Mobilfunk Warum Vodafone in die Krise stürzt

Enttäuschte Kunden, frustrierte Mitarbeiter, schwere Managementfehler: Die neue Führungsriege steuert den einstmals so starken Mobilfunkchampion in eine schwere Krise. Ein Lehrstück über hausgemachte Fehler mit fatalen Folgen.

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 Philipp Humm und Adrian von Hammerstein Quelle: dpa

Philipp Humm ist im Moment des Triumphes normalerweise eher ein stiller Genießer. Gefühlsausbrüche sind dem neuen Europa-Chef von Vodafone fremd, meist huscht nur ein dezentes Schmunzeln über seine Mundwinkel. Wenn der 54-Jährige allerdings so viel Freude ausstrahlt wie am 13. Februar, dann muss es schon ein außergewöhnlich erfolgreicher Tag in seinem bewegten Managerleben sein.

Pünktlich um 10 Uhr steht Humm an diesem Mittwochmorgen im großen Ballsaal des Westin Grand Hotels in München genau dort, wo er schon immer hinwollte: ganz oben. Als neuer Aufsichtsratsvorsitzender von Vodafones neuer Festnetztochter Kabel Deutschland (KDG) fällt ihm die ehrenvolle Aufgabe zu, die Hauptversammlung zu leiten. Eigentlich geht es nur um einen formalen Akt. Der britische Mobilfunkriese bekommt die vollständige Kontrolle über seine jüngste Neuerwerbung, den für mehr als zehn Milliarden Euro geschluckten Konkurrenten Kabel Deutschland.

Gewinner und Verlierer im deutschen Mobilfunkmarkt 2013 Quelle: Unternehmensangaben

Aber Vodafones höchsten Repräsentanten in Europa geht es an diesem Tag um mehr: als starker Zampano wieder im Rampenlicht zu stehen und nach Jahren der Verbannung als Chef von T-Mobile in den USA ein Comeback auf der deutschen Telekommunikationsbühne zu feiern. Davon hat Humm jahrelang geträumt.

Dass ihm dies auf der Hauptversammlung mühelos gelingt, dafür sorgt schon die Sitzordnung. Abseits, an den äußersten rechten Rand der zweiten Sitzreihe gedrängt, verfolgt der neue Deutschland-Chef von Vodafone, Jens Schulte-Bockum, mit stoischem Gesichtsausdruck den Auftritt seines direkten Vorgesetzten. Gemeinsam traten die beiden am 1. Oktober 2012 ihre Chefposten an, doch seitdem hat sich das Machtgefüge verschoben. Humm, der intern den Spitznamen „Der kleine Gemeine“ trägt, will heute zeigen, wer das Sagen hat.

Aktuelle Geschäftsentwicklung von Vodafone Deutschland

Eigentlich müssten die beiden Top-Manager eng zusammenrücken und eine Notgemeinschaft bilden. Offiziell beteuert der 47-jährige Schulte-Bockum bei jeder Gelegenheit, wie eng er sich mit der Zentrale in London abstimmt und wie gut die Zusammenarbeit mit Humm funktioniert. Doch der Druck auf den ehemaligen Unternehmensberater, der von McKinsey zu Vodafone gekommen war und zuvor die niederländische Vodafone-Tochter leitete, war noch nie so groß. Seitdem er an der Spitze steht, hängt der Haussegen im neuen Vodafone-Campus im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt schief. Starker Chef, schlagkräftiges Managementteam, hoch motivierte Mitarbeiter und zufriedene Kunden – all die Tugenden, die die bis vor Kurzem so heile wie erfolgreiche Vodafone-Welt auszeichneten, gibt es nicht mehr.

Vodafone steckt in der schwersten Krise seit der Gründung der Deutschland-Tochter vor mehr als 20 Jahren. Ausgerechnet das Unternehmen, das seit der Übernahme des D2-Netzes von Mannesmann Mobilfunk wie kein anderes den Wettbewerb auf dem deutschen Telekommarkt belebt und als bisher einziger Konkurrent den Ex-Monopolisten mit dem besseren Netz, der cooleren Marke und dem kundenfreundlicheren Service vom Thron stoßen konnte, ist meilenweit von seiner Bestform entfernt. Das Netz läuft instabil, der Service ist überlastet, und viele Mitarbeiter sind derart demotiviert und frustriert, dass selbst treue Stammkunden zur Konkurrenz überlaufen oder nur durch heftige Preisnachlässe gehalten werden können (siehe Kurztexte).

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