Autobauer Der Siegeszug des Dieselmotors geht zu Ende

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Hochgezüchtete Motoren

ADAC Quelle: dpa

1. Die Lebensdauer der neuen, hochgezüchteten Motoren sinkt

Dieselklassiker wie der Mercedes 200 D oder der Golf D hatten meist um die 55 PS. Ihre Besitzer nannten die Wagen wegen der behäbigen Fortbewegung liebevoll „Wanderdüne“. Mittlerweile haben die Diesel kräftig zugelegt. Moderne Selbstzünder haben teils über 300 PS und eine enorme Beschleunigung. Doch die Dynamik ist teuer erkauft: Die Lebensdauer der High-Tech-Aggregate sinkt, weil die Ingenieure technische Grenzen erreichen.

Das sind die sparsamsten Autos
Mercedes SL 63 AMGLeistung: 537 PS Hubraum: 5,5 Liter Verbrauch: 9,9 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 160.000 Euro Besonderheit: Weniger Hubraum, mehr Leistung, vier Liter weniger Verbrauch als Vorgänger
Ford Focus 1.0 EcoboostLeistung: 100/125 PS Hubraum: 1,0 Liter Verbrauch: 4,8/5,1 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 18.050 Euro Besonderheit: Der erste Drei-Zylinder-Motor in der Golf-Klasse Quelle: Ford
VW Polo BlueGTLeistung: 140 PS Hubraum: 1,4 Liter Verbrauch: 4,7/ Liter Benzin/100 Kilometer Preis: k.A. Besonderheit: Zylinderabschaltung Quelle: Volkswagen
BMW M 550dLeistung: 381 PS Hubraum: 3,0 Liter Verbrauch: 6 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 80.000 Euro Besonderheit: drei Turbolader, mehr Power, spontaneres Ansprechen bei niedrigen Drehzahlen Quelle: BMW
Audi A3 1.8 TLeistung: 160 PS Hubraum: 1,8 Liter Verbrauch: 5,6–5,2 l/100 km Preis: ab 26.000 Euro Besonderheit: 50 Kilo leichter, 20 Prozent weniger Verbrauch Quelle: Audi

Die bedienen sich eines ebenso einfachen wie riskanten Prinzips: „Je höher der Druck ist, mit dem Kraftstoff in den Brennraum der Zylinder eingespritzt wird, desto feiner zerstäubt und desto besser verbrennt er“, sagt Christian Ganser, Ingenieur und Leiter Dieselsysteme bei Bosch in Linz. Entsprechend wuchs der Druck, mit dem die Einspritzdüse Diesel in die Zylinder der Motoren spritzt, seit 1999 von 1400 auf heute 2500 bar. Ganser vergleicht den Druck damit, einen voll besetzten BMW auf einem Fingernagel zu balancieren: „Wir sind im Moment am Ende der Möglichkeiten des Materials“. Denn nur wenige Werkstoffe halten solche Drücke noch aus.

Schon kleinste Fehler wie der Einschluss eines Staubkorns in der Produktion führen dazu, dass die Einspritzdüse vorzeitig aufgibt. Auch Kraftstoffpumpen, die den Treibstoff durch die Hochdruckleitungen pressen, sind empfindliche High-Tech-Bauteile. Genauso wie Turbolader, die mit bis zu 290 000 Umdrehungen pro Minute die Leistung der Motoren steigern.

2. Hohe Dieselpreise fressen den Kostenvorteil auf

Der Kauf eines Wagens mit Dieselantrieb ist ein teures Vergnügen – mindestens 2000 Euro kosten Selbstzünder mehr als vergleichbare Benziner. Tendenz steigend. Die Produktion des technisch immer aufwendigeren Diesels kostet drei Mal so viel wie die Herstellung eines Ottomotors. Trotz ihres niedrigeren Spritverbrauchs rechnen sich Diesel laut ADAC daher immer öfter erst nach 30 000 Kilometern Fahrstrecke pro Jahr. Durchschnittlich legen deutsche Autobesitzer aber mit 15 000 Kilometern deutlich weniger zurück.

Künftig dürfte die Rechnung noch ungünstiger ausfallen. Denn bislang konnten Dieselkäufer noch von einem Preisabstand zwischen Dieselsprit und Superbenzin von etwa 14 Cent ausgehen. Anfang des Jahres schrumpfte der Abstand aber auf nur noch zwei Cent pro Liter, weil der Dieselpreis deutlich stärker stieg als der anderer Treibstoffe.

Grafik: Unter Druck Quelle: Eigene Recherchen

Das wird immer häufiger passieren. Grund ist die steigende Dieselnachfrage – durch die wachsende Zahl von Autos und den zunehmenden Dieseldurst von Ländern wie China, in denen der Kraftstoff nicht in Autos getankt, sondern auch in Kraftwerken verfeuert wird. Raffinerien können die Diesel- und Heizölproduktion jedoch „nicht willkürlich erhöhen“, sagt Klaus Picard vom Mineralölwirtschaftsverband in Berlin. Denn pro Liter Rohöl fallen als Produkt sowohl Diesel als auch Benzin an. Das aber gibt es in ausreichenden Mengen. Dieselmotoren werden also auch Opfer ihres Erfolgs: Je mehr auf den Straßen fahren, desto knapper und teurer wird der Kraftstoff.

In Deutschland sind die Kosten schon heute Hauptgrund dafür, dass Dieselversionen in der gehobenen Mittelklasse – also Audi A6, Mercedes E-Klasse und BMW Fünfer – fast nur noch von Unternehmen gekauft werden. „Der große Vorteil des Diesels ist jetzt schon weg“, sagt Gerhard Fischer, Chef der Unterhachinger Leasetrend, einem der großen Autoleasing-Unternehmen in Deutschland. Der niedrigere Kraftstoffpreis wiege die Mehrkosten des Motors für Anschaffung, Inspektionen und Steuern nicht mehr auf.

Fischers Fazit ist deutlich: Ein Dieselfahrzeug mache für Normalfahrer heute überhaupt keinen Sinn mehr. „In den Unternehmen ist die Botschaft aber noch nicht angekommen, Diesel werden dort weiterhin bevorzugt.“

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