2010-Fehler Der Dekaden-Bug schlägt nicht nur beim Plastikgeld zu

Neben EC- und Kreditkarten gibt es auch bei E-Mailanbietern, Mobiltelefonen und Straßenbahnen Ärger mit der Jahresumstellung. Die Probleme könnten Nachwehen des ausgebliebenen Millenium-Bugs sein.

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Der Millenium-Bug kommt mit Quelle: REUTERS

Es war das Horrorszenario zu Beginn dieses Jahrtausends: Der Millenniums-Bug könnte unzählige Computersysteme zum Absturz bringen, so die Befürchtung.

Der sogenannte Y2K-Fehler und das große Chaos blieben allerdings aus.

Doch nun kommt es zehn Jahre später zu zahlreichen technischen Schwierigkeiten beim Jahreswechsel und die sind möglicherweise Nachwehen des Milleniumsproblems.

Die Besitzer von 30 Millionen EC- und Kreditkarten haben seit dem ersten Januar Probleme beim Geldabheben und der Kartenzahlung. Nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) können bei etwa einem Drittel der deutschen Einzelhändler die Karten nicht eingesetzt werden.

Grund ist ein fehlerhaft programmierter Microchip, das Problem soll bis zum kommenden Montag gelöst sein. Die Verantwortung für die Kartenpanne hat der französische Hersteller Gemalto übernommen. Dem Unternehmen drohen  Schadenersatzforderungen.

Probleme mit dem Jahreswechsel bei E-Mails, Mobiltelefonen und Straßenbahnen

Doch nicht nur die Geldkarten sind betroffen, auch bei E-Mails und anderen Softwareanwendungen grassiert der Dekaden-Bug.

Sogar Straßenbahnen sind vom 2010-Fehler betroffen.

Seit Jahresbeginn kämpft die Düsseldorfer Rheinbahn mit Problemen bei den elektronischen Anzeigetafeln ihrer Niederflurbahnen. „Sonderfahrt“ oder „Außer Betrieb“ wurde statt der Bahnnummern angezeigt, die Fahrer informierten die Fahrgäste mit selbst gebastelten Papierschildern oder per mündlicher Durchsage darüber, um welche Bahn es sich handelt. Als Ursache des Problems werden Schwierigkeiten bei der Datumsumstellung vom 31.12.2009 auf den 1.1.2010 vermutet.

Ärger haben auch manche Nutzer mit ihren E-Mails. So werden unter anderem bei GMX und 1&1 viele Nachrichten fälschlicherweise als Spam aussortiert. Denn das von den Dienstleistern genutzte Filterprogramm SpamAssasin stuft teilweise in diesem Jahr versandte Mails irrtümlich als Werbemüll ein.  

Ähnliche Schwierigkeiten gibt es bei einer Sicherheitssoftware des Anbieters Symantec.

Das Antivirenprogramm Endpoint Protection Manager bezeichnet Inhalte mit einer Signatur ab dem 1.1.2010 als abgelaufen. Das Unternehmen arbeitet derzeit an einer Lösung.

Nach Berichten des Fachblogs WMExperts gibt es auch Schwierigkeiten beim Verschicken von Textnachrichten auf Mobiltelefonen. Betroffen seien demnach einige Smartphones, die als Betriebssystem Windows Mobile einsetzen. Nutzer berichten über Textnachrichten, die statt 2010 auf das Jahr 2016 datiert seien. Microsoft untersucht derzeit gemeinsam mit Geräteherstellern und Mobilfunkanbietern das Problem.  

"Solche Fehler werden künftig mehr und mehr passieren"

Im Fall der SMS aus der Zukunft könnte die Nutzung von Hexadezimalzahlen eine Rolle spielen. Diese Zählweise wird seit Jahrzehnten in der Datenverarbeitung eingesetzt, wobei neben den Ziffern von 0 bis 9 noch zusätzlich die Buchstaben von A bis F verwendet werden. Die Nutzung dieser 16 Zeichen bedeut aber, dass die 10 im Hexdezimalsystem in der allgemeingebräuchlichen Binärzählweise als 16 ausgegeben wird.

Noch ist unklar, ob dies wirklich die Ursache ist. Auch ob die verschiedenen Vorfälle ähnliche Hintergründe haben kann man noch nicht beurteilen. Allerdings berichtet der australische "Sydney Morning Herald" über Probleme bei der Zahlungsabwicklung zwischen Einzelhändlern und Banken. Dort würden die Systeme ebenfalls annehmen es wäre das Jahr 2016. Dies ist ebenfalls ein Indix für die Hexadezimal-Theorie.

Ein andere Erklärung sieht in den Schwierigkeiten Spätfolgen des Millenium-Fehlers. Im Jahr 2000 lag die Schwierigkeit darin, dass zahlreiche Computersysteme bis dahin die Jahreszahl wie auch Tages- und Monatsangaben nur zweistellig erfasst hatten. Die Umstellung auf 00 hätte daher als das Jahr 1900 interpretiert werden können. Doch die rechtzeitige Vorbereitung auf die Problematik und Anpassung der Systeme funktionierte weitgehend.

"Die jetzigen Schwierigkeiten könnten Nachwehen des Jahr-2000-Problems sein", sagt Lutz Prechelt, Informatikprofessor an der Freien Universität Berlin. Denn damals haben sich viele Programmierer mit einem Trick beholfen: Statt die Zählweise von zwei- auf vierstellig zu ändern, hätten sie einfach das Zählfenster auf den Jahreszeitraum 1910 bis 2009 verschoben. Danach hätten sie schlichtweg vergessen, den Zeitraum erneut weiterzudrehen. Diese Erklärung gelte aber nur für Fälle wo die betroffenen Anwendungen älter als zehn Jahre sind.

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