Autoklau-Hochburgen Wo Autodiebe besonders gerne zugreifen

In den deutschen Hochburgen des Autodiebstahls verschwinden bis zu 103 PKW pro Tag. Dabei haben die Langfinger eindeutige Modellvorlieben. Und kommen meist aus einem bestimmten Nachbarland.

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Eine Autotür wird mit Hilfe eines Schraubenziehers geöffnet: Grenznahe Städte sind ein begehrtes Zielgebiet von Auto-Knackern. Quelle: picture-alliance/dpa

Düsseldorf 37.427 Autos wurden den Deutschen im vergangenen Jahr gestohlen. Statistisch betrachtet wechseln somit täglich 103 Kraftwagen ungewollt den Besitzer. Was dem Autodieb seine "Freud", ist dem deutschen Kraftwagenhalter sein "Leid". Denn die KFZ-Versicherungen werden in einigen Regionen um mehrere Prozentpunkte steigen, so eine Prognose von preisvergleich.de. In einer Studie auf Basis von Versicherungsdaten hat das Online-Portal nun die Diebstahlzahlen in Zusammenhang mit der Anzahl der zugelassenen Kraftwagen gesetzt und die ermittelten Tatverdächtigen erhoben. Das Ergebnis: Allein auf die größten 120 Städte entfallen über 54% aller gemeldeten Autodiebstähle in Deutschland.

Gemessen an der Anzahl der angemeldeten Kraftwagen und der bei der Polizei eingegangenen Diebstahlmeldungen ist Frankfurt/Oder die Auto-Diebstahlhochburg in Deutschland. Und zwar zum dritten Mal seit 2011.

Direkt an der polnischen Grenze gelegen, verschwanden hier 2013 statistisch betrachtet 907 je 100.000 zugelassene Fahrzeuge. Das sind 750% über Bundesdurchschnitt. Platz zwei geht an das ostsächsische Görlitz, ebenfalls direkt an der polnischen Grenze gelegen.

Die Bundeshauptstadt Berlin kann sich derweil der größten Anzahl gestohlener Autos rühmen: 6.659 Stück (534 je 100.000 Fahrzeuge). Das sind 899 mehr als im Jahr 2012 und - statistisch betrachtet - 18 geklaute PKW pro Tag im Stadtgebiet.

Auf Platz vier liegt wieder eine Stadt im Osten: Potsdam. Die brandenburgische Landeshauptstadt "glänzt" mit 404 geklauten Autos je 100.000 zugelassener Wagen (absolut 291). Danach folgt Dresden: Rund 51 Kilometer vom für Autos nutzbaren Grenzübergang nach Tschechien entfernt, verschwanden im Jahr 2013 799 Kraftwagen je 100.000 zugelassener Fahrzeuge.

Fest steht: Grenznahe Städte und solche mit Autobahnanschlüssen zum Abtransport des Diebesguts sind ein begehrtes Zielgebiet der Auto-Schieber. So befinden sich unter den Diebstahlhochburgen überdurchschnittlich viele Städte (82%), die im Osten und Norden der Republik liegen und über optimale Transit-Anbindungen nach Osteuropa verfügen (z.B. A2, A4, A7, A9, A12, A20 oder A40). Wohl nicht ohne Grund gibt es in den Städten bis zu 91,4% "nichtdeutsche Tatverdächtige".


Kunden „bestellen“ bei gut organisierten Banden

Während Autodiebe in Frankfurt/Oder und Görlitz zum Teil weniger als fünf Minuten benötigen, um mit dem Diebesgut Deutschland zu verlassen, sind es, von Dresden, Berlin und Potsdam aus, auch nur 30 bis 60 Minuten Fahrzeit bis zur Grenze. Für die Diebstahlopfer und die Ermittlungsbehörden bleibt in diesen Fällen kaum Zeit einzugreifen.

Ähnliches spielt sich auch im Westen der Republik ab. In Aachen benötigen die Ganoven mit den gestohlenen Autos auch nur wenige Minuten um über - dem Schengener-Abkommen sei Dank - die offene Grenze nach Belgien oder die Niederlande zu entkommen. Nicht ohne Grund findet sich Aachen als erste westdeutsche Stadt auf Platz sechs mit 321 gestohlenen Autos je 100.000 zugelassener Kraftwagen und einer Quote von 213% über dem Studienschnitt.

Sicheres Pflaster im Süden und Südwesten

Wie schon in den vergangenen Jahren liegen die im Verhältnis sicheren Städte fast durchgängig im Süden und Südwesten der Republik. So können Autobesitzer vor allem in Baden-Württemberg und Bayern ruhig schlafen, besonders gut in Garmisch-Partenkirchen, Kempten, Freising oder Reutlingen. In allen vier Städten verschwanden 2013 absolut betrachtet bis maximal 8 Kraftwagen. Statistisch gesehen ist aber Reutlingen die sicherste Stadt im Vergleich: 11 gestohlene Wagen je 100.000 Zugelassener.

Obwohl es nur einen leichten Anstieg der Diebstähle gab (+1,0%), blieb die Quote der "nichtdeutschen Tatverdächtigen" im Bereich Auto-Klau erschreckend hoch. Über ein Drittel der bundesweit ermittelten Täter (33,8%) kam von jenseits der deutschen Grenzen. 1990, im Jahr der deutschen Einheit, waren es gerade einmal 16%, 2008. Ein Jahr nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien wurden 22,9% "nichtdeutsche Tatverdächtige" ermittelt. Dies bedeutet eine Steigerung von 111% innerhalb der letzten zwei Dekaden bis 2013.

Spitzenreiter bei den "nichtdeutschen Tatverdächtigen" ist Frankfurt an der Oder: 91,4% der ermittelten Autodiebe waren ausländische Staatsbürger. Auffällig: Mehr als 51% der Studien-Städte liegen mit ihren ermittelten "nichtdeutschen Tatverdächtigen" über dem Bundesschnitt.

Oft finden sich in den Diebstahlhochburgen meist auch die schlechtesten Aufklärungsquoten. Unrühmlicher Spitzenreiter ist Rostock mit nur 8,9% Aufklärungsquote. Hier brauchen sich die Opfer keine Hoffnungen zu machen, dass ihr Auto jemals wiedergefunden wird. Ähnlich düster: Berlin (9,7%), Hamburg (10,2%), Aachen (11,3%), Düsseldorf (11,6%) oder Görlitz (12,6%).

Glücklich schätzen können sich dagegen Auto-Besitzer mal wieder im Süden und Süd-Westen der Republik. So reichen die Quoten bis zu unglaublichen 87,5% in Coburg. Gute Polizeiarbeit findet man auch in Augsburg, Aschaffenburg, Rosenheim, Ulm, Würzburg, Pforzheim, Weiden in der Oberpfalz, Hanau und Bayreuth mit über 60%.

Das Knacken von elektronischen Sicherheitseinrichtungen, das Zerlegen der "Beute" in Einzelteile, die Fälschung von Urkunden und Fahrzeugpapieren sowie der Abtransport und Weiterverkauf innerhalb kürzester Zeit lassen das Bild einer zum Teil hochorganisierten Tätergruppe (Organisierte Kriminalität) entstehen, mit Absatzmärkten in Osteuropa, dem Balkan, dem Nahen Osten und Nordafrika. Der Schwarzmarkt an gestohlenen Wagen oder Ersatzteilen floriert.

So ist es kein Geheimnis, dass sich "Kunden" jenseits der deutschen Landesgrenzen sogar das Fabrikat, die Farbe und die Ausstattung aussuchen können und die Fahrzeuge auf Bestellung geklaut und innerhalb von Wochen "geliefert" werden.

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