„Win on Sunday, sell on Monday.“ Mit dieser Weisheit haben die Autobosse jahrzehntelang die Millionen-Summen rechtfertigt, die sie in den Motorsport pumpen. Ein Pokal im Rennen am Sonntag samt Siegerfoto in den Tageszeitungen demonstriere die technische Überlegenheit eines Autobauers viel besser als jede Werbeanzeige, so die Devise. Die Verkäufe würden dann am nächsten Tag nur so sprudeln.
Beim Image liegen jedoch Welten zwischen den Hightech-Rennern und den Familienkutschen oder Kleinwagen, die die Hersteller wirklich verkaufen. Ob Mercedes nach dem Doppelsieg von Lewis Hamilton und Nico Rosberg beim Formel-1-Rennen in Kanada am vergangenen Wochenende auch nur ein Auto mehr verkauft hat, darf also stark bezweifelt werden.
Wenn schon nicht beim Image, dann können die Autobauer wenigstens bei der Technik profitieren. Seit je her gilt der Motorsport als Spielwiese für Tüftler und Ingenieure, zahlreiche Erfindungen haben es über die Jahre von der Rennstrecke auf die Straße geschafft: Benzindirekteinspritzung, bessere Getriebe oder Leichtbau mit Kohlefasern zum Beispiel. Doch stockte der Technologietransfer aus der Formel 1.
Audi will nicht in die Formel 1
Wohl auch ein Grund für Audi, der selbsternannten Königsklasse fern zu bleiben – obwohl den Ingolstädtern nicht erst seit dem Abgang von VW-Patriarch Ferdinand Piëch Ambitionen nachgesagt wurden. Zuletzt wiederholte Audi-Chef Rupert Stadler Mantra-artig, dass Audi kein Interesse an der Formel 1 habe. Denn Stadler hat bereits ein anderes Motorsport-Prestigeobjekt. Und zwar eines, bei dem seine Ingenieure noch viel für die Straßenautos lernen können: Die technische Herausforderung ist die Langstrecke.
Seit dem Jahr 2000 hat Audi das wohl härteste Langstrecken-Rennen der Welt, die 24 Stunden von Le Mans, dreizehn Mal gewonnen, die letzten fünf Rennen in Folge. Und dabei haben die Ingolstädter nicht nur jede Menge Siegerfotos produziert, sondern die Rennstrecke erfolgreich als Testlabor für neue Technologien für künftige Serienmodelle genutzt.
Fakten zum Rennen
Gerade mal 870 Kilo dürfen Fahrzeuge der obersten Klasse LMP1 noch wiegen, bei bis ca. 1.000 PS Leistung.
1985 fuhr der deutsche Rennfahrer Hans Joachim Stuck die schnellste Qualifikationsrunde. Über den 13,6 Kilometer langen Parcours raste der Bayer mit durchschnittlich 251,815 km/h.
2008 säumten 263.300 Autorennfans die Strecke in Le Mans. Viele zelteten auf einem der insgesamt 14 Campingplätze an der Rennstrecke, wo allerdings an Schlaf kaum zu denken ist.
Die Fahrzeuge beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans sind in 4 Klassen unterteilt. Die Prototypen werden in die beiden Klassen LMP1 und LMP2 unterteilt, wobei in der LMP1-Klasse noch mal zwischen LM P1-H (die Hybrid-Prototypen der Werksteams) und LM P1-L (Privatteams ohne Hybird) unterschieden wird. In den Klassen der GT Fahrzeuge wird zwischen GTE Pro und GTE Am unterschieden.
Auf Eurosport ist das Rennen fast in kompletter Länge live zu sehen. Unterbrochen wird die Direktübertragung lediglich durch zwei Ausgaben des Magazins „24 Minuten von Le Mans“ am Samstagabend und Sonntagmorgen. Audi überträgt komplett mit einem eigenen Livestream. Die Website www.lemanslive.com informiert, wie einige spezielle Motorsportseiten ebenfalls, rund um das Rennereignis ausführlich mit News, Videos, Livestream und Hintergründen.
Der Technologie-Transfer ist laut Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich aktuell wie nie. Bereits seit 35 Jahren nutzt der Hersteller den Motorsport, um Neues für die Serienproduktion zu erproben. So stammt etwa der Allradantrieb aus dem Rallye-Sport, das Laserlicht kommt in Le Mans zum Einsatz. Mittlerweile haben sich die Ansprüche gewandelt: „Heute geht es primär um Effizienztechnologien,“ erklärt Ullrich. „So spezifisch das Rennsport-Reglement auch sein mag: Die generelle Zielsetzung entspricht exakt den Anforderungen an unsere Produktentwickler.“ Mehr Leistung bei weniger Verbrauch überzeugen eben auf Rennstrecke und Straße gleichermaßen.
Ein Beispiel: Heute verfügt nahezu jeder Benzinmotor aus dem VW-Konzern über eine Direkteinspritzung und einen Turbolader. Seine Ursprünge hat die von Audi FSI (Fuel Stratified Injection) genannte Technologie im Rennwagen R8, der Anfang des Jahrtausends fünf Mal in Le Mans siegte.
Ein weiterer großer Trend bei Straßenautos ist der Hybrid. – Benzin- oder Dieselmotor werden dabei von einem Elektromotor unterstützt. Bei dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans, das seit 2013 Teil der neu gegründeten Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC (World Endurance Championship) ist, müssen die Werksteams sogar zwangsweise mit einem Hybridantrieb starten.