Serienproduktion gestoppt Warum Audi beim A2 und R8 den Stecker zog

Der Audi R8 e-tron wurde kurz vor der Serienproduktion gestoppt, der Verkauf des Tesla S aller Probleme zum Trotz gestartet. Sind die Amerikaner besser – oder einfach nur mutiger?

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Der Audi R8 e-tron
Der R8 e-tron auf Testfahrt: Der Flitzer von Audi geht leider nicht in Serie. Auf der Teststrecke fährt er bis zu 200 km/h Spitze. Quelle: Presse
Angedacht war eine Kleinserie von 100 Autos, die für 150.000 bis 200.000 Euro zu haben sein sollten. Daraus wird nun nichts. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen beendet Audi-Chef Rupert Stadler das Projekt. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Am sportlichen Design gibt es nichts auszusetzen. Was den Serienstart verhinderte, waren in erster Linie die zu hohen Kosten für den Akkublock - weit über 20.000 Euro. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Zwei Elektromotoren mit 280 kW (381 PS) hat der e-tron unter der Haube. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Kapazität von 48,6 kWh. Eine Ladung soll für 215 Kilometer reichen - deutlich weniger als beim Tesla Model S. Hier verspricht der Hersteller 483 Kilometer. Quelle: Presse
Von null auf hundert km/h in 4,2 Sekunden. Der R 8 hat noch mehr Power als der Tesla Model S. Der Amerikaner braucht 4,6 Sekunden. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber

Ein Klick, ein kurzes Surren – der knallrote Flitzer ist startklar. Als Rennfahrer Marc Basseng den rechten Fuß aufs Fahrpedal drückt, macht der Audi R8 e-tron einen Schuss nach vorn, als hätten im Heck Raketen gezündet. Nach einem Wimpernschlag ist Tempo 100 erreicht, und die Tachonadel fliegt weiter auf die 200 km/h-Marke zu, während aus dem Motorraum ein Summen erklingt, als wäre ein Schwarm Hummeln zum Sturzflug übergegangen. "Krass", sagt der 34-jährige Pilot am Steuer, der auf PS-starken Autos von Porsche, BMW, Mercedes und Audi schon Dutzende von Rennen bestritten hat und in diesem Jahr die FIA GT-1-Weltmeisterschaft gewann. Aber die Beschleunigungswerte des Elektromobils beeindrucken ihn einfach: "Toll, wie der am Gas hängt."

Im Dezember sollte die elektrogetriebene Version des Hochleistungssportwagens R8 in den Handel kommen. Angedacht war eine Kleinserie von 100 Autos, die für einen Preis zwischen 150 000 und 200 000 Euro zu haben sein sollte. Doch kurz vor der Freigabe zog der Audi-Vorstand jetzt den Stecker.

Das Modell scheitert an der Batterie

Nicht etwa, weil die Technik versagt hätte. Allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen beendete Audi-Chef Rupert Stadler das Projekt, das in den zurückliegenden drei Jahren 200 Spezialisten beschäftigt hatte und laut Audi einen "kleinen dreistelligen Millionenbetrag" verschlang. Aus, vorbei, das Auto wird jetzt nur noch als Technologieträger genutzt.

Technische Details R 8 e-tron

Eine Rechnung war nicht aufgegangen. Die Kaufleute des Konzerns hatten darauf gesetzt, dass die Kosten für das Herzstück des Elektroautos, die Lithium-Ionen-Batterie, bis Ende 2012 auf rund 200 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität fallen würden. Tatsächlich aber kostet die Kilowattstunde immer noch etwa 450 Euro. Zu dem Preis aber wurde aus dem R8 e-tron kein Geschäftsmodell.

Deutschland soll Leitmarkt der Elektromobilität werden

Denn die 530 Lithium-Ionen-Zellen des japanischen Herstellers Panasonic, aus denen die beiden Elektromotoren an Bord ihren Strom beziehen, speichern 48,6 Kilowattstunden. Der Akkublock allein hätte also fast 22 000 Euro gekostet. Auch sorgten sich die Audi-Vorstände wohl um die Entwicklung der Garantiekosten: Kaum jemand kann heute sagen, wie lange Hochleistungsbatterien im Alltagsstress halten. Reparaturen am Akku würden bei dem R8 e-tron schon deshalb sehr teuer, weil das flüssigkeitsgekühlte Batteriesystem ein mittragendes und versteifendes Element der ultraleichten Karosserie aus Aluminium und Kohlefaserteilen ist.

Dabei sollte 2013 das Jahr werden, in dem die deutsche Autoindustrie mit neuen E-Mobilen in den Wettbewerb mit japanischen, französischen und amerikanischen Herstellern einsteigen wollte, um Deutschland bis 2020 zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen. Tatsächlich aber häufen sich nun die Hiobsbotschaften. So gab Opel Ende vergangenen Jahres Opel bekannt, die geplante Elektroversion des Kleinwagens Adam vorerst nicht zu bauen. Begründung: Die hohen Kosten für die Batterietechnik könne man seinen Kunden nicht zumuten.

Und auch beim Kleinwagenprojekt Audi A2 bracht jetzt die  Spannung zusammen: Audis neuer Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer hat den Stecker gezogen. „Wenn Sie heute ein rein elektrisch angetriebenes Automobil kostendeckend und gewinnbringend am Markt positionieren wollen, müssen Sie derzeit einen Preis definieren, bei dem die Kaufbereitschaft der Kunden relativ gering ist und für den Hersteller keine großen Stückzahlen übrig bleiben", begründete Dürheimer seiner Entscheidung. Die Elektromobilität brauche noch Zeit. "Mittelfristig setzen wir auf Plug-In-Hybride, die deutlich mehr sind als eine Übergangstechnologie", sagte der ehemalige Porsche-Technikchef.

Warten auf den Super-Akku

Serienstart für den Tesla S
Mit seinem neuen Model S möchte der kalifornische Autobauer Tesla nun den Massenmarkt erorbern. Quelle: PR
Das Modell S soll mit 20 000 Exemplaren serienmäßig an den Markt gebracht werden - eine Herausforderung für den Elektroautobauer, der für seinen Zweisitzer Roadster nur 2 000 Exemplare hergestellt hat. Quelle: PR
Im neuen Wagen soll dagegen fünf Personen Platz finden, für zwei Kinder soll es gar noch Raum hinter der zweiten Sitzreihe geben. Quelle: PR
Tesla fordert mit seinem neuen Wagen auch dem deutschen Autobauer BMW heraus - In Puncto Klasse sehen Experten in dem neuen Tesla einen direkten Konkurrenten zum BMW M5. Quelle: PR
Ausrüsten kann man den S mit Batterien verschiedener Reichweite. Bis zu 500 Kilometer verspricht die Batterie mit einer Ladung von 85 Kilowatt. Quelle: PR
Top Geschwindigkeit mit der 85-Kilowatt-Batterie: bis zu 200 km/h. Quelle: PR
Zudem soll der Wagen mit dieser Energieausstattung in nur 5,6 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen können. Quelle: PR

"Die Elektromobilität steht und fällt mit guten und preiswerten Batterien, die Batteriepreise stehen und fallen mit den eingesetzten Materialien", beschreibt Gerhard Hörpel das Dilemma. Der Chemiker besitzt 40 Patente zur Lithiumtechnologie und ist einer der drei Leiter des Batteriekompetenzzentrums MEET in Münster, in dem 75 Wissenschafter aus aller Welt an neuen Materialien und Zusammensetzungen für den ersehnten Super-Akku forschen.

Anfang Februar, auf der Advanced Automotive Battery Conference im kalifornischen Pasadena, werden Wissenschaftler des MEET dieser Tage ihre Forschungsergebnisse vorstellen – und hören, wie weit ihre Kollegen etwa bei BASF, vom amerikanischen Argonne National Laboratory oder an der Universität Kyoto gekommen sind.

Entwicklung kann noch Jahre dauern

Fortschritte, verrät Hörpel, seien in den vergangenen drei Jahren durchaus erzielt worden – sowohl bei der Leistungsfähigkeit der Akkus wie auch bei den Preisen für die Stromspeicher: "Es geht langsam nach unten. Ein Preis von 250 Euro pro Kilowattstunde ist aber noch nicht in Sicht." Dazu brauche es billigere Materialien für die Elektroden der Batterien, aber auch für die Elektrolyten, die für den Transport der elektrischen Teilchen benötigt werden. "Wir brauchen preiswerte Alternativen zu Kobalt und Nickel mit einer ähnlichen oder besseren Lebensdauer", sagt Hörpel.

Tesla Model S - 422 PS und Superakku

Die Entwicklung dieser magischen Stoffe könnte noch Jahre dauern. Autohersteller, die mit konventionell angetriebenen Fahrzeugen viel Geld verdienen, mögen darauf noch eine Weile warten können. Wer aber wie Elon Musk neu in der Branche ist, allein von Elektroautos lebt und obendrein rote Zahlen schreibt, kann nicht auf ein Wunder warten.

Technische Details Tesla Model S

Sein Unternehmen Tesla Motors verblüffte 2008 die Autoindustrie, als es einen Sportwagen auf den Markt brachte, der seine Energie einfach aus 6831 handelsüblichen Laptop-Akkus bezog. Der Energiegehalt von 56 Kilowattstunden reichte, um den kleinen, 288 PS starken Sportwagen über 300 Kilometer weit fahren zu lassen.

Auch Mercedes nutzt Teile von Tesla

Rund 2500 Exemplare des Elektro-Roadsters konnte Musk in den vergangenen vier Jahren für jeweils rund 100 000 Dollar weltweit absetzen. Zudem gewann er Daimler, Panasonic und Toyota als Teilhaber, Partner und Kunden: Der Smart Fortwo electric drive nutzt die Antriebstechnik von Tesla ebenso wie die elektrogetriebene Version des neuen Toyota-SUV RAV4. Auch die Elektroversion der B-Klasse von Mercedes, die 2014 auf den Markt kommen soll, wird mit Komponenten von Tesla angetrieben.

Ermutigt durch den Erfolg und getrieben von seinen Investoren, setzt der US-Unternehmer Musk, der einst den Internet-Bezahldienst PayPal erfand und später an Ebay verkaufte, noch einen drauf: In diesen Tagen laufen in einem ehemaligen Toyota-Werk in Kalifornien die ersten Exemplare des neuen Model S vom Band.

Die Elektrolimousine kommt im März

Supersportwagen mit grünem Anstrich
Es herrscht eine gespenstische Ruhe in der Boxengasse an der Nürburgring-Nordschleife. Eben noch hat der Zwölfzylinder eines Pagani Zonda alles niedergebrüllt, und schon läuft sich der nächste Supersportwagen warm. Doch dieser schießt nahezu geräuschlos auf die Strecke. Der Bolide ist ein früher Vertreter einer neuen Ära: ein Auto, das keine Abgase ausstößt und trotzdem in 4,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt. Was da mit maximal 200 Sachen über den Eifel-Kurs huscht, ist der Audi R8 e-Tron. Gut betuchten Schnellfahrern verspricht er Rasen ohne Reue, statt Sprit benötigt er Strom. Wenn der 318 PS starke Wagen jemals in den Handel kommt. Quelle: PR
Im nächsten Jahr bringt Mercedes-Ableger AMG den SLS Electric Drive. Ihn treiben vier Elektromotoren an, die auf 751 PS und ein maximales Drehmoment von brachialen 1000 Newtonmetern kommen. Obwohl allein der Akku mehr als eine halbe Tonne wiegt, erreicht der SLS in 3,9 Sekunden Tempo 100. Das Spitzentempo ist auf 250 km/h begrenzt. Wer solchen Stromflitzern die möglichen Fahrleistungen abverlangt, saugt den Akku allerdings schnell leer. Quelle: PR
Nur bei moderater Fahrt kommt die maximale Reichweite, die Audi mit 215 und Mercedes mit 250 Kilometern angibt, in greifbare Nähe. Bei Vollgas werden die 21 Kilometer einer anspruchsvollen Runde auf der Nordschleife zur Herausforderung. Quelle: PR
Porsche geht dieses Problem beim 918 Spyder durch die Plug-in-Technik an. Noch läuft die Entwicklung des Hybridmodells mit Ladebuchse, doch in rund einem Jahr soll es im Handel sein. Zwar kommt der Porsche mit seinen beiden zusammen 245 PS starken E-Motoren nur 30 Kilometer weit und ist im E-Modus nicht schneller als 150 km/h. Quelle: PR
Doch er hat noch einen 4,6 Liter großen und 580 PS starken V8-Benzinmotor, mit dem 325 km/h möglich sind, berichtet Projektleiter Michael Hölscher. Der Normverbrauch liegt wegen der für Plug-in-Hybride günstigen Berechnungsformel auf dem Niveau eines Kleinwagens: Drei Liter (CO2-Ausstoß: 70 g/km) reichen dem Carbon-Rennwagen für die ersten 100 Kilometer. Quelle: PR
Ähnlich wie der Porsche ist der über 300 km/h schnelle Jaguar C-X75 konstruiert. Das Coupé fährt ebenfalls mit zwei Elektromotoren und einem Akku, der für 60 Kilometer im E-Betrieb reichen soll. Gibt der Fahrer Vollgas oder geht der Strom zur Neige, schaltet sich automatisch ein hoch aufgeladener Vierzylinderbenziner mit 1,6-Liter Hubraum zu. Er soll so viel Leistung haben wie ein V8-Motor. Konkrete Angaben macht Jaguar aber noch nicht - bis auf den CO2-Ausstoß: Er soll bei 99 g/km pro Kilometer liegen. Das entspräche einem Verbrauch von gut vier Litern. Quelle: PR
Plug-in ist auch die Formel, auf die BMW beim i8 setzt, der in gut einem Jahr in den Handel kommen soll. Ihm montierten die Ingenieure einen E-Motor an der Vorder- und einen Dreizylinderbenziner an der Hinterachse. Zusammen leisten sie 224 PS und beschleunigen den 2+2-Sitzer in weniger als fünf Sekunden auf 100 km/h, so BMW. Bei 35 Kilometern elektrischer Reichweite liege der Gesamtverbrauch für 100 Kilometer bei 2,7 Litern (CO2-Ausstoß: 64 g/km). Quelle: PR

Mit der schick gestylten Elektrolimousine wollen die Amerikaner nun das Flottengeschäft aufmischen: Das Model S ist mit knapp fünf Metern so groß wie eine Mercedes E-Klasse, bietet fünf Insassen und ihrem Gepäck mehr als reichlich Platz – und fährt in der Top-Version dank eines Akkus mit einer Speicherkapazität von 85 Kilowattstunden bis zu 500 Kilometer weit.

In den USA ist der neue Tesla ab 67 400 Dollar zu haben, mit einem 60 Kilowattstunden großen und 8000 Zellen zählenden Akkublock. Die Top-Version steht mit 77 400 Dollar in der Liste. Ledersitze und Sonnendach kommen obendrauf.

Nach Europa kommt die neue Elektrolimousine im März, zum Basispreis von 71 400 Euro. Interessenten aus Deutschland können das Auto gegen eine Anzahlung von 5000 Euro derzeit nur über das Internet ordern oder über Showrooms von Tesla in München und Frankfurt. Weitere Verkaufsräume und auch Servicestationen sollen im Laufe des Jahres hinzukommen.

Tesla ist autobahntauglich

Von den 3000 Exemplaren des Model S, die Tesla dieses Jahr noch produzieren will, sind nur 150 für Kunden in Europa vorgesehen. Wie es in der europäischen Vertriebszentrale heißt, ist diese erste Charge bereits vergriffen: Wer heute bestellt, müsste wenigstens zehn Monate warten.

Lohnt das? Eine Testfahrt mit dem Auto rund um Düsseldorf beeindruckte nachhaltig. Die Reichweite von 500 Kilometern lässt sich bei zügiger Fahrt mit Geschwindigkeiten jenseits von 150 km/h über die Autobahn zwar nicht halten. Aber eine Reichweite von über 300 Kilometern scheint im Alltagsverkehr machbar. Selbst dann, wenn der Fahrer auf freier Strecke einmal die Höchstgeschwindigkeit von 212 Kilometer pro Stunde anpeilt. Die Beschleunigungswerte sind sportwagenmäßig und durchaus vergleichbar mit denen des Sportwagens Audi R8 e-tron.

Besser kann das nur der SLS AMG Electric Drive. Der bis zu 250 Kilometer pro Stunde schnelle Supersportwagen, der 2013 an den Start geht, macht aber auch mit seinem Preis atemlos: 416 500 Euro.

Basseng würde das wohl krass nennen.

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