Mobilfunk Warum Vodafone in die Krise stürzt

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Fehler zwei: Zu viel Einfluss der Konzernzentrale

„Think global, act local“ – Vodafone baute wie kein anderer Mobilfunkkonzern eine Weltmarke auf, bewahrte aber die nationalen Eigenarten. Dieses Erfolgsrezept gilt plötzlich nicht mehr.

Bisher strotzte die Deutschland-Tochter nur so vor Kraft. Von Kuczkowski und Joussen steuerten den Mobilfunkbetreiber so autonom, dass die Konzernzentrale in London kaum hineinregieren konnte. Der Erfolg gab ihnen recht: Beide Deutschland-Chefs schafften es, T-Mobile zumindest zeitweise zu überholen.

Doch diese Wagenburg-Zeiten sind vorbei. Immer stärker regiert die „Group“, wie die Konzernzentrale intern genannt wird, in den vor gut einem Jahr bezogenen und weit über Düsseldorf hinaus sichtbaren Vodafone-Campus hinein. Das Hochhaus mit seinen 18 Stockwerken sollte eigentlich zum Symbol für Angriffslust und Marktmacht werden. 5000 der gut 10.500 Vodafone-Mitarbeiter in Deutschland arbeiten hier.

Wer in diesen Tagen durch offene Teamräume ohne fest zugeordnete Arbeitsplätze streift, bekommt einen Satz immer wieder zu hören: „Das wird noch mit der Group heftig diskutiert.“ Bei fast allen Entscheidungsprozessen mischt sich London ein.

Zehn Gründe, warum der Handy-Empfang rumzickt
Das falsche Handy „Neu“ heißt nicht immer auch „besser“! Im Falle von iPhone 5 und Galaxys S3 hat eine Studie der Universität Alborg beispielsweise festgestellt, dass Antennenleistung der neuen Geräte gegenüber ihren Vorgängern nachgelassen hat. Quelle: REUTERS
Falsche Zeit, falscher Ort Mitunter liegt der Zähfluss gar nicht am Handy, sondern daran, dass man mitten in der Hauptverkehrszeit online ist … und sich die Übertragungskapazität einer Funkzelle mit zig anderen Menschen teilen muss. Wird’s leerer, wird’s auch schneller. Quelle: dpa
Gratis-Apps Kostenlose Spiele gibt’s nur scheinbar gratis, tatsächlich finanzieren sich viele über eingeblendete Werbung. Die Bilder, Banner oder Videos werden parallel zu anderen Daten empfangen und fressen nicht nur Bandbreite sondern auch Batteriepower. Quelle: dpa
Allzu mobil Wer mit Auto oder Zug unterwegs ist, hat oft schlechteren Empfang, weil das Metall des Wagens die Signale abschirmt. Und je schneller es voran geht, desto schwerer wird es für’s Handy, die Verbindung beim Funkzellen-Wechsel intakt und schnell zu halten. Quelle: dpa/dpaweb
Zu aktive Freunde Wer gut in sozialen Netzen verwurzelt ist, bekommt von seinen digitalen Freunden fortwährend Updates und Nachrichten, die alle (neben den normalen Online-Daten) übertragen werden müssen … und natürlich das Online-Tempo drücken. Quelle: REUTERS
Gleiche Telefone sind nicht gleich Hersteller beziehen die Bauteile Ihrer Handys von unterschiedlichen Quellen, und nicht alle sind – trotz identischen Aussehens – gleich gut bei Leistung oder Stromverbrauch. Allein vom Galaxy S3 gibt es mindestens zehn Varianten. Quelle: REUTERS
Zu viele Apps Haufenweise Apps auf dem Smartphone fressen nicht nur den Speicher auf, sondern können auch die Netzverbindung beeinträchtigen, weil ihr Betrieb im Telefon unerwünschte magnetische Störungen auslösen kann. Quelle: dpa

Das umständliche Abstimmungsprozedere zerrt am Nervenkostüm und untergräbt das Selbstbewusstsein der bisher so autonom agierenden Deutschen – vor allem, wenn die dafür Verantwortlichen vom Erzrivalen Telekom kommen. „Wir werden an der kurzen Leine stranguliert“, schimpft ein Mitarbeiter.

Denn Humm, der zwischen 2005 und 2008 Deutschland-Chef von T-Mobile war, füllt seine Rolle als Europa-Chef von Vodafone stärker aus als seine Vorgänger und greift aktiv ins operative Geschäft ein. Sein enger Vertrauter Karsten Pradel, der 2013 ebenfalls von der Telekom kam, wird noch öfter als Humm im Düsseldorfer Campus gesichtet. Er leitete sogar eine der vielen Projektgruppen, die nach Auswegen aus der Krise suchen. Auch dem Aufsichtsrat von Kabel Deutschland gehört er an.

In welche Fallen Europa-Chef Humm tappte

Humm und Pradel trieben schon bei der Telekom „die Organisation gemeinsam in den Wahnsinn“, berichtet ein Telekom-Manager, der nicht genannt werden will. Offiziell war Pradel von 2006 bis 2008 Strategiechef von Humm bei T-Mobile. Doch de facto war er dessen persönlicher Assistent. Zu seinen besonderen Aufgaben gehörte es, all die von Humm im Zwei-Wochen-Takt auf dem Reißbrett entworfenen Konzepte in Bereichsleitungen und Vertriebsabteilungen zu tragen. „Die alten Konzepte waren noch nicht umgesetzt, da lagen die nächsten auch schon auf Tisch“, erinnert sich der Telekom-Manager mit Grausen.

In der Vorstandsriege bei den damals für das Mobilfunkgeschäft verantwortlichen René Obermann und Timotheus Höttges kam Humms Hyperaktivität gut an. Doch am Ende sprang dabei selten etwas heraus.

Im Gegenteil: Das von Humm maßgeblich mit aufgebaute pyramidenartige Vertriebssystem mit vielen externen Partnern und noch mehr Subunternehmern schuf so viele unkontrollierte Zugänge zu internen Kundendatenbanken, dass sich auch Kriminelle einloggten. Sie konnten ungehindert die dort hinterlegten persönlichen Daten von Millionen Kunden herausziehen.

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