Cebit-Chef Oliver Frese „Big Data nutzt den Menschen“

Jugend forscht – auch auf der Cebit: Die IT-Messe will Schüler und Studenten anlocken, um sie für Technologie zu begeistern. Messechef Oliver Frese hofft zudem auf einen Nebeneffekt: Endlich wieder mehr Besucher.

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Cebit-Chef Frese: „Mit dem Motto haben wir einen Nerv getroffen.“ Quelle: dpa

Big Data klingt seit den Enthüllungen von Edward Snowden gleich auch nach Big Brother. Dem will die Cebit etwas entgegensetzen: Die IT-Messe, die vom 10. bis 14. März wieder ihre Tore öffnet, setzt den verantwortungsvollen Umgang mit großen Datenmengen auf die Agenda. Messechef Oliver Frese berichtet im Interview, warum auch die amerikanischen Anbieter diese Diskussion unterstützen und wie er die zuletzt sinkenden Besucherzahlen wieder steigern will.

Das Motto der Cebit lautet in diesem Jahr „Datability“. Was soll das heißen?
Datability beschreibt die Fähigkeit, verantwortungsvoll und nachhaltig mit großen Datenmengen umzugehen. Das „Data“ stammt aus dem Wort „Big Data“, das „-bility“ aus „responsibility“ und „sustainability“, also Verantwortung und Nachhaltigkeit. Wir haben mit Markforschern und den wichtigsten Ausstellern geredet, das einhellige Bild: Big Data wird das Top-Thema. Aber wir legen mit Datability den Fokus auf die großen Möglichkeiten, die in Big-Data-Anwendungen stecken.

Englische Werbeslogans werden manchmal missverstanden. Verstehen die Besucher Ihr Motto?
Mit der Erklärung wird klar deutlich, worum es geht. Was wir bislang an Reaktionen bekommen haben, zeigt uns auch, dass wir einen Nerv getroffen haben. Zumal Datability nicht ohne Datensicherheit geht. Gerade das ist nach den Enthüllungen von Edward Snowden eines der zentralen Diskussionsthemen. Datability wird sich wie ein roter Faden durch die ganze Messe ziehen.

Wie kann denn Big Data trotz aller Bedenken sinnvoll genutzt werden?
Big Data kann einen konkreten Nutzen für den Menschen stiften. Wenn wir beispielsweise das Verkehrsmanagement in Stockholm anschauen: Da werden Verkehrs- und Wetterdaten, aber auch Informationen über Unfälle ausgewertet. Wenn im Ergebnis 20 Prozent weniger Verkehr und um 50 Prozent kürzere Fahrtzeiten möglich sind, ist das zum Nutzen der Menschen. Oder im Handel: Wenn der Händler Produkte passend zu meinem Einkaufsverhalten empfehlen kann, ist das eine Erleichterung im täglichen Leben. Big Data kommt auch in der Medizin zum Einsatz, beschleunigt Diagnosen und Behandlung erheblich, oder etwa in der Energiewirtschaft bei der Steuerung intelligenter Energienetze.

Viele Menschen haben Angst, dass sie gläsern werden. Wie kann man denn dafür sorgen, dass das Werkzeug Big Data für die Menschen eingesetzt wird, nicht gegen sie?
Wichtig ist, dass es eine Sensibilisierung für das Thema Datensicherheit gibt. Deswegen ist die Cebit als weltgrößte IT-Messe so relevant: Hier trifft Industrie auf Politik, hier setzen sich die Branchengrößen an einen Tisch und diskutieren. So kann man die Rahmenbedingungen für den Umgang mit großen Datenmengen besprechen. Wichtig ist auch der aufklärerische Aspekt: Welches Potenzial steckt darin? Bei vielen Anwendern gibt es Diskussionsbedarf.

Innerhalb des Branchenverbandes Bitkom gibt es erhebliche Dissonanzen zwischen deutschen und amerikanischen IT-Unternehmen. Wie hat die Branche den Schwerpunkt aufgenommen?
Ich habe mit unseren Partnern und Ausstellern des Cebit-Messeausschusses und darüber hinaus mit sehr vielen Unternehmen in der ganzen Welt über das Messemotto gesprochen, alle haben gesagt: Ja, das ist das richtige Thema. Als Messemanager führen wir aber keine politischen Diskussionen, unsere Aufgabe ist es, eben genau den richtigen Raum dafür zu schaffen.

Cloud Computing wächst langsamer, die Skepsis ist erheblich. Wie können die Aussteller Vertrauen schaffen?
Die Aussteller laden ihre Kunden ein, suchen gezielt den Dialog - gerade auch zu den kritischen Punkten. Eine Messe ist immer eine Form des begehbaren Marketings. Dementsprechend ist beispielsweise auch ein Unternehmen wie Salesforce in Hannover, das sämtliche Produkte in der Cloud anbietet. Salesforce hat die Fläche gegenüber dem Vorjahr sogar verdoppelt. Da geht es nicht nur um Produkte, sondern auch um Vertrauen.

„Nichts ersetzt den persönlichen Kontakt“

IT-Sicherheit wird immer wichtiger. Ausgerechnet jetzt will G Data nicht kommen. Was ist da los?
Ich mache schon viele Jahre Messen – es passiert immer wieder, dass ein Unternehmen mal eine Messe aussetzt. Grundsätzlich wird IT-Sicherheit auf der Cebit immer wichtiger und ist in diesem Jahr so groß wie noch nie. Es sind mehr als 500 Anbieter von IT-Sicherheitslösungen auf der Messe, auch sieben der weltweiten Top-10-Anbieter.

IT-Fachleute werden dringend gesucht. Was tut die Cebit, um der Wirtschaft zu helfen?
Wir machen die Cebit jünger. Wir tun mehr, um Start-ups zu gewinnen, mehr als 300 sind dieses Jahr da, mehr als je zuvor. Zudem gibt es eine Jobbörse, wo sich Absolventen und Personaler treffen können – nicht nur aus IT-Unternehmen, auch die Deutsche Bahn, Volkswagen und Rossmann sind da. Aber wir setzen in diesem Jahr noch früher an. In dem Format Tec2You, das wir schon auf der Hannover Messe erfolgreich eingeführt haben, führen wir Schüler und Studenten an Technologie und IT heran. Sie können sich ein Bild von den Berufsfeldern machen. Tec2You ist auch sehr international, selbst aus Portugal reisen Schulklassen an.

Wie viele junge Besucher erwarten Sie in diesem Jahr?
Im vergangenen Jahr waren es rund 30.000, in diesem Jahr wird die Zahl weiter wachsen. Die Cebit ist eine Jobbörse – übrigens auch für Fachbesucher, die sich verändern wollen.

Auf der Cebit geht es um viele virtuelle Produkte. Macht da eine Messe noch Sinn?
Kein Medium ersetzt den persönlichen Kontakt. Messen wird es auch in Zukunft geben, im Marketing-Mix spielen sie eine immer größere Rolle. Die Cebit ist auch immer eine Bühne, um internationale Netzwerke auszubauen – gerade für Unternehmen aus Asien. Und niemand kauft eine Cloud-Lösung für sein Unternehmen im Netz. Die Konvergenz der Technologien erfordert immer mehr persönliche Beratung - und das geht auf einer Messe am besten.

In den letzten Jahren kamen allerdings immer weniger Besucher. Wie wollen Sie den Schwund stoppen?
Wir haben Formate für die jungen Leute, und wir sprechen gezielter die „Business-Entscheider“, also etwa Marketing- und Personalchefs an. IT-Entscheidungen werden ja immer stärker aus den Fachbereichen der Unternehmen getrieben. Außerdem haben wir mehr C-Level-Formate, also Veranstaltungen für die Chefetage. Schon heute haben wir mehr Anmeldungen von IT-Chefs an einem Tag als im vergangenen Jahr über die gesamte Messelaufzeit. Unser Ziel für 2013: 230.000 Fachbesucher.

Danke für das Gespräch.

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