Auto Porsche legt den Spar-Turbo ein

Dank kleinerer Benzinmotoren und neuer Technik werden selbst Sportwagen so ökonomisch wie Autos mit Hybridantrieb.

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Porsche 911 Turbo

Der gelbe Porsche 911 Turbo schießt mit 280 Kilometern pro Stunde auf der portugiesischen Rennstrecke Estoril entlang. Vor der Kurve bremst Heinz Jakob Neußer das Auto auf 60 Stundenkilometer herunter, um am Scheitelpunkt der Kurve den 500-PS-Motor aufheulen zu lassen. „Das“, sagt der Chef der Porsche-Motorenentwicklung, „ist unser neuer Sparmotor.“

Noch vor Kurzem hatten Benzinmotoren mit Turbolader den Ruf, besonders verschwenderisch mit Kraftstoff umzugehen. Doch in Zeiten, in denen der CO2--Ausstoß von Autos immer mehr zum Thema wird und in denen Elektroautos und Hybridantriebe die Automobilmessen dominieren, lernt selbst der Benzinmotor sparen. Dabei hilft ihm ausgerechnet der Turbolader in Verbindung mit neuen Werkstoffen und einer Verkleinerung des Brennraums, Downsizing genannt.

Der neue Porsche 911 Turbo verbraucht deshalb nur noch 11,4 Liter auf einer Strecke von 100 Kilometern. Er ist damit um 2,2 Liter, also 16 Prozent sparsamer als sein Vorgänger – und hat doch 20 PS mehr Leistung. „Rund zwölf Prozent der Einsparungen gehen auf das Konto der neuen Direkteinspritzung und des neuen Turboladers“, sagt Neusser.

Turbolader als Luftpumpe

Die nötige Technik ist komplex. Und der wichtigste Baustein dabei ist der schneckenförmige Turbolader am Motor, eine Art Luftpumpe. Der Lader presst zusätzlich Sauerstoff in den Zylinder und sorgt für eine bessere Verbrennung des Luft-Benzin-Gemisches. Der Haken: Der Turbolader im Auspuffkrümmer montiert und wird direkt von heißen Auspuffgasen angetrieben. Zur Kühlung der Abgase wird zusätzlich Kraftstoff in den Brennraum der Zylinder eingespritzt, was allerdings den Verbrauch erhöht.

Porsche löst das Problem mit einem Trick: Der Sportwagenhersteller nutzt in seinem neuen Turbomotor erstmals einen Kühleffekt, den die sogenannte direkte Einspritzung mit sich bringt: Der Motor saugt Luft an, die sich im Moment der Einspritzung durch die kühlende Kraftstoff-Dusche im Brennraum blitzschnell abkühlt. Die Folge: Der Verbrauch sinkt um mehr als zehn Prozent.

Bislang standen die Ingenieure immer vor dem Problem, dass der Stahl des Turboladers die 1100 Grad Celsius, die bei der Verbrennung im Benzinmotor entstehen, nicht aushielt. Jetzt sorgt eine sogenannte Nickelbasis-Superlegierung dafür, dass der Stahl der Hitze trotzen kann.

Porsche 911 Turbo

Das technische Vorbild für die Mager-Turbos lieferten die Rennsport-Aktivitäten von Porsche, BMW, Honda und Renault: Bereits in den Siebzigerjahren wurden Formel-1-Motoren mit 1,5 Liter Hubraum mit Turboladern auf Spitzenleistungen von bis zu 1350 PS gebracht. Obwohl das Reglement von Jahr zu Jahr niedrigere Verbräuche festlegte, parierten die Turboexperten der Rennställe die Limits beinahe spielerisch. So lange, bis die Turbomotoren im Jahr 1989 endgültig verboten und Saugmotoren vorgeschrieben wurden.

Seither ist den meisten Experten klar: Der Turbo ist das perfekte Instrument zum Spritsparen. Erst wurde damit der Diesel optimiert, nun sind Benziner dran: Im Gegensatz zum Diesel braucht der Ottomotor jedoch keine Abgasreinigung, da er keine Rußpartikel und kaum Stickoxide ausstößt. Von Audi über BMW, Ford, Opel und Mercedes arbeiten derzeit alle Hersteller an sparsamen Turbo-benzinern. „Wir brauchen langfristig kleinere Aggregate“, sagt Mercedes-Entwicklungschef Thomas Weber. 

Fahrspass trotz Sparsamkeit

Der neue VW Polo mit dem 1,2-TSI-Motor kommt mit 5,3 Liter Sprit aus. Der leistungsgleiche Vorgänger hat für 100 Kilometer noch 1,5 Liter mehr verbraucht. Und „das Ende des Downsizings ist noch nicht erreicht“, sagt VW-Motorenchef Jens Hadler. Für den geplanten Stadtwagen Up! arbeitet VW derzeit an einem aufgeladenen Zweizylinder.

Der Verbrennungsmotor nach dem Ottoprinzip habe noch mindestens 30 Prozent Sparpotenzial, sagt Mercedes-Chefentwickler Weber. Dass dabei der Fahrspaß nicht auf der Strecke bleiben muss, zeigt der neue „Twin Power“-Motor im 5er-GT von BMW. „Ein spezieller Lader in Verbindung mit einer neuartigen Ventilsteuerung und Direkteinspritzung schaffen es, den Sechs-Zylinder-Turbo so kräftig wie einen Acht-Zylinder zu machen, bei fast 30 Prozent weniger Spritverbrauch“, sagt BMW-Motorenentwickler Wolfgang Nehse. Trotz 306 PS Leistung schluckt der Motor im Durchschnitt auf 100 Kilometer Fahrstrecke lediglich 8,9 Liter Superbenzin.

Der Einbau eines teuren Hybridantriebs erübrigt sich dann eigentlich.

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