baukasten nur Teile kaufen“, sagt Technologievorstand Karl-Thomas Neumann.

Sie alle haben erkannt: Das Ende des Erdölzeitalters naht schneller als gedacht. Die Ressourcen an leicht zu förderndem Öl könnten laut Expertenschätzungen schon im nächsten Jahrzehnt erschöpft sein. Und die Vorstellung, den gesamten globalen Verkehr auf Biokraftstoff umzustellen, scheint immer utopischer.

Dabei spricht keineswegs nur der offenkundige Ölschwund für die Elektrifizierung der Autowelt. Seit dem vergangenen Jahr leben weltweit erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Und obwohl Städte nur etwa zwei Prozent des Festlandes bedecken, sind sie für rund 80 Prozent des globalen Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich. Besondere Aufmerksamkeit gilt den sogenannten Megacitys, den Metropolen mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Vor allem in Asien wachsen die gigantischen Stadtkomplexe schier unaufhaltsam. Smog ist die häufige Folge. Kein Wunder, wenn sich nach einer aktuellen Studie von Continental fast 75 Prozent der chinesischen Autofahrer vorstellen können, ein Elektroauto zu kaufen.

Die Unternehmensberatung Arthur D. Little zieht in einer aktuellen Studie bereits Parallelen zur ersten Ölkrise Ende der Siebzigerjahre und prognostiziert einen deutlichen Rückgang der Autoverkäufe bis 2012: „Die Städte werden mit ihren Restriktionen das Käuferverhalten in den nächsten Jahren massiv beeinflussen“, sagt Stefan Lippautz, einer der Verfasser der Studie „CO2 2012“.

Schon vor Jahrzehnten stand Siegeszug der Elektroautos an

Dass das Elektroauto hier für Abhilfe sorgen könnte, dämmerte Politikern bereits vor Jahren: Vor gut einem Jahrzehnt schien es schon einmal so, als stünde der Siegeszug des elektrischen Autos kurz bevor. In den USA brachte GM 1996 den EV1 – der Name stand für Electric Vehicle, zu Deutsch Elektrofahrzeug – in einer Kleinserie auf den Markt. GM verkaufte das Auto nicht, sondern verleaste es nur an ausgewählte Kunden, unter ihnen zahlreiche Prominente wie der US-Schauspieler Tom Hanks.

Doch das Projekt scheiterte. Schuld waren am Ende die wenig leistungsfähigen Batterien, aber auch der fehlende Ehrgeiz der Autolobby, die Entwicklung besserer Speicher voranzutreiben. „Man hat an dem Thema geforscht, um bei den amerikanischen Politikern gut auszusehen, aber nicht mit Leib und Seele“, erinnert sich Magna-CTO Göschel. Dazu kam, dass Sprit damals zu billig war, um Strom als Alternative in Betracht zu ziehen. 9,55 Dollar kostete das Fass Rohöl der Nordseesorte Brent noch im Dezember 1998. Heute kann der Ölpreis innerhalb einer Woche um zehn Dollar steigen und verharrt seit Wochen oberhalb von 130 Dollar.

Wolfsburg. Der goldbraune VW Touran, der nahezu lautlos über das VW-Werksgelände surrt, fährt nur mit Batteriekraft – und das ziemlich hurtig. Bei einem Tritt aufs Gas springt die Familienkutsche nach vorn. Ein kleiner Computer auf dem Armaturenbrett zeigt den Energieverbrauch, wie viel Kraft der Elektromotor gerade an die Räder liefert, den Ladestand und die Temperatur der Batterie. 25 Grad steht da neben dem grünen Balken. Auf den kühlen Energiespeicher im Unterboden des Autos sind die VW-Ingenieure besonders stolz. Die Kraft für den E-Motor spendet ein sogenannter Lithium-Ionen-Akku, wie man ihn sonst aus Mobiltelefonen oder Laptops kennt, bloß um ein Vielfaches größer und komplexer. „Die jüngsten Fortschritte bei der Batterietechnik haben uns erst in die Lage versetzt, Autos mit einer entsprechenden Reichweite und Leistungsfähigkeit zu bauen“, sagt Hanno Jelden, Leiter Antriebselektronik bei Volkswagen.

Die Lithium-Ionen-Batterie ist der Wunderspeicher, der das elektrische Autofahren überhaupt in greifbare Nähe rückt – und mit dem Autokonzerne noch sehr wenig Erfahrung haben. Hier lauern viele Probleme: Der Akku darf zum einen auch bei einem Unfall niemals explodieren oder brennen, zum anderen, und das ist noch schwieriger, muss er viel länger halten als seine Handy-Geschwister, mindestens zehn Jahre. Sonst rechnet sich die Technik weder für die Kunden noch für den Hersteller.

Kein Wunder also, dass vor allem Batteriehersteller umworben werden wie nie, weil die Autokonzerne zwar viel von Technik, aber wenig von Chemie verstehen. Und auf die kommt es bei der Batterie ganz wesentlich an. „Jetzt hat die Stunde der Chemiker geschlagen“, sagt Roland-Berger-Berater Bernhart: „Und die sind bei den Autoherstellern noch so gut wie gar nicht vertreten.“ Erst kürzlich tat sich Bosch mit Samsung zusammen, VW kooperiert mit Sanyo. Toyota hat sich bereits vor Jahren bei Panasonic (Batterien) eingekauft und hat auch über die Tochter Denso (Schaltelemente) Zugang zu wichtigen Schlüsseltechnologien. Nur zu gerne, so mutmaßen BMW-Konzerninsider, würden die BMW-Großaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt die Entscheidung der Familie rückgängig machen, die Mehrheit an dem Batteriehersteller Varta zu verkaufen – das Unternehmen ist heute im Besitz des US-Konzerns Johnson Controls.

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