2010-Fehler Der Dekaden-Bug schlägt nicht nur beim Plastikgeld zu

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Straßenbahn Düsseldorf

Dass Programmierfehler gemacht werden sei menschlich und verständlich, sagt Hendrick Speck, Informatikprofessor an der Fachhochschule Kaiserslautern.

Es sei jedoch schockierend, dass gerade im Fall der Geldkarten, wo erst kürzlich neu eingeführte Sicherheitschips für den Fehler verantwortlich sein sollen, das Problem nicht im Vorfeld erkannt wurde. „Das komplette Versagen der Qualitätsmanagement-Abteilung ist nicht zu erklären“, sagt Speck.

Mit dem Karten-Debakel seit dem Jahreswechsel bringen die Banken zunehmend Verbraucher und Handel gegen sich auf. Erste Schadenersatzforderungen wurden am Mittwoch laut. Zugleich wächst die Kritik am Krisenmanagement der Institute, nachdem das Problem beim Bezahlen in Geschäften und Tankstellen nach fast einer Woche noch immer nicht gelöst ist. Banken und Kartenhersteller suchen fieberhaft nach Wegen, um einen teuren Massenaustausch der rund 30 Millionen fehlerhaften Giro- und Kreditkarten in Deutschland zu vermeiden. Müssten alle betroffenen Karten ausgetauscht werden, könnte dies bis zu 300 Millionen Euro kosten.

Die fehlerhaften Karten stammen vom französischen Unternehmen Gemalto, der Nummer eins bei Chipkarten für Mobiltelefone und Kreditkarten. Sie enthalten einen neuen Chip, der die Karten sicherer machen soll. Um das Problem rasch zu lösen, haben Softwareexperten die Geldautomaten so umprogrammiert, dass sie nicht den Chip auslesen, sondern stattdessen auf den Magnetstreifen auf der Rückseite der Karte zugreifen.

Manche Einzelhändler behelfen sich mit einem Trick: Sie überkleben den Chip mit Klebeband, die Lesegeräte greifen dadurch ebenfalls auf den Magnetstreifen zu.

„Solche Fehler werden künftig mehr und mehr passieren“

Er fürchtet allerdings, dass sich im Zuge der zunehmenden Digitalisierung des Alltags solche Probleme in der Zukunft verstärkt auftreten werden. Denn ob Gesundheitskarte oder Steuererklärung - immer mehr Daten werden elektronisch verarbeitet. „Solche Fehler werden künftig mehr und mehr passieren“, sagt Speck.

Während sich Softwarefehler durch Updates relativ schnell beheben lassen, drohen größere Schwierigkeiten mit sogenannten embedded devices, den in immer mehr Gegenständen und Geräten implementierten elektronischen Steuerungseinheiten und Chips. Wenn dort fehlerhafte Informationen eingebrannt sind, lassen sie sich oft nicht so schnell beheben.    

Der Berliner Informatikprofessor Prechelt warnt jedoch vor Alarmismus. Ingenieure würden aus solchen Fehlern für die Zukunft lernen. Allerdings werde durch die Vernetzung die Breite der Auswirkungen solcher Probleme wird immer größer. "Früher war es undenkbar, dass eine technische Panne 30 Millionen Personen betrifft", sagt Prechelt, "heute ist das ganz normal".

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