Biomining Bakterien als Goldgräber

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Metallverschnitt aus Kupfer

Riskant war das, denn der schwarze Schiefer in der Gegend galt als viel zu rohstoffarm. Mit traditioneller Technik wäre ein Abbau niemals profitabel gewesen. Doch die Biochemikerin Marja Riekkola-Vanhanen, die das Biomining jahrelang erforscht hat, war sich sicher, dass es klappen würde. Sie behielt recht: Schon 2010 verkaufte ihr Unternehmen 10 000 Tonnen Nickel und mehr als doppelt so viel biotechnisch gewonnenes Zink. Im dritten Quartal vergangenen Jahres meldete Talvivaara erstmals einen Gewinn von 25,4 Millionen Euro.

Dieses Jahr will Talvivaara zudem mit der Förderung von Kupfer, Kobalt und Uran mittels Biomining beginnen.

Denn das neue Verfahren kann noch viel mehr. Sotkamo ist weltweit die erste Lagerstätte, bei der verschiedene Metalle aus ein und derselben Lagerstätte bakteriell gewonnen werden. Diese biotechnologische Multi-Metallproduktion hat Biochemikerin Riekkola-Vanhanen erfunden. Sie entdeckte, dass die Bergbau-Bakterien aus einem Erz sogar viele verschiedene Metalle freisetzen können.

Stillgelegte Minen aktivieren

Biomining begeistert sogar Amateure. „Allerhand Leute sammeln jetzt Erz und wollen daheim Nickel gewinnen“, sagt die finnische Biochemikerin. Doch so einfach ist der Bakterienbergbau dann doch nicht: Temperatur, Feuchtigkeit, Säure- und Sauerstoffgehalt sowie die Größe des Granulats des Erzes hat die Forscherin über Jahre so abgestimmt, dass die Bakterien gedeihen und ihre Arbeit zügig verrichten. Diese Bedingungen müssen für jedes Erz neu justiert werden.

Doch die Mühe lohnt: Bakterienbergbau ist um ein Vielfaches billiger als die Hochofentechnik. Und er gilt laut dem Biotechnologen Wolfgang Sand von der Universität Duisburg-Essen sogar als umweltfreundlich, weil die gezüchteten Mikroben ohnehin in der Natur vorkommen. Einzig die verdünnte Schwefelsäure, die das Wachstum des Kleingetiers auf Touren bringt, kann dem Verfahren angelastet werden. Daher seien die Halden gegen den Untergrund abgedichtet. „Die verdünnte Säure wird immer im Kreis geführt, denn darin sammeln sich ja auch kostbare Metalle“, sagt Sand.

Auch in den Wäldern des sächsischen Erzgebirges soll die Technik den Bergbau wiederbeleben. Im November hat Geos-Geologe Richter an der Grenze zu Tschechien begonnen, alte, zugemauerte Bergwerksstollen wieder zu öffnen. 50 Männer mit Schutzhelmen und Arbeiterkluft baggern hier unter anderem nach dem Mineral Flussspat, das für die Kunststoffherstellung und Glasproduktion benötigt wird.

Ab 2012 will Richter aus der Lagerstätte zudem Metalle wie Kupfer, Indium, Germanium und Silber biotechnologisch fördern, die in der Elektro- und Fahrzeugindustrie eingesetzt werden. Bis zu 14 Millionen Euro will er investieren. „Die Metalle im Erzgebirge sind geringwertig, aber mit Biomining wirtschaftlich abbaubar“, sagt Richter. Sogar Nickel und die von der High-Tech-Industrie dringend benötigten Seltenen Erden könne man mikrobiell in Sachsen gewinnen, glaubt er.

Diese Entdeckung hat besondere Brisanz: Denn die meisten Seltenen Erden stammen aus China. Erst im vergangenen Jahr drosselte das Regime in Peking jedoch den Export der kostbaren Rohstoffe. Das macht der gesamten Industrie zu schaffen, weil ohne Seltene Erden kein Handy funktioniert und kein Auto startet. „Heimische Rohstoffe könnten solche Engpässe lindern“, sagt Richter.

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