Die Tage werden kürzer und die Lebkuchen liegen schon im Supermarktregal. Die Zeichen sind eindeutig: Der Winter kommt. Für Autobesitzer bedeutet das vor allem, dass der Reifenwechsel vor der Tür steht. Von „Ostern bis Oktober“, sagt der Volksmund, tun die Sommerreifen ihren Dienst. Auf gefrorenen Straßen und glitschigem Schneematsch werden sie jedoch zur Gefahrenquelle. Daher sollten Autofahrer sich langsam um die Winterstiefel für ihr Fahrzeug kümmern.
Die 15 wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Reifenwechsel:
1. Müssen die Reifen wirklich gewechselt werden?
Nicht, wenn der Wagen in der Garage stehen bleibt. Für alle, die bei Wind und Wetter auf die Straße müssen, gilt seit dem 4. Dezember 2010 die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Danach müssen alle Kraftfahrzeuge, die bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis oder Reifglätte unterwegs sind, Winterreifen aufgezogen haben. Zu erkennen sind diese an der M+S-Kennzeichnungen auf dem Gummi.
Und das gilt nicht nur für in Deutschland, sondern auch für im Ausland zugelassene Autos. „Wer sich darüber hinwegsetzt und auf glatten Straßen mit Sommerreifen unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld von 40 bis 80 Euro sowie einen Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg“, sagt Ruprecht Müller vom Bereich Fahrzeugtechnik beim ADAC.
Kommt es bei Winterwetter zu einem Unfall, schauen auch die Versicherungen genau hin. Hätte das Aufziehen von Winterreifen den entstandenen Schaden vermeiden können, kann der Autofahrer mitverantwortlich gemacht werden. Allerdings muss der Versicherer den Zusammenhang zwischen Unfall und fehlenden Winterreifen erst einmal nachweisen.
Die Geschichte des Reifens
Der Amerikaner Charles Goodyear meldete 1844 das Vulkanisieren von Gummi zum Patent an.
Der Schotte Robert William Thompson meldete den vulkanisierten Gummireifen für Fahrräder zum Patente an. Abnehmer für seine Idee fand er allerdings nicht.
John Dunlop, ebenfalls Schotte, ließ sich einen einfachen Fahrradluftreifen patentieren.
Dem Franzosen Edouard Michelin gelang mit der Erfindung des Luftreifes mit Schlauch der wirtschaftliche Durchbruch.
Friedrich Veith begann mit der Einführung von Reifen in Norm-Größe und der Durchsetzung entsprechend geformter Felgen.
Die Firma Continental aus Hannover entwickelte als erstes Unternehmen der Welt Profilreifen für Autos.
2. Was bringen Winterreifen eigentlich?
Winterreifen übernehmen vor allem zwei Funktionen: Sie sorgen zum einen dafür, dass das Auto auch bei Kälte besser auf glatten Straßen haftet. Dabei hilft eine besondere Gummimischung, die auch bei sehr kalten Temperaturen geschmeidig bleibt. Bei Sommerreifen härtet das Gummi bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt schnell aus. „Zum anderen nehmen die tiefen Rillen im Profil Matsch und Feuchtigkeit besser auf, so dass ein guter Bodenkontakt zustande kommt“, sagt der ADAC-Experte.
3. Wann ist der Reifenwechsel am sinnvollsten?
Bewährt hat sich die "O-bis-O-Regel" - also von Ostern bis Oktober. Dennoch müssen die Reifen nicht sofort zum 1. Oktober ausgetauscht werden. „Letztendlich kommt es auf das Wetter an“, sagt Ruprecht Müller. Ab 0 Grad Celsius, also sobald Wasser gefriert, sollten die Reifen allerdings angebracht sein.
4. Drängt der Termin in der Werkstatt?
Durchaus, denn sobald es kalt wird, werden die Termine in den Werkstätten knapp und die Nutzer müssen mit langen Wartezeiten rechnen. Mehr als 80 Prozent der über 42,6 Millionen deutschen Autobesitzer wechselten laut einer Umfrage des Portals auto.de vom vergangenen Jahr ihre Reifen. Ein Großteil kümmerte sich in der Zeit von Oktober bis November darum. Wer auf das Auto angewiesen ist, sollte sich also schnell um einen Termin bemühen.
Reifenpreise und Qualität
5. Worauf sollte beim Reifenkauf geachtet werden?
Wie beim Termin in der Autowerkstatt gilt auch hier: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die meisten Reifen werden im Oktober und November verkauft. In der Regel sind die Premium-Marken als erste vergriffen.
Wer bares Geld sparen will, sollte die Winterreifen antizyklisch schon im Sommer kaufen. Denn im Herbst geben die großen Institute die Ergebnisse ihrer Reifentests ab. „Danach erhöhen die Einzelhändler erfahrungsgemäß ihre Preise“, sagt Ruprecht Müller.
„Neue Reifen sollten beim Kauf nicht älter als zwei Jahre sein“, empfiehlt der Experte. Bei älteren Reifen fangen die Weichmacher im Reifengummi an sich zu entmischen oder sogar zu entweichen. dadurch lässt die Geschmeidigkeit und automatisch auch die Griffigkeit auf der Straße nach. „Händler geben auch mal fünf Jahre für das maximale Alter von Neureifen an, doch davon sollten sich Kunden nicht beirren lassen“, so Müller.
6. Wie alt ist ein gebrauchter Reifen wirklich?
Wie alt das gebrauchte Rad wirklich ist, lässt sich leicht kontrollieren. Seit dem Jahr 2000 wird das Herstellungsdatum meist am Ende der sogenannten DOT-Kennung auf dem Reifen angegeben, die den Lieferweg des Produktes aufzeigt. In einem ovalen Ring stehen die ersten beiden Ziffern für die Produktionswoche, die dritte und die vierte Zahl geben das Jahr an. Die Kombination 2611 steht also für die 26. Kalenderwoche im Jahr 2011.
7. Ab wann müssen neue Winterreifen her?
Wenn die Profiltiefe der Winterreifen vier Millimeter unterschreitet, werden neue fällig. „Besonders auf Schnee können sich die kleiner werdenden Profilrillen und Lamelle nicht mehr so gut mit dem Untergrund verzahnen“, sagt Experte Müller. Dann kann es schneller zu Aquaplaning kommen. Auch der Bremsweg verlängert sich. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Profiltiefe von mindestens 1,6 Millimetern. Der ADAC empfiehlt, die Reifen nach acht Jahren auszutauschen.
8. Wer hat die besten Reifen?
Der Hersteller Continental aus Hannover schneidet in den gängigen Reifentests des ADAC, der Auto Bild, der Auto Motor Sport und anderen Fachblättern regelmäßig am besten ab. Aber auch die Marken Michelin, Continental, Pirelli, Dunlop, Goodyear und Bridgestone gelten als zuverlässig.
Die aktuellen Testergebnisse des ADAC finden Sie in der folgenden Bildergalerie:
9. Reichen auch Ganzjahresreifen?
Auch Ganzjahresreifen mit einer M+S-Kennzeichnung sind für das Winterwetter zugelassen. Dennoch rät der ADAC besonders Vielfahrern von ihnen ab. „Die Produkte sind in der Regel nicht günstiger, können mit den spezifischen Eigenschaften echter Winterreifen aber nicht mithalten“, sagt Ruprecht Müller. Schließlich würden die speziellen Anforderungen an Sommer- und Winterreifen immer besser austariert. „Wer diese Entwicklungssprünge auch nutzen möchte, sollte auf die angepassten Reifen setzen.“
Wie teuer wird der Reifenwechsel?
10. Was bringen die Label rund um den Winterreifen?
Winterreifen werden seit Anfang der 50er Jahre überwiegend mit „M&S“ oder „M+S“ gekennzeichnet, das für „Mud and Snow“ oder „Matsch und Schnee“ steht. Die Buchstaben zeichnen zwar grundsätzlich alle Winterreifen aus, allerdings unterliegt die Angabe keinen offiziellen Prüfungen. Daher warnen Experten schon seit Jahren davor, der Bezeichnung blind zu vertrauen. „Moderne Winterreifen tragen daher zusätzlich das Schneeflocken-Symbol“, sagt Ruprecht Müller.
Außerdem hat die EU im vergangenen Jahr ein Ampelsystem eingeführt, wie es schon bei Kühlschränken oder Fernsehern im Einsatz ist. Anders als die Energieeffizienz geben die Farben Rot, Grün und Gelb mit ihren jeweiligen Abstufungen Auskunft über drei Schlüsseleigenschaften: den Rollwiderstand, das Bremsverhalten auf nasser Fahrbahn und die Geräuschentfaltung beim Abrollen auf dem Asphalt.
11. Wie teuer wird der Reifenwechsel?
Die Kosten für Winterreifen und deren Montage variieren von Werkstatt zu Werkstatt deutlich. „Daher empfehlen wir, sich mindestens fünf Angebote in der Region einzuholen, und danach zu entscheiden“, sagt Ruprecht Müller. Ideal sei ein Querschnitt von kleinen ortsansässigen Werkstätten, Autohäusern und Reifendienst-Ketten.
Durchschnittlich verlangen die Mechaniker für den Reifenwechsel zwischen 10 und 58 Euro. Dabei hängt der Preis auch von der Größe der Reifen ab. SUV-Fahrer zahlen mehr als Kleinwagen-Besitzer. Etwa die Hälfte der Betriebe in Deutschland verlangt außerdem einen Aufschlag von 4 bis 14 Euro für die Arbeit mit Leichtmetallrädern.
Müssen die Reifen auch noch gewuchtet werden, belaufen sich die Preise laut ADAC auf 27 bis knapp 100 Euro. Beim Wuchten werden die Reifen mit kleinen Gewichten so austariert, dass sie genau gleich schwer sind und somit das Auto gleichmäßiger über die Fahrbahn rollen kann. Passiert das nicht, kann eine Unwucht die Stoßdämpfer stark belasten und das ganze Fahrzeug instabil werden.
12. Worauf muss beim Selberwechseln geachtet werden?
Die meisten Fehler passieren schon ganz einfach dadurch, dass die Schrauber daheim nicht in die Bedienungsanleitung schauen. „Jedes Auto ist anders. Ein Blick in die Bedienungsanleitung lohnt sich also“, sagt Müller. „Vor dem Anheben sollte der erste Gang eingelegt und die Handbremse angezogen sein.“ Der Wagenheber dürfe dann nur dort angesetzt werden, wo der Hersteller es angegeben hat. Sobald die Schrauben gelöst wurden und der alte Reifen abgenommen ist, sollte die Auflagefläche mit einer Stahlbürste von Rost gereinigt werden. Wichtig ist auch, die für das jeweilige Rad passende Schraube zu verwenden. Die Radschrauben selbst mit dem vorgeschrieben Drehmoment anziehen.
Beim Aufziehen der Reifen muss die Laufrichtung eingehalten werden, damit Wasser und Matsch auch über die Rillen richtig abgeleitet werden kann. Dann die Schrauben fest anziehen, und nach 20 Kilometern Fahrt noch einmal nachziehen.
Tipps zum Einlagern der Reifen
13. Was ist beim Einlagern wichtig?
Beim Lagern in der eigenen Garage oder dem Keller sollte auf ein paar Kleinigkeiten geachtet werden. Reifen mögen es kühl, trocken und dunkel. Da sie häufig in der Nähe des Autos stehen, sollte der Besitzer darauf achten, dass sie nicht mit Öl, Fett oder Lösungsmitteln in Berührung kommen. Auch ein Fensterplatz sollte vermieden werden – vor allem, weil dort gerne die tief stehende Wintersonne hinein scheint.
Vor dem Einlagern ist es sinnvoll, den Luftdruck an der Tankstelle um 0,5 bar gegenüber den Herstellerangaben zu erhöhen, da der Reifen im Laufe der Zeit Druck verliert. Außerdem ist es wichtig, die einzelnen Reifen mit „VR“ für vorne rechts oder „HL“ für hinten links zu markieren, damit sie nach sechs Monaten auch wieder an der richtigen Stelle montiert werden, rät der ADAC.
Kompletträder, also Reifen auf Felgen sollten ebenfalls mit erhöhtem Luftdruck übereinander liegend gestapelt lagern, empfiehlt der Automobilclub. Alle anderen Reifen überstehen den Winter, beziehungsweise Sommer, am besten senkrecht auf einem trockenen Boden. Idealerweise werden sie alle paar Monate ein wenig gedreht.
Auch Autowerkstätten und Reifendienste bieten das Einlagern von Reifen gegen eine Jahresgebühr an. Auch hier gilt es, sich die Angebote genau anzuschauen, da die Preise stark variieren können.
14. Wie schnell darf man mit Winterreifen fahren?
Weil das Reifenprofil weicher ist als bei Sommerreifen, müssen Autofahrer mit Winterreifen etwas langsamer fahren. Auskunft über das neue Tempolimit gibt der sogenannte Geschwindigkeitsindex. Er wird mit einem Buchstaben hinter der Größenbezeichnung auf dem Reifen angegeben. „S“ steht dabei für ein Maximaltempo von 180 Stundenkilometern, „H“ für 210 Stundenkilometer.
15. Müssen entsprechende Regelungen auch im Ausland beachtet werden?
Ja und nein. In den Niederlanden, Polen, Kroatien, der Türkei, Irland und Großbritannien hat der Gesetzgeber keine Regelungen aufgestellt.
In Italien müssen Autofahrer in manchen Regionen wie Mailand oder Südtirol von November bis April mit Winterreifen fahren. In den Gegenden sind entsprechende Hinweisschilder aufgestellt. In Tschechien hingegen gilt von Anfang November bis Ende März für alle Straßen eine generelle Winterreifenpflicht. Gleiches gilt in Slowenien von Mitte November bis Mitte März – und darüber hinaus jederzeit bei winterlichem Wetter.
In Österreich gibt es keinerlei Einschränkung – mit Ausnahme von Lkw über 3,5 Tonnen. Auf eine Pflicht verzichten auch die Schweizer. Allerdings werden hier sehr hohe Bußgelder fällig, wenn es mit Sommerreifen zu einem Unfall kommt oder der Verkehr behindert wird. Auch für entstehenden Schaden muss eventuell mit gehaftet werden.