Eine Neigung des Kopfes nach links erhöht die Lautstärke, eine Neigung nach rechts dimmt den Sound. Ein leichter Klaps der Finger aufs Lenkrad und das Radio springt zum nächsten Sender. Mit der universal gültigen Geste für das Abnehmen eines Telefonhörers leitet der Fahrer ein Telefonat ein. An dem Thema Gestensteuerung arbeiten die unterschiedlichsten Unternehmen: Audi, Mercedes, Toyota sind dran, aber auch Microsoft, das mit seiner Spielkonsolen-Steuerung Kinect zu den Pionieren in dem Feld Gestensteuerung gehört.
Der Softwarekonzern will seine Technik zu einem neuen Standard machen und arbeitet daher mit Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen zusammen. Die Steuerung via Gesten und Sprache – so sie funktioniert – zusammen mit wenigen Knöpfen und berührungsempfindlichem Bildschirm seien eine ideale Kombination, findet Fachmann Waxenberger. Noch hat die innovative Steuerung aber ihre Tücken: Denn nicht jede Geste bedeutet überall das Gleiche – und in südlichen Ländern gestikulieren Fahrer häufiger beim Fahren; nicht etwa, um den Sender zu wechseln, sondern um den Vordermann zu provozieren.
Fehlbedienungen ausschließen
Ärgert sich der italienische Autofahrer also gestenreich und stellt dabei andauernd die Musik lauter, würde er das System kaum akzeptieren. Die große Herausforderung für die Ingenieure ist in den nächsten Jahren daher, solche Fehlbedienungen auszuschließen. Harman Becker lässt etwa eine Liste von Gesten erstellen, die weltweit kulturell akzeptiert werden. Passend zu dem Credo, den Fahrer wieder in den Mittelpunkt zu stellen, entwickeln Ingenieure in den Forschungslabors auch vorhandene Sicherheitstechnik weiter. Müdigkeitsassistenten zum Beispiel, die künftig jede kleine Ablenkung registrieren.
Bislang verfolgen die Sensoren der Autos Mercedes-Benz, Volkswagen oder Volvo bereits Fahrstil, Geschwindigkeit und Lenkverhalten des Fahrers. Lenkt er plötzlich ruckartiger, vermutet das System nachlassende Konzentration und schlägt erst eine Pause vor – und dann Alarm.
Künftig sollen diese Systeme das Geschehen im Innenraum noch genauer überwachen. Toyota, Audi und der Autozulieferer Continental entwickeln Kamerasoftware, die mehrere Hundert Charakteristika des Fahrergesichts analysiert und auswertet, darunter auch Ärger, Trauer und Stress. Klappt das, könnten Autos ihre Fahrer viel besser verstehen als heute.
Ziel all dieser technologischen Entwicklungen sollte es sein, Autos so einfach bedienbar zu machen wie ein iPhone. Möglichst mit einem einzigen Knopf. Doch bis dahin, das zeigt unser Test, ist es noch ein weiter Weg.
DER TEST: So gehen wir vor
Welche Autos sind ohne Vorkenntnisse zu bedienen? Die Wirtschafts-Woche und das Hamburger Unternehmen GfK Sirvaluse wollten das genau wissen. Dazu haben wir neun Testpersonen im Alter zwischen 26 und 53 Jahre rekrutiert. Sie sollten folgende Aufgaben bewältigen: 1. Einsteigen, Sitz einstellen, Licht einschalten. 2. Radio einschalten, Sender wechseln und speichern. 3. Ziel ins Navi eingeben, Zielführung starten und abbrechen. 4. Handy per Bluetooth verbinden, Kontakt anrufen, Musik vom Smartphone hören, Titel anzeigen. Als Spezialaufgabe je Auto mussten die Probanden etwa Videos über USB-Sticks abspielen oder Musik aus den hinteren Lautsprechern abspielen. Am Ende vergaben die Tester Noten: 1 (ohne Probleme), 2 (leichte Probleme), 3 (gerade noch selbstständig), 4 (nur mit Hilfe), 5 (nicht geschafft).