Ford Mondeo Turnier 2.0 TDCi im Test Lieber Autobahn als Alpenpass

Mit einiger Verspätung gibt es jetzt den neuen Mondeo in Deutschland zu kaufen. Der Mittelklasse-Ford ist ein gutes Auto geblieben. Aber einige Schwächen haben uns doch überrascht.

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Ein wohlproportioniertes Fahrzeug, mit kurzem Überhang vorne, den heute üblichen Karosseriefalzen, aber einer nur leicht nach hinten abfallenden Dachlinie Quelle: Ford

In der Mittelklasse gelten auf dem deutschen Markt drei Regeln: Sie wird von heimischen Marken beherrscht, Kombis spielen eine wichtigere Rolle als Limousinen und Diesel sind im Vergleich zu Benzinern deutlich überrepräsentiert. Da hätte unser Testwagen kaum besser passen können: Ford, Turnier, Selbstzünder. Und dazu ist der Kölner noch ein relativ neues Fahrzeug, zumindest hierzulande, aber dazu später mehr.

Schauen wir uns den Mondeo doch erstmal an. Wir sehen in wohlproportioniertes Fahrzeug, mit kurzem Überhang vorne, den heute üblichen Karosseriefalzen, aber einer nur leicht nach hinten abfallenden Dachlinie. Ford hat also der Versuchung widerstanden, aus dem Turnier ein Lifestyle-Objekt zu machen und einen kaum definierbaren „Sport“-Anspruch auf Kosten von Platz und Bequemlichkeit durchzusetzen.

Denn Raum war schon immer eine der Stärken des Mondeo und vor allem ein wichtiges Kaufkriterium. Tatsächlich sitzt man auch hinten so gut, dass zumindest zwei Erwachsene sich vor einer sehr langen Fahrt nicht schrecken müssen. Zumal die Sitze ausgezeichnet passen. Auch der Kofferraum wirkt großzügig.

Aber: Im Vergleich zum Vorgänger ist das Volumen zurückgegangen. Nicht beim Basisabteil, hier bleibt es bei knapp 490 Litern, aber das maximale Fassungsvermögen beträgt nur noch 1.630 Liter, beim Vorgänger waren es 1.740. Und mal ganz abgesehen davon: Der neue VW Passat packt sogar bis zu 1.780 Liter. Und das, obwohl der 10 Zentimeter kürzer ist als der mit 4,87 Meter schon an der oberen Mittelklasse rüttelnde Ford.

Was haben die da mit dem ganzen Raum gemacht?

Ein großes Auto also und das spürt man auch beim Fahren. Im Vergleich zum Vorgänger hat der neue Mondeo einiges von seiner gefühlten Leichtigkeit eingebüßt. Das Fahrzeug liegt zwar satt auf der Straße, aber von der vielgerühmten Agilität der meisten Ford-Produkte ist einiges abhandengekommen. Der Turnier hat zwar einen unbeirrbaren Geradeauslauf, aber Kurven nimmt er dann doch lieber gemütlich. Also lieber auf die Autobahn mit ihm als auf den Alpenpass.

Vielleicht liegt es seiner Herkunft und der damit verbundenen, etwas kuriosen Geschichte. In aller Kürze: Der Mondeo ist in großen Teilen baugleich mit dem in den USA gebauten Ford Fusion. Den gibt es dort schon seit Herbst 2012, nach Europa sollte er ein Jahr später kommen.

Doch durch die Schließung des Werks in Genk und die Verlagerung der Produktion nach Spanien ist er erst seit Anfang dieses Jahres auf dem Markt, fast zweieinhalb Jahre nach dem Fusion. Der Mondeo ist also genau genommen weder brandneu, noch ist er ein komplett europäisches Auto.

Das soll zunächst mal gar nichts heißen. Denn formal ist dieser Ford ja durchaus gelungen, Platz gibt es eigentlich genug und die Verarbeitung wirkt sehr hochwertig. Der Teufel liegt eher im Detail, so gibt die Bedienung über Touchscreen zwar keine Rätsel auf, intuitiv wäre aber auch anders.


Sehr gut für die Langstrecke geeignet

Ähnlich zwiespältig fühlten wir uns beim Antrieb. Der große Diesel mit 180 Pferden überzeugt als solcher, in Kombination mit dem manuellen Sechsganggetriebe und dessen elend lang übersetzten höheren Gängen wird aber viel vom Fahrspaß geraubt, vermutlich zugunsten eines günstigeren Normverbrauchs. Der liegt bei überzeugenden 4,5 Litern. Wir schafften bei unterschiedlichen Fahrweisen über eine Gesamtstrecke von über 2.000 Kilometern allerdings nur 7,2 Liter.

Wir würden angesichts des nicht überzeugend abgestimmten manuellen Getriebes auf jeden Fall dazu raten, 2.000 Euro in das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe zu investieren. Das müsste drin sein, denn preislich ist der Mondeo – wie heißt es so schön im Marketingdeutsch – sehr wettbewerbsfähig aufgestellt, gerade im Vergleich zum Passat.

Unser Turnier kostet in der recht umfangreichen Titanium-Ausstattung und mit dem großen Diesel 35.450 Euro. Mit vielen Extras (Navi, Rückfahrkamera, Park-Pilot-System, LED-Scheinwerfer, diverse Assistenten etc.) kam unser Testwagen auf knapp 43.100 Euro.

Fazit: Ein Fahrzeug mit Stärken, aber auch einigen Schwächen. Diese kann man allerdings teilweise umgehen (Getriebewahl) und sie werden nicht für jeden relevant sein. Wer sein Auto in erster Linie auf Langstrecken nutzt, dem dürfte die mangelnde Agilität des Mondeo vielleicht gar nicht auffallen, zumindest aber nicht stören.

Technische Daten: Fünftüriger, fünfsitziger Kombi der Mittelklasse; Länge: 4,87 Meter, Breite: 1,85 Meter (mit Außenspiegel: 2,12 Meter), Höhe: 1,50 Meter, Radstand: 2,85 Meter, Gepäckraumvolumen: 488 - 1.630 Liter. Motor: 2,0-Liter-Dieselmotor, 132 kW/180 PS, manuelles Sechsganggetriebe, Frontantrieb, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 2.000 – 3.250 U/min, Vmax: 220 km/h, Beschleunigung: 0 - 100 km/h: 8,4 sek., Normverbrauch: 4,5 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 117 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A, Testverbrauch: 7,2 Liter. Preis: ab 35.450 Euro (Titanium); Preis des Testwagens: 43.095 Euro.

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