Die Autobranche ist mittlerweile auf jeder Technologiemesse präsent. So auch auf der South by Southwest in Austin. Vertreten durch Branchengrößen wie Daimler-Chef Dieter Zetsche, der in der texanischen Hauptstadt über die Zukunft der Mobilität spricht. Aber auch freche Angreifer wie der chinesische Elektrohersteller NIO, ehemals NextEV, machen auf sich aufmerksam. Dessen Gründer der Internet-Milliardär William Li will, gestützt mit internationalem KnowHow und Kapital, in Windeseile zu einem der größten Hersteller reiner Elektroautos aufsteigen. Das vor drei Jahren gegründete Unternehmen beschäftigt mittlerweile 2000 Mitarbeiter, davon auch 100 in München, wo das Designstudio sitzt.
Im vergangenen Jahr zeigte NIO mit dem EP9 einen Boliden, der den Geschwindigkeitsrekord für Elektroautos hält. In der Kleinserie von sechs Fahrzeugen ging er zum Preis von rund 1,5 Millionen Dollar pro Stück an reiche Abnehmer in China. Doch Li drängt in den Massenmarkt. Im nächsten Jahr will NIO einen Geländewagen im Heimatmarkt China offerieren, ab 2020 in Amerika mit einem selbstfahrenden Elektroauto antreten. Auf der SXSW präsentiert Li stolz die Designstudie Eve.
Die von Chefdesigner Kris Tomasson, einem ehemaligen BMW-Entwickler, entworfene Elektrolimousine ähnelt einem rollenden Wohnwagen inklusive Klapptischen und Entertainment-Center. Die WirtschaftsWoche sprach mit Padma Warrior, US-CEO und Entwicklungschefin von NIO, über die Strategie des Elektroautoherstellers. Warrior, ehemals Technik- und Strategiechefin von Cisco und Motorola, stieß im Dezember 2015 zu NIO. Sie sitzt auch im Verwaltungsrat von Microsoft. Die gebürtige Inderin ist optimistisch, schon 2020 ein Elektroauto anzubieten, das komplett vom Computer gesteuert wird.
Ihre Designstudie Eve beschreibt die Zukunft des Autofahrens, man räkelt sich in Sesseln, schaut Fernsehen oder schläft. Wie weit ist diese Zukunft entfernt?
Padma Warrior: Sie steht direkt vor der Tür, ist näher als viele denken. Wir haben Eve entwickelt, um zu zeigen, was möglich ist, wenn man das Auto anhand der Bedürfnisse seiner Passagiere konzipiert. 120 Jahre lang war es hauptsächlich nach dem Fahrer ausgerichtet. Mit gutem Grund natürlich. Wir wollen zeigen, was geschieht, wenn man den Platz im Wagen nicht mehr nur nach dem Fahrer bestimmt. Und welche zusätzlichen Möglichkeiten es gibt, wenn man keinen Verbrennungsmotor unterbringen muss.
Ist das nur ein schickes Modell, das man nie auf der Straße sehen wird?
Sicherlich wird es Eve in dieser Form nicht geben, zumindest nicht kurzfristig. Aber wir werden viele Elemente, was beispielsweise die Benutzerführung angeht oder die Gestaltung des Innenraums in unsere Serienfahrzeuge übernehmen.
Sie wollen nächstes Jahr ihre ersten elektrischen Autos für den chinesischen Markt in Serie produzieren, im Jahr 2020 dann in die USA kommen.
Ja und zwar in den USA mit einem Auto der Stufe 4, das also keinen Fahrer mehr benötigt. Wir wollen damit Pendler ansprechen. Allein in den USA gibt es 139 Millionen Menschen, die jeden Tag mindestens 60 Minuten auf der Fahrt zur Arbeit und zurück verbringen.