Automatischer Notruf wird 2018 Pflicht Was E-Call für Autofahrer bedeutet

Bei einem Unfall informiert das eigene Auto künftig selbstständig die Rettungsleitstelle. Wie das sogenannte E-Call-System funktioniert und was es neben helfen noch so kann.

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Automatischer Notruf - eCall kommt 2018 Quelle: ADAC

Ab 31. März 2018 müssen alle neuen Pkw mit dem automatischen Notrufsystem E-Call ausgerüstet sein. Ein entsprechendes Gesetzt hatte das EU-Parlament am 28. April verabschiedet. Die Politiker wollen so die Zahl der Verkehrstoten pro Jahr um zehn Prozent senken. Im vergangenen Jahr kamen auf Europas Straßen 25.700 Menschen ums Leben.

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf haben die Abgeordneten die Datenschutzklausel des Gesetzes verschärft. Die vom System bei einem Unfall gesendeten Daten dürfen demnach lediglich Informationen zum Fahrzeugtyp, zum Treibstoff, zum Unfallzeitpunkt, zur Fahrzeugposition und zur Zahl der Insassen umfassen.

Zudem dürfen die Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen nicht an Dritte weitergegeben werden. Die Fahrzeughersteller müssen außerdem gewährleisten, dass alle im Fahrzeug gespeicherten Daten vollständig und dauerhaft gelöscht werden können. So soll unter anderem verhindert werden, dass Autos mit eCall-Technik dauerhaft verfolgbar sind.

Die ab Frühjahr 2018 obligatorische Notruftechnik wird die europaweit einheitliche Notrufnummer 112 nutzen. Bereits heute bieten viele Autohersteller – darunter etwa BMW, Mercedes, Peugeot/Citroen, Opel und Volvo - ähnliche Systeme an, die in der Regel ein markeneigenes Call-Center kontaktieren. Die Technik funktioniert in allen Fällen aber ähnlich.

Die Fahrzeuge sind mit einem GPS-Empfänger zur Positionsbestimmung ausgestattet und verfügen zusätzlich über einen Mobilfunksender zur Übermittlung des Notrufes. Dieser wird ausgelöst, wenn die heute in allen modernen Fahrzeugen vorhandenen Sensoren einen Unfall melden. Herangezogen werden etwa Daten der Airbag-Steuerung und des Schleuderschutzes ESP.

Hinzu kommen teilweise Informationen fortschrittlicher Systeme wie Spurhalte- oder Bremsassistent. Bei der Einschätzung der Unfallart helfen zudem Sitzbelegungs- und Überschlagsensoren. In der Regel ist der Notruf auch manuell auslösbar.

Dass die Fahrzeughersteller schon vor der obligatorischen Einführung elektronische Notrufassistenten anbieten, hat seinen Grund. Die dabei notwendige Vernetzung des Fahrzeugs ermöglicht ihnen zahlreiche Zusatzdienste, von Concierge-Dienstleistungen über Pannenhilfe bis zur Fernabfrage von Fahrzeugdaten durch den Halter anzubieten.


Rund 100 Euro Mehrkosten

In der Regel werden die Systeme gegen Aufpreis angeboten, häufig fallen zudem zusätzlich Mobilfunkkosten an. Datenschützer sehen derartige Systeme mit Sorge, weil häufig nicht transparent wird, was mit den gesammelten Informationen geschieht. Den künftigen E-Call-Service gibt es zudem nicht umsonst. Experten schätzen, dass die Kosten pro Fahrzeug bei rund 100 Euro liegen werden.

Einfach nachrüstbar ist die Technik nicht. Wer ein älteres Auto fährt, kann aber schon heute ähnliche Dienste nutzen. So bieten etwa einige Versicherungen eine Black Box mit integriertem Beschleunigungssensor an, die bei einem Unfall einen Notruf absetzen kann. Das Kästchen sammelt allerdings gleichzeitig auch Daten zu Fahrstil und Routen.

Das sehen viele Autofahrer kritisch, wie 2014 eine Umfrage des IT-Wirtschaftsverbandes Bitkom zeigte. Der Großteil der Befragten wünschte sich klare Regeln für die Datenweitergabe. 48 Prozent befürworten die Einführung des Systens, aber nur bei eindeutigen Regelungen. 39 Prozent haben keinerlei Bedenken, aber zwölf Prozent der Befragten sehen die Technik generell kritisch.

Auch für Zweiräder

Und was ist mit uns?, werden Biker fragen. Alles in Planung, heißt es bei Bosch. Sein erstes automatisches E-Call-Notrufsystem für Motoräder stellte der Zulieferer im Herbst 2014 auf der Motorradmesse EICMA in Mailand vor. Die sogenannte „Connectivity Control Unit (CCU)“ ist mit der OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs verbunden und kann so die Betriebsdaten des Bikes erfassen. Deuten diese auf einen Unfall hin, wird automatisch per Mobilfunk ein Notruf abgesetzt. Dabei werden dank eines integrierten GPS-Moduls auch die Positionsdaten übermittelt.

Die kleine Box kann aber noch mehr. Denkbar ist unter anderem ein Pannen-Notruf, bei dem die Einträge aus dem Fehlerspeicher des Fahrzeugs übermittelt werden. Eine Ortung des Bikes, etwa im Fall eines Diebstahls, ist genauso möglich wie eine Fernabfrage bestimmter Daten, etwa zum Tankfüllstand. Nicht zuletzt könnte die CCU dem Fahrer auch beim Erstellen von Tour-Protokollen helfen und etwa Routen und Zeiten aufzeichnen.

Welche Dienste freigeschaltet werden, liegt aber letztlich in den Händen der Motorradhersteller. Bislang gab es die Technik lediglich zur Nachrüstung. Das „Schuberth Rider E-Call“ genannte Gerät, ebenfalls unter Teilnahme von Bosch entwickelt, war jedoch wieder vom Markt genommen worden. Offenbar war es zu häufigen Fehlalarmen gekommen.

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