Es summt leise, die stufenlose Beschleunigung drückt den Fahrer in den Sitz. Hörbar sind nur noch die Abrollgeräusche der Reifen. Es ist mehr ein Gleiten als ein Fahren, wie im Autoscooter auf dem Jahrmarkt der Kindheit. Bislang lernen nur wenige Menschen das neue Fahrgefühl kennen - zu teuer und unpraktisch sind Elektroautos bislang. Das könnte sich in den deutschen Großstädten langsam ändern. Carsharing-Anbieter boomen und mit ihnen verbreiten sich auch Elektroautos im Straßenverkehr.
Stromkabel führen in der Christinenstraße in Berlin-Prenzlauer Berg von einer blauen Säule zu zwei rundlichen Autos. Passanten und Touristen bleiben stehen und begutachten die angeleinten Autos. Hier betreibt Flinkster, die Mietwagentochter der Bahn, eine von 18 Aufladestationen in der Hauptstadt.
Seit einige Firmen Elektroautos zu gleichen Preisen wie klassische Wagen mit Benzinantrieb vermieten, steigt die Nachfrage. Von den 255 Flinkster-Autos in Berlin fahren inzwischen 50 mit Strom. Bundesweit sind es 100 Elektroautos, die meisten in Hamburg, Frankfurt/Main, Stuttgart oder Magdeburg - oft Kleinwagen wie Smart, Mini oder Fiat.
Dazu kommen seit kurzem 100 Citroen der Carsharing-Firma Multicity, die mit Flinkster kooperiert. Der Konkurrent Car2go (Mercedes/Smart) stationierte 325 Elektroautos in Stuttgart und Ulm sowie einige in Berlin, wo es seit Mitte Dezember eine eigene Ladestation am Potsdamer Platz gibt. Drivenow (BMW) werde nächstes Jahr 60 Elektroautos in Berlin und München losschicken, kündigt Sprecher Michael Fischer an.
Im Vergleich zu sonst genutzten E-Autos sind das hohe Anteile. In Deutschland fahren derzeit nur ein paar Tausend von ihnen, bei einem Bestand von rund 43 Millionen Pkw. Die Bundesregierung will bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straße bringen - angesichts der bisherigen Entwicklung ein illusorisches Ziel.
Wer ein E-Auto fährt, ist begeistert
Am Fahrgefühl oder komplizierter Technik liegt das nicht. Das Problem der Elektroautos ist neben ihrem hohen Preis weiter die geringe Reichweite von 100 oder 200 Kilometern. Liebt der Fahrer sportliches Beschleunigen oder schaltet er gar im Winter die Heizung ein, schrumpft die Reichweite wie der Schnee auf der Scheibe.
Ist der Akku einmal leer, reicht auch kein kurzer Tankstopp wie bei jedem klapprigen Golf. Die Stromautos hängen zum Aufladen stundenlang an der Steckdose. An Urlaubsfahrten sollte man da nicht erst denken. Die Carsharing-Firmen der großen Autokonzerne konzentrieren sich daher auf die Innenstädte. Die Nachteile der E-Autos fallen hier kaum ins Gewicht. Umweltbewusste Kunden fahren von der Wohnung zum Möbelhaus oder mit den Kindern in den Park. Das klappt auch per Akku-Antrieb.
Viele Fahrer schätzten die Energie aus der Steckdose, sagen die Anbieter. „Die, die gefahren sind, lieben es“, sagt eine Bahn-Sprecherin. Und Car2go-Sprecher Andreas Leo beteuert: „Die Kunden nehmen die Elektrofahrzeuge begeistert an.“
Diese Autos haben den Praxistest bestanden
Das erste Großserienelektroauto wurde 160 Millionen Kilometer ohne größere Probleme gefahren und erzielte Umsätze in Milliardenhöhe.
Für die häufigsten Fahrten reicht Strom, Langstrecken brauchen Benzin - die Kombination kostet mit 36.000 Euro nicht mehr als ein 3er-BMW
Die Preise für E-Autos bröckeln. Den Anfang macht 2013 der Zoe für gut 20.000 Euro. Die Batterie wird gemietet.
Im Internet klingt es allerdings auch anders: „Mit den Opel Ampera werde ich glaube ich kein guter Freund. Das ist noch so fummelig mit Kabel hier, Ladesäule dort“, schreibt ein Automieter bei Facebook über Flinkster. „Und was passiert, wenn jemand nach meiner Anmietung aber vor der nächsten durch einen Nachfolger das Kabel klaut?“
Tatsächlich kann das rechtzeitige Aufladen schwierig werden. Flinkster hat Ladestationen auf reservierten Parkplätzen platziert. Hier müssen die Auto abgestellt werden. Die Kunden der mobilen Carsharing-Anbieter wie Multicity und Car2go können ihre Autos auf beliebige Parkplätze in den Innenstädten abstellen. Bei Multicity sammeln dann Service-Teams Autos mit leergefahrenen Akkus ein und laden sie auf. „Bitte für zehn Kilometer Strom drin lassen, sagen wir immer“, sagt die Sprecherin. „Bei dem Stand erscheint auf dem Display eine Schildkröte und dann ist bald Schluss.“