Elektroauto Der Steve Jobs der Autoindustrie

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Mirko Hannemann Quelle: PR DBM Energy

Getestet wurde der Audi unter den Bedingungen des Europäischen Fahrzyklus ECE R101 für Elektrofahrzeuge der Klasse M1. Mit diesem Verfahren ermitteln Experten die Reichweite und den Stromverbrauch von Elektroautos bei simulierten Fahrten durch die Stadt, über Landstraßen und über die Autobahn mit durchschnittlich 120 Kilometern pro Stunde. Um Tricksereien auszuschließen, hatten die Dekra-Experten das Auto vor der Testserie gründlich untersucht und teilweise auch auseinandergenommen – nach jener Rekordfahrt hatte ein Experte vermutet, an Bord des Audi hätte sich möglicherweise eine kleine Brennstoffzelle befunden.

Mit einigem Bangen hat man im Bundeswirtschaftsministerium die Tests der vergangenen Wochen verfolgt. Denn der Brand, die Unkenrufe aus der Autoindustrie sowie die Vorwürfe des mächtigen ADAC, das Ministerium sei einem Scharlatan aufgesessen, hatten für viel Unruhe gesorgt. Nicht nur bei dem Referatsleiter, der durch einen Bericht in einer Lokalzeitung auf das Startup DBM Energy aufmerksam geworden war. Er hatte Kontakt mit dem Erfinder aufgenommen und sich nach mehreren Gesprächen und Betriebsbesichtigungen dafür eingesetzt, dass Hannemann einen mit 275.000 Euro dotierten Fördervertrag für den Aufbau eines „Reichweiten-Demonstrators“ bekam.

Underdog und Wunderknabe

Das Investitionsrisiko war für das Ministerium einerseits überschaubar, das Risiko eines Scheiterns aber umso größer: Denn DBM Energy hatte zum damaligen Zeitpunkt kaum mehr vorzuweisen als ein aktenkoffergroßes Energiepaket, das Katastrophenschützern, Feuerwehrleuten und Polizeibeamten an entlegenen Orten Strom für Leuchten, Pumpen oder Wasseraufbereitungsanlagen lieferte.

Doch die Person Hannemann überzeugte die Ministerialbeamten: Im Kreis von Vertrauten strotzt der Jungunternehmer vor Ideen und einem gesunden Selbstbewusstsein. In ungewohnter Umgebung hingegen fremdelt er. Dann wirkt der gebürtige Erfurter wie ein Eigenbrötler. Nach Alter, Ausbildung und Auftritt entspricht er ohnehin nicht dem Ideal eines deutschen Unternehmers. Doch er gefällt sich in der Rolle der Underdogs und Wunderknaben, des Steve Jobs der Autoindustrie: Um dieses Image noch zu unterstreichen, tritt er stets in Jeans, Pullover und Drei-Tage-Kinnbart auf.

„Problemlöser GmbH“

Auch sein Lebenslauf passt in dieses Bild: In der Grundschule überspringt er eine Klasse, mit siebzehn Jahren macht er Abitur. Gleich danach versucht er, sich in seiner Heimatstadt als Unternehmer und gründet die „Problemlöser GmbH“. Seine Idee: „Ich war immer schon der Kumpel, den man anruft, wenn etwas nicht funktionierte“, sagt er. Seine Freundschaftsdienste waren zwar gefragt – zahlen mochten dafür jedoch nur wenige. Also begann der Computerfreak, der mit ferngesteuerten Modellautos Rennen fährt und sich zum Spaß als Sprengmeister ausbilden lässt, an der TU Ilmenau ein Studium der Physik und angewandten Chemie – macht aber nie einen Abschluss: „Viel Theorie, zu wenig Praxis.“

Er war schon immer ein guter Werber in eigener Sache: Sein Unternehmenskürzel DBM steht für nichts weniger als „Die Basis für morgen“. Zu dem DBM-Vorgängerunternehmen kam Hannemann 2004 dank guter Kontakte. Dort stürzte er sich gleich auf eine Anfrage von General Electric. Der US-Triebwerkshersteller suchte einen Stromspeicher, um bei mobilen Einsätzen etwa in der Wüste endoskopische Untersuchungen an Flugzeugen durchführen zu können. Hannemann startete mit einer Analyse der Stärken und Schwächen gängiger Batterietypen, Zelltechnologien und Materialkombinationen und entwickelte darüber allmählich jene Lithium-Metall-Polymer-Batterie samt Steuerungselektronik, die seitdem Furore macht. 2009 wurde er Chef des Unternehmens und nannte es in DBM um.

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