Biomining Bakterien als Goldgräber

Seite 4/4

Eine Tonne Elektroschrott kann Quelle: AP

Das bislang übliche Lowtech-Biomining verschmilzt dann mit komplexer Biotechnologie.

Und die Technik wird schon bald selbst Städte zu Rohstoffquellen machen. Schon länger debattieren Politiker und Forscher, wie sie die Rohstoffversorgung durch gründlicheres und effizienteres Recycling ver-bessern können: Elektronikschrott etwa -enthält mitunter mehr Rohstoffe als das -Erdreich. Eine Tonne Erz etwa birgt fünf Gramm Gold – eine Tonne Handys bis zu 300 Gramm.

Trotzdem werden beispielsweise alte Monitore und Laptops noch immer vielfach nach Afrika oder Asien verschifft. Dort werden die Geräte oft verbrannt und das Metall aus der Asche gelesen. Die Dämpfe und Stäube vergiften Menschen und die Umwelt auf Jahre hinaus. „Nicht mehr lange“, sagt Geologe Richter, „wird das so gehen.“ Je teurer die Rohstoffe werden, desto mehr lohnt sich das Recycling.

Bakterien als Recyclinghelfer

Ein Elektronikschrottbetrieb aus dem Kölner Raum und ein zweiter aus Sachsen – beide wollen nicht genannt werden – arbeiten bereits mit Richter an der biotechnologischen Rückgewinnung der wertvollen Metalle. Im Labor hat sich nämlich gezeigt, dass Bakterien bis zu 95 Prozent Zink, Aluminium, Kupfer, Nickel und Gold aus den Altgeräten herausholen können.

Das macht auch den weltweit agierenden Metallproduzenten Umicore aus Belgien hellhörig. Mit einem Umsatz von 6,9 Milliarden Euro ist das Unternehmen einer der fünf weltweit größten Elektroschrott-Recycler. Im Süden Antwerpens werden lasterweise geschredderte Computerteile angeliefert und auf große Haufen gekippt. Der Schrott wird im Ofen zu einer glühenden Masse eingeschmolzen aus der unter anderem Gold, Silber, Platin und Indium zurückgewonnen werden.

Das Problem: Während Laptops und Handys geschreddert werden, bleibt ein feiner Metallstaub auf den Plastikteilen hängen, die aussortiert werden. Der Einsatz der Steine fressenden Mikroben könnte dieses Leck in der Recyclingkette schließen. Umicore hat im Rahmen des EU-Projekts BioMine mit der neuen Technik experimentiert. „Biomining hat da seinen Wert, wo Metalle in sehr geringen Mengen vorliegen“, sagt der Projektmanager bei Umicore Koen Gommers.

Doch selbst wenn die Technik der Recycling- und Biotechbranche neue Tore öffnete: Kehrt damit tatsächlich der Bergbau nach Deutschland zurück? Die Arbeit in den Minen ist riskant und schmutzig. Boden und Wasser in den Abbauregionen sind oft auf Jahrzehnte verseucht. Wer hierzulande Gruben sprengt, muss mit einem „Akzeptanzproblem à la Stuttgart 21 rechnen“, warnt Geologe Schippers.

Doch Minenbetreiber Richter hat im sächsischen Erzgebirge ganz andere Erfahrungen gemacht. „Wir haben sehr früh eine öffentliche Anhörung gemacht. Es kamen nur Anwohner, keine Ökotouristen“, sagt er. „Und die Leute haben sich über die neuen Arbeitsplätze gefreut.“

Seit zwei Jahren bildet sogar die Ingenieurschule in Freiberg wieder Bergleute aus. Wahrscheinlich wird der Nachwuchs schon bald auch ein paar Kurse in Sachen Biotech belegen müssen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%