Energie Aufbruch in das Wasserstoff-Jahrhundert

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Treibstoff aus Chemieabfall

Solarkollektoren eines

Gasunternehmen wie Linde arbeiten inzwischen an anderen Lösungen zur Herstellung von grünem Wasserstoff. In Leuna erzeugt eine erste Anlage das Gas aus Rohglycerin, das bei der Biodiesel- oder Seifenproduktion als Abfall entsteht. Ähnliche Pläne verfolgt das französische Unternehmen Air Liquide, das den Treibstoff aus Holzabfällen gewinnt. Air Products aus den USA wiederum stellt Wasserstoff aus Klärgas her. Wissenschaftler an der Universität Bielefeld züchten in ersten Versuchen die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii. Sie erzeugt den Wasserstoff ganz natürlich aus Sonnenenergie mittels Fotosynthese.

Eine technische Blamage

Die Erfolge im Bereich der Wasserstoffproduktion wären kaum etwas wert, wenn nicht auch die Autoingenieure große Fortschritte gemacht hätten. Denn schon vor zwölf Jahren kündigte Daimler Brennstoffzellenfahrzeuge an – für 2004. Das Ergebnis damals: eine technische Blamage. Der Wagen kostete über eine halbe Million Euro, der Antrieb bockte und verweigerte bei Minusgraden den Start.
„Heute“, beteuert Christian Mohrdieck, der den Bereich Brennstoffzellen- und Batterieantriebe bei Daimler leitet, „sind die Probleme gelöst, und die Technik ist reif für den Markt.“ Tatsächlich fuhren drei Mercedes F-Cell vergangenes Jahr bei einer Weltumrundung jeweils 30 000 Kilometer ohne Probleme. Einziger Zwischenfall war ein Auffahrcrash in Kasachstan durch einen unachtsamen Autofahrer. Auch der Kaltstart bei minus 25 Grad klappt inzwischen.

Ruf nach neuer Infrastruktur
Neben den technischen Fortschritten ist Daimler-Mann Mohrdieck auch auf ein telefonbuchdickes Zahlenwerk stolz, das auf seinem Schreibtisch liegt. Es ist eine interne Kostenanalyse, die zeigt: Bei Markteinführung 2014 rechnet Daimler mit nur geringen Zusatzkosten gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Vor allem durch die Reduzierung der Anzahl der Bauteile und des teuren Platinanteils in der Brennstoffzelle sanken die Kosten in den vergangenen Jahren um rund 90 Prozent. Dank Massenproduktion könnten Wasserstoffantriebe bis 2025 gleich viel kosten wie heutige Motorentechnik.
Bevor der Wasserstoff aus Wind- oder Chemieparks in den Tanks von Mohrdiecks Autos landet, müssen Experten aber noch ein entscheidendes Problem lösen: Wie sieht die Infrastruktur für einen völlig neuen Treibstoff aus? Sollen die Kunden erst massenhaft Autos kaufen, sodass Tankstellen entstehen? Oder müssen zuerst in großer Zahl die Zapfsäulen her, damit die Kunden die Autos auch kaufen?

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