Neue Anbieter auf dem Markt Wer vom Carsharing-Boom profitieren will

Carsharing liegt im Trend und hat den gewissen Ökochic. Jetzt steigen mit Audi, Volvo, Opel und Toyota weitere große Hersteller in das Geschäft ein. Doch profitieren auch die Städte und die Umwelt?

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Mit 70 Exemplaren des futurisitischen i-Road erprobt Toyota in Grenoble das Carsharing. Quelle: Presse

Schon die schrille Farbe des Dreirades mit Dach ist ein Hingucker. Doch spätestens wenn sich das Gefährt namens i-Road von Toyota wie ein Motorrad in die Kurve legt und dabei immer bedrohlicher neigt, schauen alle Passanten im französischen Grenoble hin.

Die Bewohner der Universitätsstadt werden sich an die zweisitzige Kreuzung zwischen Motorrad und Auto gewöhnen müssen. Denn Toyota ist mit dem i-Road gekommen, um zu bleiben. Der weltgrößte Autohersteller testet hier seit Anfang Oktober sein neues Carsharing-Angebot mit 70 der ungewöhnlichen Wägelchen einschließlich einiger vierrädriger Varianten, voll vernetzt mit dem lokalen Nahverkehr.

Der i-Road soll die Lücke zwischen Auto und Fahrrad füllen. Mit seinem Wendekreis von nur drei Metern – gelenkt wird mit dem dicken Hinterrad – und einer Breite von 85 Zentimetern wieselt der moderne Kabinenroller durch jede Gasse der Altstadt von Grenoble. Und pustet dabei keine Abgase in die Luft, denn für den Schwung sorgen zwei elektrische Radnabenmotoren mit drei PS (zwei Kilowatt). Eine Akkuladung reicht für etwa 50 Kilometer.

Die Carsharing-Angebote im Überblick

Alle großen Hersteller mischen mit

Toyota zählt damit wie Audi, Opel und Volvo eher zu den Späteinsteigern in das Geschäft mit den geteilten Autos. Die Konzerne treffen auf Platzhirsche wie Flinkster von der Deutschen Bahn, Car2Go vom Stuttgarter Daimler-Konzern oder DriveNow vom Münchner Konkurrenten BMW.

Aber auch Volkswagen, Ford sowie Peugeot und Citroën fehlen nicht: Praktisch alle großen Hersteller mischen mit – manche wie Daimler und BMW sehr ernsthaft, andere wie VW oder der französische PSA-Konzern etwas halbherzig. Die Autobauer, so der Eindruck, haben die einst grüne Idee des Autoteilens für ihre Zwecke gekapert.

Schon melden sich die ersten Zweifler, die fragen: Führt Carsharing wirklich zu weniger Autoverkehr, weil die Nutzer bewusster entscheiden, wann sie ein Fahrzeug brauchen? Oder legen sie jetzt auch kürzeste Strecken mit dem Pkw zurück, statt in Bus und Bahn einzusteigen? Sind die knappen Parkplätze in unseren Städten bald mit den Mietautos zugepflastert?

Smartphones machen Carsahring praktikabel

Die Absicht der Autohersteller ist klar. Sie setzen auf einen Markt, der gerade boomt, und wollen sich ein möglichst großes Stück vom Kuchen abschneiden. Der Bundesverband Carsharing registrierte vor wenigen Tagen den millionsten Nutzer in Deutschland.

Und der Run geht weiter. Die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet, dass das Geschäft mit den geteilten Autos bis 2020 um jährlich 30 Prozent auf bis zu 5,6 Milliarden Euro Umsatz wachsen wird.

Einer der wichtigsten Gründe für den Boom: Noch nie war Carsharing dank Smartphones so einfach wie heute. Auf dem Handy sieht der Kunde, wo welche Fahrzeuge stehen. Er kann sie reservieren, bei Flinkster und Car2Go demnächst sogar mit dem Telefon aufschließen, bei Mu von Peugeot lässt sich vom Rad bis zum Transporter einfach alles teilen.

Mit Vollgas aus der Nische

Immer neue Angebote sollen Kunden locken. Derzeit können sie zwischen zwei prinzipiellen Formen des Carsharings wählen: Bei den stationären Angeboten wie Flinkster, dem größten Carsharing-Anbieter Deutschlands, müssen Kunden im Voraus ein Auto buchen, es an einer Station abholen und dort in der Regel auch wieder abgeben.

Überziehen ist teuer

Die Preise sind relativ niedrig, nur unangemeldetes Überziehen der Leihzeit ist schmerzhaft teuer. Bei Free-Floating-Angeboten, wie die Branche sie mehr schlecht als recht gedenglischt nennt, etwa von Car2Go und DriveNow, sind die Fahrzeuge quer über eine Stadt wie Köln oder Berlin verteilt.

Der Kunde sieht auf seinem Smartphone, wo ein Fahrzeug in seiner Nähe verfügbar ist, öffnet es mit Chipkarte oder Handy, steigt ein und stellt es später einfach wieder im Stadtgebiet ab. Die Flexibilität ist komfortabel, kostet aber zusätzlich.

Wer sich als Nachzügler im Markt behaupten will, muss sich von der Konkurrenz klar abheben. So wie es Toyota mit seinen witzigen Fahrzeugen in Grenoble versucht. Volvo beispielsweise will ab 2016 ein Angebot organisieren, bei dem die Kunden der Schwedenmarke untereinander ihre Fahrzeuge tauschen.

„Wenn ich auf Reisen bin und mein Volvo würde etwa auf dem Parkplatz am Flughafen stehen, warum soll ich ihn dann nicht per Smartphone an ausgewählte Nutzer verleihen können?“, deutet Konzernchef Hakan Samuelsson die Richtung des Angebots an.

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