WirtschaftsWoche: Herr Schaible, als Dacia 2005 in Deutschland auf den Markt kam, gab es eine Dienstanweisung der Pariser Zentrale nicht mehr als fünf Prozent der Arbeitszeit auf die neue Billigmarke zu verwenden. Wie ist das heute?
Achim Schaible: (lacht) Die Dienstanweisung kenne ich nicht. Aber damals war tatsächlich nur eine Mitarbeiterin als Projektleiterin für Dacia zuständig.
Das ist eine sehr schlanke Verwaltung.
Richtig. Und das hat sich bis heute kaum verändert. Ausschließlich für Dacia arbeiten zwei Vollzeitkräfte, die insgesamt 250 Renault-Mitarbeiter kümmern sich auch alle um Dacia.
Verkaufen sich die Autos von alleine?
Nicht ganz. Wir versuchen ausschließlich mit augenzwinkernder Werbung für unsere preisgünstigen Autos Nachfrage zu schaffen – ohne Rabatte, billigere Vorführwagen und andere Verkaufsförderungen.
Aber das allein kann das Wachstum der Marke nicht erklären.
Sie ist aber wichtig, weil es Dacia erst seit 2005 in Deutschland gibt und wir die Marke erst aufbauen mussten. Wir haben damals mit dem Logan begonnen. Der hatte ein Stufenheck, das in Europa und speziell in Deutschland nicht besonders beliebt ist. Aber heute haben wir eine breitere Modellpalette mit einem SUV, Kombis und Familienvans. Wir bedienen damit Basisansprüche, und wir wollen das günstigste Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten.
Wagen Sie eine Prognose für nächstes Jahr?
Wir erwarten eine Steigerung des Absatzes von rund 45.000 Fahrzeugen in diesem Jahr auf mehr als 50.000 Autos in 2013. Wir haben mit dem Hochdachkombi Dokker und dem Sandero zwei neue Modelle bei den Händlern.
Im gleichen Zeitraum hat Renault aber fast zwölf Prozent weniger Autos verkauft. Wechseln die Kunden von Renault zu Dacia?
Nein, das hat nichts mit Dacia zu tun. Der Grund, warum wir mit Renault Marktanteile verlieren, sind die Rabattschlachten der Konkurrenz, die wir nicht mitgehen wollen und können.
Renault verliert keine Kunden an Dacia?
Es gibt klar messbare Käuferströme. Maximal acht Prozent der Käufer waren vorher Renault-Fahrer, der Rest kommt von VW, Opel, Ford und vom Gebrauchtwagenmarkt. Bei der Eroberung neuer Käufer hilft uns auch die hohe Kundenzufriedenheit der Dacia-Fahrer, die das Marktforschungsinstitut J. D. Powers uns mehrfach bestätigt hat.
Low-Cost-Strategie
Kaufen diese Kunden dann die Basisversionen, für die Sie so schön plakativ mit Preisen deutlich unter 10.000 Euro werben?
Glücklicherweise nicht alle. Es sind weniger als zehn Prozent, die wirklich die günstigste Einstiegsversion bestellen. Den Geländewagen Dacia Duster beispielsweise gibt es ab knapp 11.000 Euro. Der durchschnittliche Verkaufspreis liegt aber deutlich über 15.000 Euro.
Der Kunde kauft dann als Extra breite Reifen, schöne Felgen und Ledersitze. Das mehrt den Gewinn ordentlich, oder?
Ganz genau.
Die Zeit der Alleinherrschaft auf dem Billigmarkt könnte aber bald vorbei sein. Schlottern Ihnen schon die Knie, wenn 2015 der weltweit zweitgrößte Autohersteller Volkswagen wie geplant eine eigene Billigmarke auf den Markt bringt?
Nein, bei mir schlottert nichts. Natürlich schauen wir, was Wettbewerber wie VW machen. Aber wenn wir unsere konsequente Low-Cost-Strategie und den einmaligen Vertriebsweg...
...beispielsweise mit einer festen Marge von fünf Prozent für die Händler...
...weiter verfolgen, sind wir schwer zu kopieren. Außerdem heißt es ja, VW wolle die Billigautos nur in Schwellenländern anbieten.
Das wollte Dacia anfangs ja auch. Hat aber nicht geklappt.
Stimmt. Wir hatten ein paar pfiffige Händler, die bereits 2004 immerhin 35 Dacias grau importiert haben.
Renault bietet mittlerweile eine Reihe von Elektroautos an. Kann man denn bald auch mit einem Dacia elektrisch fahren?
Nein. Das passt nicht zu Dacia.
Was passt denn dann zur Marke Dacia und was zu Renault?
Fangen wir beim Design an: Das ist eher streng germanisch bei Dacia, während Renault eher lateinische Wärme ausstrahlen soll. Die Marke Renault steht für die Demokratisierung von Innovationen wie zum Beispiel dem TomTom-Navigationssystem, das wir zu einem deutlich günstigeren Preis anbieten als die Konkurrenten. Dacia bietet alles, was nötig ist, aber es gibt beispielsweise keine Automatikgetriebe.