„Cityville“ in Nöten Zynga feuert jeden fünften Mitarbeiter

Einst galt der amerikanische Spiele-Entwickler Zynga als Zukunft der Games-Branche. Online-Titel wie „Cityville“ und „Farmville“ oder Smartphone-Hits wie „Words with Friends“ sorgten für einen steilen Aufstieg. Doch das Glück scheint Zynga verlassen zu haben.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Zynga-Chef Mark Pincus muss 520 Stellen streichen. Quelle: dapd

Weil seine Online-Spiele wie „Cityville“ an Reiz verlieren, entlässt der Entwickler Zynga rund 520 Mitarbeiter. Damit fällt beinahe jeder fünfte Job weg, wie das Unternehmen am Montag am Sitz in San Francisco mitteilte. Mehrere Standorte werden komplett geschlossen. Das soll jährlich 70 bis 80 Millionen Dollar einsparen helfen (bis zu 61 Millionen Euro).
Zynga war mit Spielen für Facebook großgeworden und hatte im Dezember 2011 einen milliardenschweren Börsengang hingelegt. Doch zuletzt zogen sich viele Spieler zurück, was dem Unternehmen einen Umsatzrückgang einbrockte. Zynga verdient sein Geld vor allem mit dem Verkauf virtueller Güter wie einem Traktor oder Saatgut bei der Bauernhof-Simulation „Farmville“. Die gehört nach Angaben von Zynga zu den wenigen Spielen, die noch gut laufen.
Chef Mark Pincus hatte bereits im vergangenen Jahr einen Sparkurs samt Stellenstreichungen eingeschlagen, der nun verschärft wird. Weil das Management etwa für Abfindungen zunächst Geld in die Hand nehmen muss, rechnet es für das laufende zweite Quartal mit einem Verlust von bis zu 39 Millionen Dollar. Laut US-Medienberichten werden die Büros in Los Angeles, New York und Dallas geschlossen.


„Keiner von uns hat jemals einen Tag wie heute erwartet, besonders da es bei unserer Kultur so sehr um Wachstum ging“, schrieb Pincus zum Abschied „von rund 18 Prozent unserer Brüder und Schwestern“ in einem Brief an die Mitarbeiter. „Aber ich denke, wir wissen alle, dass es notwendig ist, um uns vorwärts zu bewegen.“ Die Einsparungen sollten den restlichen Teams eine „Startbahn“ für ihre Spiele sichern.
Die Aktie brach im regulären Handel um zwölf Prozent auf drei Dollar ein. Beim Börsengang hatte das Papier noch zehn Dollar gekostet. Damit gehört Zynga für die Börsianer zu den ganz großen Enttäuschungen unter den jungen US-Technologiefirmen.

Zynga macht derzeit die Schattenseiten der Web 2.0 Ökonomie durch. Zunächst wurden die Umsätze aufgebläht. Nun, da Zynga Marktführer ist, müssen die Kosten für die Produktion neuer Spiele und für die Akquise von Mitgliedern zurückgedreht werden, was sich sofort im Umsatz niederschlägt.

Schwierige Abkühlphase

Fujitsu streicht 400 Jobs
Fujitsu Der japanische Elektronikkonzern Fujitsu will einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland 400 bis 500 Arbeitsplätze abbauen. Eine endgültige Entscheidung solle nach Verhandlungen mit den Beschäftigten fallen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei". Insgesamt beschäftigt der Konzern hierzulande 12.000 Menschen. Die Stellenstreichungen beträfen hauptsächlich Entwicklung und Informationstechnik. Bereits am Dienstag hatte der Konzern bekanntgegeben, in Großbritannien 1800 Jobs zu streichen. Das entspricht 18 Prozent der Belegschaft dort. Insidern zufolge könnte sich Fujitsu künftig auf IT-Dienstleistungen konzentrieren. Mit dem weltgrößten Computer-Hersteller Lenovo verhandelt das Unternehmen offenbar über einen Verkauf des PC-Geschäfts von Fujitsu. Quelle: REUTERS
Lufthansa Technik Quelle: dpa
DAK Gesundheit Quelle: dpa
EnBWDer Energieversorger baut weiter Stellen ab: Die Energie Baden-Württemberg werde sich aus dem Strom- und Gasvertrieb an Großkunden der Industrie zurückziehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Davon seien 400 Beschäftigte betroffen, denen ein Aufhebungsvertrag oder ein alternativer Arbeitsplatz im Konzern angeboten werde. Auch im Privatkundengeschäft, der Energieerzeugung und der Verwaltung steht demnach Stellenabbau bevor, der noch nicht beziffert wurde. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits rund 1650 Stellen weggefallen. Quelle: dpa
Intel Quelle: REUTERS
Nokia Quelle: dpa
Der IT-Konzern IBM plant in Deutschland offenbar einen massiven Stellenabbau Quelle: dpa

Diese Abkühlphase wäre für Unternehmen mit lang haltbaren Produkten unproblematisch. Doch Zynga ähnelt mehr einem Filmstudio, das ständige neue Hits und Aufmerksamkeit produzieren muss. Spiele wie Mafia Wars und Farmville haben jedoch eine begrenzte Lebensdauer. Neue Versionen müssen neue Spieler anlocken und bestehende bei der Stange halten, ein riskanter Balanceakt.

Zumal, wenn gleichzeitig auch noch das Budget gekürzt werden muss. Zudem verlagern sich die Spiele immer mehr vom Desktop und Laptop aufs Smartphone, wo Zynga Nachholbedarf hat. Nicht alle Spiele aus dem Web lassen sich problemlos auf den Handy-Bildschirm holen.

Um in diesem Bereich aufzuholen, hatte Zynga die Spielefirma OMGPOP gekauft, es wurde jedoch eine teure Fehlinvestition. Zynga schnappte sich den Entwickler des Spiels „Draw Something“, bei dem man Bilder erraten muss, im vergangenen Jahr auf dem Höhepunkt von dessen Erfolgsgeschichte. Entsprechend hoch war der Preis mit 180 Millionen Dollar. Doch die Nutzer liefen unter Zynga-Regie davon. Jetzt müssen auch viele OMGPOP-Mitarbeiter gehen.

Die schlechten Nachrichten aus dem Haus Zynga sind nicht die ersten aus der Branche. Etliche Unternehmen straucheln. Im vergangenen Herbst musste bereits das deutsche Unternehmen Bigpoint 120 Stellen streichen. Auch die sind am Übergang auf mobile Endgeräte und unter dem Druck stetig wachsender Konkurrenz gescheitert.

Wie man im Spielemarkt erfolgreich sein kann, demonstriert gerade der europäische Zynga-Konkurrent King.com, der sich immer näher an den US-Marktführer heranschiebt. In nur anderthalb Jahren hat CEO Riccardo Zacconi sein Unternehmen zur Nummer 2 auf Facebook gemacht. Dessen Spiel Candy Crush beispielsweise, hängt bei der täglichen Nutzung derzeit sogar Zyngas Flaggschiff Farmville 2 ab. Der größte Vorteil von King.com ist jedoch, dass das europäische Startup sich auf Spiele konzentriert, die sowohl auf dem Desktop als auch auf dem Smartphone und Tablet funktionieren sowohl vom Design als auch von der Spieldauer. Ein im Web begonnenes Spiel kann auf dem Smartphone oder Tablet fortgeführt werden und umgekehrt. Auch Zynga fokussiert darauf, auf allen Abspielkanälen vertreten zu sein. Außerdem will Konzernchef Pincus die Abhängigkeit von den Simulationsspielen verringern, die ihre Fans vor allem auf Facebook hatten - und jetzt verlieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%