Autoindustrie Liegt hier unsere Zukunft?

Daimler entwickelt mit Chinas BYD ein ganz neues E-Auto. Ein Lehrstück über den Versuch, mit der Konkurrenz in Fernost gemeinsame Sache zu machen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wenn Autobauer ein neues Modell entwickeln, geschieht das unter strenger Geheimhaltung. Erst recht, wenn sich ein deutscher Automobilkonzern mit einem chinesischen Hersteller von Hochleistungsakkus verbündet, um gemeinsam ein Elektroauto zu bauen. Für China, den größten Automarkt der Welt.

Ausnahmsweise darf die ZEIT hinter den Kulissen beobachten, wie Deutsche und Chinesen zusammenarbeiten. Sie nennen es das »Projekt Tiger«.

Daimler ist der deutsche Teil. Kein anderes Unternehmen hat mehr Erfahrung im Automobilbau. Bis 2015 will der Konzern in China mehr Mercedes-Modelle verkaufen als irgendwo sonst in der Welt. Mehr als in Deutschland, mehr als in Amerika.

BYD auf einer Auto-Messe Quelle: AP

BYD heißt der chinesische Partner. Das Kürzel steht für Build Your Dreams. Nur zehn Jahre hat das Unternehmen gebraucht, um zum Weltmarktführer für Handy- und Laptop-Batterien aufzusteigen. Dann ist BYD in die Produktion von Autos eingestiegen. Auch dort heißt das Ziel: die Nummer eins werden.

Chinas Hoffnung ist der Klimawandel. Jahrelang haben die Chinesen versucht, Autos zu verkaufen, die Benzin verbrennen. Ohne großen Erfolg. Mehr als 100 Jahre Rückstand bei der Entwicklung von Benzinmotoren ließen sich nicht aufholen. Seit jedoch die Menschheit aus Angst vor schmelzenden Gletschern und steigenden Meeren nach Elektroautos fragt, sehen Pekings Wirtschaftsplaner eine neue Chance.

Wer von dem Bündnis am meisten profitiert ist noch nicht klar

Bündnisse mit westlichen Konkurrenten sollen den Chinesen den Weltmarkt öffnen. So wie das Projekt Tiger zwischen Daimler und BYD. Es sind Partnerschaften, bei denen nicht klar ist, wem sie am Ende am meisten nützen werden. BYD will von Daimler das Fachwissen haben, das ein Unternehmen braucht, um Autos für den Weltmarkt zu bauen.

Daimler hofft auf besseren Zugang zu den 150 Millionen Chinesen, die sich noch in diesem Jahrzehnt ein Auto kaufen werden.

Aber wer wird am Ende der Gewinner sein?

Genf im März 2010. Auf dem Autosalon bestaunt die europäische Fachwelt ein Elektroauto aus China. Den BYD e6 im Format eines VW Golf. Gefälliges Styling, fünf Sitze, großer Kofferraum. Mit einer Batterieladung soll er stolze 300 Kilometer schaffen. Pünktlich zur Messe in der Schweiz geben Daimler-Chef Dieter Zetsche und BYD-Chef Wang Chuanfu ihre neue Allianz zum Bau eines E-Autos bekannt.

»Eine perfekte Kombination« sei das, lässt Zetsche verkünden. BYD bringe seine Expertise in der Batterietechnologie ein, Daimler seine Kompetenz bei der Entwicklung von Fahrzeugarchitekturen. »Eine Win-win-Situation« ergebe sich durch die sich hervorragend ergänzenden Kompetenzen beider Seiten, lässt sich Wang Chuanfu zitieren, Gründer, größter Aktionär und Vorstandsvorsitzender der BYD Company.

Wang ist erst Mitte vierzig, aber schon eine Legende in China: Bauernsohn, Chemieingenieur, dann Angestellter in einem Staatsbetrieb. Mit geliehenem Geld startet er 1995 die Realisierung seines ersten Traums, die Entwicklung von Akkus für Handys und andere mobile Geräte.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%