Head-Up-Displays vor dem Durchbruch Kopf hoch, HUD kommt

Muss zum Ablesen von Informationen im Auto bisher nach unten auf Tacho & Co. geschaut werden, liefern moderne Head-Up-Displays die Auskünfte direkt ins Blickfeld des Fahrers. Bald könnten diese Systeme Standard sein

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Kopf hoch am Lenkrad - Head-Up-Displays vor dem Durchbruch Quelle: Bosch

Selbst wer nur das aktuelle Tempo erfahren möchte, benötigt für den Blick auf den Tacho eine Sekunde. Was wiederum bei Tempo 100 bedeutet, dass er 30 Meter zurücklegt, ohne auf die Straße zu schauen. Genau diesem Problem wirken sogenannte Head-Up-Displays entgegen: Sie projizieren ausgesuchte Informationen in das Blickfeld des Fahrers, er kann sie also ablesen, ohne das Verkehrsgeschehen aus dem Blick zu verlieren.

Noch vor kurzem blieb diese Technologie Oberklasse-Fahrzeugen vorbehalten, doch jetzt hält sie auch in günstigeren und kompakteren Modellen Einzug. „In Zukunft“, sagt Enno Pigge von Continental voraus, „werden Autos ohne Head-Up-Displays die Ausnahme sein.“ Verbauen Autohersteller nach Schätzungen des Unternehmens derzeit jährlich 1,5 Millionen Head-Up-Systeme, soll sich diese Zahl schon bis zum Jahr 2018 verdreifachen und sich damit zu einem Milliardenmarkt entwickeln.

Noch allerdings kommt vielen Autofahrer das Head-Up-Display recht exotisch und futuristisch vor – dabei ist es im Grunde ein alter Hut. So alt, dass die eigentliche Überraschung darin besteht, dass man sich erst seit rund zehn Jahren verstärkt um den Einsatz im Auto bemüht.

Piloten von Kampfflugzeugen vertrauen schon seit den 1940er Jahren auf solche Anzeigen. Einfach weil sie sich so nicht ständig auf die Uhren im Cockpit konzentrieren müssen, sondern das Umfeld ununterbrochen beobachten können. Sie behalten also den Kopf oben, nichts anderes bedeutet schließlich der Begriff Head Up.

Die seit 2001 nun auch in Autos verbauten farbigen Displays waren zunächst recht komplexe Anlagen: Im Mittelpunk stand dabei ein aufwendiges optisches System, das ein Bild mit der gewünschten Information auf eine Fläche projizierte, die zum einen spiegelnd und zum anderen auch lichtdurchlässig sein musste.

Was natürlich vor allem auf die Frontscheibe zutrifft. Die Technik sorgt dafür, dass die Informationen beziehungsweise Bilder so wahrgenommen werden, als würden sie rund zwei Meter vor der Scheibe in der Luft schweben. Zuvor allerdings mussten Entwickler manches Problem überwinden: Bei Verbundglasscheiben liegt zwischen zwei Glasschichten eine Kunststofffolie, die das Bild verzerren kann – sie musste also in bestimmten Bereichen der Scheibe dünner ausgelegt sein. Außerdem benötigt das ganze System vergleichsweise viel Platz.

Kompakter und günstiger sind sogenannte Combiner-Systeme, wie sie etwa Bosch für den aktuellen Mini vorgestellt hat. Beim Combiner-Display dient nicht die Frontscheibe als Projektionsfläche, sondern eine kleine durchsichtige Kunststoffscheibe, die zwischen Fahrer und Frontscheibe oben auf der Armaturentafel angebracht ist. Diese Scheibe ist ein- und ausfahrbar, außerdem ist sie so aufgebaut, dass der Fahrer die Kanten nicht wahrnimmt. Ebenso wie bei den klassischen Systemen nimmt der Fahrer die eingeblendeten Informationen so wahr, als würden sie zwei Meter vor der Frontscheibe schweben.

Das hat Vorteile für den Autohersteller und auch den Kunden. Für letzteren wird das Head-Up-Display erschwinglicher. In der aktuellen Mini-Preisliste werden für das Extra 500 Euro gefordert, allerdings in Kombination mit weiteren aufpreispflichtigen Ausstattungsoptionen.

Der große Vorteil für den Autobauer wiederum besteht im Platzbedarf. Gerade im Bereich der Armaturen eines Autos ist jeder Kubikzentimeter schwer umkämpft, Multimedia will ebenso seinen Platz finden wie etwa die Klimaleitungen. Herkömmliche Head-Up-Systeme liegen aktuell bei einem Platzbedarf von knapp vier Litern, bei den Combine-Systemen sind es dagegen nur zwei Liter. Barbara Zelenay von Bosch geht davon aus, dass Combine-Systeme künftig in weiteren Kompakt-Modellen zu finden sein werden, unter anderem in der 1er-Serie von BMW.

Abgesehen vom Platzbedarf, gibt es ohnehin kaum einen vernünftigen Grund, die Kopf-oben-Anzeigen zu ignorieren. Auch Verkehrssicherheitsexperten entdecken in der Technik eigentlich nur Gutes. Schließlich sorgt die dafür, dass der Fahrer dorthin schaut, wo es gewünscht ist – auf die Straße nämlich.

„Man muss den Blick nicht mehr vom Verkehrsgeschehen abwenden. Diese Anzeigen bieten dem Fahrer eine Mehrwert, werden außerdem als wohltuend und komfortabel empfunden“, meint Rainer Hillgärtner, Sprecher des Auto Club Europa (ACE).

Was die aktuelle Generation der Head-Up-Displays bietet, das ist allerdings erst der Anfang. Für die Zukunft denken die Entwickler an ganz andere und deutlich weiter reichende Informationen im Blickfeld des Fahrers. Die Technik wird zwar erst in einigen Jahren auf die Straßen kommen, einen Namen hat sie aber schon jetzt: Augmented Reality – also im Grunde eine erweiterte Realität.

Gemeint ist damit, dass die Technologie die Realität für den Fahrer so erweitert, dass Informationen in einer Form angezeigt werden, als wären sie in der echten Welt vorhanden. „Ein Primärziel dabei ist sicher der Einsatz im Zusammenhang mit der Navigation“, so Barbara Zelenay von Bosch. Zeigt ein herkömmliches Navigationssystem eine Route auf einem Bildschirm, bettet Augmented Reality die Informationen in das Verkehrsgeschehen ein: Dem Autofahrer erscheinen etwa farbige Richtungspfeile so, dass das Auge sie wahrnimmt, als wären sie direkt auf den Asphalt gemalt.

Er folgt also der Navigation, indem er einfach weiter nach vorn aus dem Auto schaut. Continental rechnet mit der Serienreife bis zum Jahr 2017. Bis dahin muss allerdings in den Autos noch reichlich aufgeräumt werden. Statt vier oder zwei Liter Platzbedarf wie bei den aktullen Head-Up-Ausführungen benötigen Systeme mit Augmented Reality immerhin elf Liter Bauraum.

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