Campus-Chef Der große Profiteur der Krise

Thomas Carl Schwoerer, Chef und Eigner des Campus-Verlags, erwartet eine Hochkonjunktur bei Wirtschaftsbüchern. Dem Verleger hilft ein dichtes Netz von Freundschaften und Kontakten zu Kollegen, Autoren und Agenten. Die sagen dem 53-Jährigen ein besonderes Gespür für gute Bücher nach.

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Campus-Chef Thomas Carl Schwoerer:

FRANKFURT. Das minuziös gemalte Bild in seinem lichtdurchfluteten Eckzimmer, das ihm seine Verlagsmitarbeiter vor Jahren zum 45. Geburtstag geschenkt haben, ist quasi Programm. In der Mitte leuchtet die amerikanische Flagge mit der Aufschrift für New York City. Thomas Carl Schwoerer, Chef und Eigner des Campus-Verlags, kennt die Vereinigten Staaten und den Big Apple wie seine Hosentasche. In dieser Verlagsmetropole hat der Unternehmer viele Jahre gelebt. Über Manhattan hat er ein Netz von Freundschaften und Kontakten zu Verlegern, Autoren und Agenten gezogen, die ihm immer wieder Scoops im harten Kampf um die besten Wirtschaftsbücher bescheren.

Sein jüngster Einkauf ist Starökonom Nouriel Roubini. Das neue Buch des Erfolgsautoren, der auch für das Handelsblatt schreibt, wird am 11. Mai erscheinen. Schwoerer hat sich die deutschen Rechte am Opus "Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft" gesichert. Das Buch, das Roubini mit Stephen Mihm geschrieben hat, erscheint zeitgleich in New York bei Penguin. Eine verlegerische Leistung, die in der Branche anerkannt wird. "Schwoerer hat ganz einfach eine Nase für gute Wirtschaftsbücher", sagt einer seiner deutschen Autoren.

So ein Coup will gut vorbereitet sein. Bereits vor einem Jahr hat er das Buch in New York eingekauft und zeitgleich übersetzen lassen. Was die Rechte gekostet haben, darüber schweigt der sportliche 1,95-Mann mit dem sanften Lächeln. Er sagt nur ausweichend: "Die Preise für Lizenzen sind höchst unterschiedlich und sehr individuell. Es reicht von ein paar tausend Euro bis zu sechsstelligen Summen. Das ist alles Verhandlungssache." Viel lieber erzählt der Verleger wie er es geschafft hat, das Buch an Land zu ziehen: "Wir haben gute Beziehungen zu den Originalverlagen. Ich bin ein paarmal im Jahr in New York und kenne die Ansprechpartner seit Jahren." Zusammen mit seiner Programmchefin Annette C. Anton sucht er immer wieder nach spannenden Neuerscheinungen.

Bei Penguin ist auch die Autobiographie des früheren US-Notenbankchefs Alan Greenspan erschienen. Auch dieses Buch hat Schwoerer in Deutschland verlegt. Das hat die Roubini-Entscheidung zu seinen Gunsten beschleunigt. Davon ist er überzeugt.

Campus ist der Marktführer bei Wirtschaftsbüchern in Deutschland. Das Familienunternehmen, das zur Hälfte Thomas Carl Schwoerer und dem Beltz-Verlag gehört, ist noch vergleichsweise jung. 1975 hatte Vater Frank Schwoerer, ein Buchmanager bei Herder, seinen eigenen Verlag gegründet. Sein Sohn, ein studierter Diplom-Volkswirt, stieg früh in das Geschäft ein. Vor 24 Jahren begann er als Lektor zu arbeiten. Seit 15 Jahren fungiert er als alleiniger Verleger.

In Krisenzeiten hat das Buch Hochkonjunktur. Auch der Campus-Verlag profitiert von der Rezession, von der Suche nach Antworten auf die extremen Verwerfungen an den Märkten. Schwoerer wird zum Profiteur der Krise. Das Geschäft des Verlags mit zuletzt rund zehn Millionen Euro Umsatz läuft rund. "Im ersten Quartal haben unsere Umsätze im Buchhandel um sechs Prozent zugelegt. Man darf zuversichtlich sein", sagt er. "Erfolge geben einem die Kraft weiter zu machen." Der Verlag erzielt eine Umsatzrendite im oberen einstelligen Bereich. Campus ist ein Hochleistungszentrum. Mit gerade mal 37 Mitarbeitern verlegt Schwoerer jährlich rund 200 Titel aus Wirtschaft, Politik, Geschichte und Wissenschaft. Zu den Autoren gehören Jeremy Rifkin, Fredmund Malik oder Paul Krugman. Statistisch vergeht kaum ein Werktag ohne ein neues Campus-Buch. Das meiste Geld verdiente Schwoerer bislang mit einem evangelischen Pfarrer aus München. Tiki Küstenmachers Ratgeber "Simplify your Life" verkaufte sich allein in Deutschland mehr als zwei Millionen Mal.

Das Inhaber geführte Unternehmen Campus hat im Vergleich zu den Giganten der Branche wie Random House, eine Tochter des Medienkonzerns Bertelsmann, einen Vorteil: Die Entscheidungswege sind kurz. "Wir sind sehr schnell, das ist der Vorteil eines Familienunternehmens", sagt Schwoerer, der seit 1995 die Geschäftsführung inne hat. Der Verleger gilt in der Branche als durchaus risikofreudig, wenn es um den Kauf von Lizenzen geht. Doch Schwoerer geht es nicht nur um das Geschäft. Der überzeugte Pazifist - er ist Bundesvorsitzender des Anti-Kriegsdienstverbandes DFG-VK - will Bücher machen, die Debatten in der Gesellschaft auslösen, mit "Ideen, die etwas bewegen". Anfang des Jahres erschien beispielsweise das neue Mammutwerk von Jeremy Rifkin, "Die empathische Zivilisation", das neue Wege zu einem globalen Bewusstsein aufzeigt.

Der Wille zur Veränderung ist ein Teil der DNA des Verlags. "Es ist das Anliegen des Verlags und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Gesellschaft und den Einzelnen voranzubringen", heißt es in den Leitlinien von Campus.

Im 35. Jahr seines Bestehens steht Campus wie andere Verlage in überschaubarer Größe aber vor großen Herausforderungen. Denn die Marktbereinigung im Buchhandel läuft auch Hochtouren. Die Macht von Branchengiganten wie Thalia oder Weltbild/Hugendubel wächst. "Die kleinen Verlage haben zunehmend Probleme, in die Regale der Buchhandlungen zu kommen", berichtet Schwoerer nüchtern.

Inhalte auf allen Kanälen

Der Buchhandel ist eine Art Nadelöhr für konzernunabhängige Verlage geworden. Im Kampf ums Regal geht es ums Geld. Denn die Händler fordern mehr Prozente und indirekte Subventionen zum Ärger der Verlage. Schwoerer ist jedoch nicht zu weiteren Kompromissen mit den Handelsgiganten bereit: "Das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Wir können dem Handel nicht noch mehr Prozente geben."

Die Zukunft treibt ihn um. Überlebt das Buch? Welche Rolle spielt das elektronische Publizieren im Internet und auf dem Mobiltelefon in Zukunft? Schwoerer hat klare Ziele: "Bis 2015 wollen wir zehn Prozent unserer Erlöse mit dem elektronischen Publizieren erzielen."

Campus will künftig mit seinen Inhalten auf allen Kanälen vertreten sein - egal ob zwischen zwei Buchdeckeln oder auf den Bildschirmen der Apple-Handys iPhone. Derzeit spricht der Verlag mit dem Computerhersteller aus Kalifornien. Noch in diesem Jahr wollen die Frankfurter erste Apps auf den Markt bringen. Denn Schwoerer weiß: wer sich nicht verändert, hat im schnelllebigen Mediengeschäft schon verloren.

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