Besser Fernsehen übers Internet Was Online-TV wirklich taugt

Mit dem Umstieg auf die neue Empfangsart DVB-T2 endet die Ära des kostenlosen Antennenfernsehens. Zum Glück gibt es TV-Alternativen aus dem Internet. Was die Netz-Konkurrenz zu bieten hat.

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Fernsehen über IP: Eine willkommene Alternative zu DVBT-2. Quelle: Getty Images

Gut eine Woche nach dem Start des neuen, hochauflösenden Antennenfernsehens DVB-T2 in Teilen Deutschlands atmen die Verantwortlichen auf. Abgesehen von – je nach Region – einigen Hundert schwierigen Fällen haben offenbar die meisten TV-Nutzer ihre digitalen Antennenempfänger inzwischen aktualisiert. Nun können sie TV-Kanäle in deutlich besserer Auflösung empfangen.

Langfristig sind aber nur die öffentlich-rechtlichen Sender kostenlos. Parallel zur Umschaltung auf das hochauflösende TV-Bild schaltet der Betreiber die Übertragung der Privatsender in herkömmlicher, niedriger Auflösung ab und verlangt für die HD-Variante Geld. Wer nicht zahlt, sieht ab Anfang Juli, wenn die kostenfreie Testphase ausläuft, via Antenne kein Privatfernsehen mehr.

5,75 monatlich Euro berechnet der DVB-T2-Betreiber, die Freenet-Tochter Media Broadcast aus Köln, für die Freischaltung von Pro7, RTL, Sat.1 & Co.. Wie groß die Zahlungsbereitschaft der Kunden tatsächlich ist, lässt sich noch nicht abschätzen. Ein Sprecher der Media Broadcast sprach auf WirtschaftsWoche-Anfrage nur vage von „einer erfreulich hohen Nachfrage nach Freenet-TV-Guthabenkarten“. Konkreteres gibt es bislang nicht. Die Schweigsamkeit hat Gründe.

Wie die Deutschen ihr TV-Signal empfangen

Riskante Strategie fürs Privatfernsehen

Schließlich entscheidet die Resonanz der TV-Nutzer auf die monatliche Pauschale über den Erfolg der Umschaltung als Ganzes – und damit sogar über die Zukunft des digitalen Antennenfernsehens in Deutschland. Die Bezahlschranke ist eine riskante Strategie. Kostet sie doch das digitale Antennenfernsehen sein Alleinstellungsmerkmal: den entscheidenden Kostenvorteil gegenüber den anderen Verbreitungswegen – Satellit, Kabel oder Internet.

Bislang reichte es zumeist, einen Fernseher mit integriertem Empfänger für DVB-T-Signale und eine kleine Zimmerantenne zu besitzen, um alle wichtigen deutschen TV-Programme ohne weitere Kosten zu empfangen. Damit ist es nun vorbei, zunächst in den ersten Umschaltregionen in rund der Hälfte Deutschlands, anschließend in mehreren Schritten bis Mitte 2019 auch im Rest der Republik.

Zum April wurde der Hebel umgelegt, nun gehört das alte Antennensignal DVB-T der Vergangenheit an und der neue Standard DVB-T2 wird etabliert. Vorteile, Ärgernisse und Alternativen im Überblick.

Spätestens jetzt stellt sich die Frage nach sinnvollen Alternativen zum Antennenfernsehen, dass ohnehin seit gut zehn Jahren bei nur noch rund fünf bis fünfeinhalb Prozent Marktanteil herumdümpelt.

Wichtigster und am stärksten wachsender Konkurrent sind die TV-Angebote aus dem Internet, die das Antennenfernsehen bereits überholt haben und inzwischen – zulasten des Kabelempfangs – Richtung siebeneinhalb Prozent Marktanteil streben. Tendenz: weiter wachsend. Vor allem für Fernsehen-Fans, die ohnehin schon einen schnellen Online-Zugang nutzen, lohnt sich der Blick auf die im Technikerjargon „IPTV“ genannten TV-Dienste der Internet-Anbieter. Und speziell einer prescht gerade mit einem besonders aggressiven Kampfpreis vor, der explizit auf die DVB-T-Kundschaft zielt.

Konkurrenz durch die Deutsche Telekom: StartTV

Ab Mai nämlich bietet die Deutsche Telekom mit dem neuen StartTV Paket für gerade mal zwei Euro monatlich den Zugriff auf rund 100 TV-Sender, 22 davon in HD-Qualität. Die Privatsender gibt es zwar für das Geld auch nur in klassischer SD-Qualität. Aber immerhin sind sie im Programmbouquet enthalten.

Wer sich für den Einstieg ins Telekom-Digitalfernsehen entscheidet, benötigt zudem noch einen Empfänger, der den Datenstrom aus dem Internet wieder in TV-taugliche Signale umwandelt. 2,95 monatlich berechnet die Telekom dafür; alternativ einmalig knapp 80 Euro beim Kauf. Empfänger und Monatsabo kombiniert kosten 4,95 Euro und bleiben damit klar unter dem Freenet-Preis.

Was Sie tun müssen, damit der Fernseher nicht schwarz bleibt
Digitalfernsehen DVB-T2 Quelle: dpa
Settop-Boxen Quelle: dpa
Im europäischen Ausland wie in Österreich, Frankreich oder Großbritannien kommt zwar ebenfalls schon DVB-T2 zum Einsatz, allerdings fußt die Übertragung hier nicht auf HEVC, sondern auf einem anderen Codec. „Es hat also keinen Sinn, DVB-T2-Boxen oder Fernseher im Ausland zu kaufen: Diese funktionieren in Deutschland nicht”, warnt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Quelle: dpa
Fernseher und Receiver Quelle: dpa
Fernseher und Receiver Quelle: dpa
GebührenFreenet TV verlangt für die privaten HD-Programme ab Juli 2017 eine Jahresgebühr in Höhe von 69 Euro. „Dann wird eine Guthabenkarte benötigt, die zunächst für ein Jahr gültig ist und nicht automatisch verlängert wird”, erklärt Knott. „Diese Guthabenkarte lässt sich wahlweise telefonisch oder online unter Angabe eines Codes und der Freenet-TV-ID aktivieren.” Diese ID ist etwa auf einem Aufkleber am Receiver ablesbar. Quelle: dpa
DVB-T-Antenne bleibt funktionsfähig Quelle: dpa

Ganz ohne Fußangel ist die Offerte aber nicht. Verfügbar ist sie nur für Fernsehzuschauer, die bereits Telekom-Kunde sind (und mindestens einen 16 MBit/s schnellen ADSL-Internetzugang besitzen). Über Web-Zugänge konkurrierender Anbieter lässt sich StartTV nicht nutzen.

Telekom Entertain

Das hat das Einstiegspaket mit dem deutlich umfangreicheren Telekom-TV-Dienst Entertain gemein. Der kostet inklusive Internet-Zugang, Aufnahmefunktion im Netz, zeitversetzter Wiedergabe und Telefon-Flatrate im ersten Jahr ab 25 Euro. Im zweiten Jahr steigt der Preis auf knapp 45 und anschließend sogar rund 50 Euro. Was dem Paket fehlt – der Fairness halber aber auch DVB-T2 nicht bieten kann – ist die Option, die gestreamten TV-Programme auch unterwegs, etwa über eine Smartphone oder Tablet-App anzuschauen.

IPTV von 1&1

Technisch eng verwandt mit Entertain (und ebenfalls fest an einen Online-Anschluss gekoppelt) ist das IPTV-Paket, das Kunden des Internetanbieters 1&1 buchen können. Schließlich tritt 1&1 nur als Wiederverkäufer der Telekom-Offerte auf.

Für 9,99 Euro monatlich bekommen Kunden eine Kombi aus gut 100 Sendern – gut 20 (primär die öffentlich-rechtlichen) in HD-Qualität, die privaten in SD-Auflösung – und der erforderlichen Empfänger-Box. Ein Abruf  der Programme über eine App ist auch hier nicht vorgesehen. Als Ersatz für den digitalen Antennen-TV-Empfang ist das zwar nicht zwingend erforderlich, es geht auch anders.

Vodafone: DSL und Fernsehen ab 29 Euro

Ähnlich wie bei der Telekom und 1&1 ist das IPTV-Angebot von Vodafone ebenfalls an einen bestehenden Internetzugang gebunden. Der Vodafone TV DSL genannte Fernsehdienst lässt sich für 8,99 Euro im Monat zu jedem bestehenden Internetzugang mit mindestens 6 MBit/s Geschwindigkeit hinzubuchen. Wer Fernsehen im Bündel mit einem Vodafone-DSL-Anschluss buchen will, bekommt beides ab knapp 29 Euro im Monat. Privatsender in HD-Qualität sind darin bereits enthalten. Den erforderlichen TV-Empfänger gibt es für die Laufzeit des Vertrages kostenfrei dazu.

Noch umfangreicher ist das TV-Angebot, das Vodafone unter dem Namen GigaTV vermarktet. Für knapp 20 Euro monatlich bietet es – neben 64 HD-Programmen und 122 Sendern in SD-Qualität – auch noch Zugriff auf Filme und Serien in 4K-Auflösungen. Voraussetzung für letzteres ist allerdings ein Web-Zugang mit mindestens 50 MBit/s Tempo. Daneben bietet das Paket den Zugriff auf Online-Videotheken und einen digitalen Video-Rekorder im Internet. Und zumindest Abonnenten des GigaTV-Pakets können die Programme auch über die zugehörige App unterwegs vom Smartphone oder Tablet verfolgen.

Zattoo: Alternative aus der Schweiz

Komplett unabhängig vom Web-Zugang ist der Fernsehdienst von Zattoo. Und nicht bloß das: Der in der Schweiz ansässige Web-TV-Anbieter ermöglicht den Zugriff auf 74 TV-Kanäle, davon sechs in HD-Qualität in seinem Basisdienst ZattooFree komplett kostenfrei. Dafür spielt der Anbieter allerdings – wie bei vielen sogenannten Freemium-Angeboten im Internet – beim Umschalten kurze eigene Werbepausen ins Programm ein.

Außerdem fehlen im Gratisangebot bis auf wenige Ausnahmen die relevanten Privatsender.

Wer die übers Netz sehen will, muss das 9,99 Euro teure ZattooHiQ-Angebot buchen. Dafür gibt es dann rund 90 Programme, 35 davon in HD-Auflösung, die prominenten Privaten aber ebenfalls nur in SD-Qualität. Dafür glänzt der Web-TV-Dienst mit weiteren Komfortfunktionen fürs traditionelle TV-Programm, die DVB-T2 via Antenne nicht bietet. Bei zahlreichen Sendern beispielsweise lässt sich eine bereits gestartete Sendung noch einmal auf den Anfang zurücksetzen und mit Zeitversatz zuende schauen. Die Inhalte einiger Programme bleiben sogar bis zu sieben Tage nach Sendetermin noch abrufbar. Zudem fallen die Werbepause beim Umschalten weg.

Was sich 2017 für Verbraucher ändert

Und, mithilfe der Zattoo-App lassen sich die Web-TV-Programme auf nahezu beliebigen Endgeräten ansehen, auf Smart TVs, Streaming Sticks, Smartphones, Tablets, Computern, Spielekonsolen, AppleTV, etc. Ein Abo reicht, und die Programme flimmern, ausreichend schnelles Internet vorausgesetzt (ab 4 MBit/s für „Free“, ab 7 MBit/s für HiQ) über alle Kanäle.

MagineTV

Ähnlich funktioniert Internet-Fernsehen beim Zattoo-Konkurrenten MagineTV, der ebenfalls – neben der Option TV-Inhalte via PC-Browser abzurufen – auch Apps für vielfältigste Geräte im Angebot hat; vom Smartphone über Tablets, ChromeCast, AppleTV bis zur App für Fernseher auf Basis von Android TV.

MagineTV liefert im Gratis-Programmpaket alle öffentlich-rechtlichen Sender sowie die Privatsender Sport1, TELE 5, N24, Comedy Central, VIVA, Nickelodeon und einige mehr. Die Privatsender der Pro7/Sat. 1-Gruppe und von RTL gibt es erst im „Basic“ genannten Bündel aus 37-TV-Programme zumindest in SD-Auflösung. Das Premium-Paket umfasst 75 Programme, davon mehr als 30 in HD. Die Privaten allerdings gibt es auch bei dieser Internet-Offerte nur in geringerer Bildqualität.

Zumindest an der Stelle bleibt also das neue Antennenfernsehen DVB-T2 vorerst die günstigste Option fürs hochauflösende Privatfernsehen.

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