Bionik Die Natur als Erfinder

Seite 3/5

Der Rüssel von Elefanten...

Um die vielen Lösungsansätze, die die Natur bietet, auch wirtschaftlich nutzbar zu machen, gründete Rudolf Bannasch, ein Rechenberg-Mitarbeiter, im Jahr 2000 das Unternehmen Evologics aus dem Bionik-Lehrstuhl aus. Mit einer Idee, die vom Institut auf die Firma überging, sind die Berliner nun indirekt sogar Mitgewinner des Zukunftspreises 2010 geworden. Denn der ging im Dezember an ein bionisches Produkt des Automationsexperten Festo aus dem schwäbischen Esslingen: einen sehr flexiblen Roboterarm nach dem Vorbild des Elefantenrüssels. Der ist flexibel, überträgt hohe Kräfte und kann dennoch präzise zugreifen. Damit er das auch gefühlvoll tut, wurde das von Evologics entdeckte Fischflossenprinzip auf die Finger des Roboterrüssels übertragen. Sie reagieren genauso auf Druck, wie es eine Fischflosse tut.

...ist Vorbild für Roboterarme

Der Trick dabei: Die biegsamen Flossenstrahlen weichen in der Strömung dem Wasserdruck nicht aus, sondern stellen sich ihm entgegen. Diesen sogenannten Flossen-Strahl- oder Fin-Ray-Effekt hatten Bannasch und seine Mitarbeiter in eine Robotiksteuerung eingearbeitet. Die Konstrukteure des Roboterherstellers Festo und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart passten sie in den Rüsselgreifer ein.

Der Effekt: Der mit Druckluft gesteuerte sogenannte Fin-Gripper umschließt mit seinen vier Strahlenfingern aus biegsam-weichem Polyamid den Gegenstand, den er greifen soll, und passt sich exakt seiner Form an. Damit wird der Druck sanft und gleichmäßig verteilt. Ein rohes Ei aufzuheben oder ein Glas Wasser zu halten ist für den Greifer kein Problem. So kann er Obst und Schokoladeneier packen und sortieren, ohne Druckstellen oder Schoko-Bruch zu produzieren. Bisherige Greifer hatten dagegen wie eine Beißzange feste Druckpunkte, an denen sie zulangten.

Ein beweglicher Roboterarm, der spürt, wenn er zu fest zudrückt, kann als Montageautomat in der Fertigung, aber auch im Haushalt oder bei der Obsternte eingesetzt werden. Selbst zur Altenpflege könnte er taugen. Egal, was er tut, Manieren hat er: Reicht man ihm die Hand, erwidert er sanft den Händedruck.

Wie kaum ein anderes Unternehmen setzt Roboterspezialist Festo auf die Bionik und hat entsprechende Netzwerke und Ideenwerkstätten zusammen mit führenden Forschern aufgebaut. Für den Festo-Chef Eberhard Veit läutet der bionische Handling-Assistent auch ein neues Zeitalter bei der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine ein, die bisher von Not-Aus-Schaltern oder Schutzabdeckungen geprägt ist. Der neue Roboter sei nicht nur sanft zu Eiern oder Äpfeln, er sei auch für Menschen ungefährlich, sagt Veit: „Erstmals ist eine völlig gefahrlose Kooperation von Mensch und Maschine möglich.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%