„Kannst du das Ding fliegen?“, fragt Keanu Reeves 1999, als Neo im Film „The Matrix“ die Hackerin Trinity und deutet auf einen Hubschrauber. „Noch nicht“, lautet ihre Antwort. Doch nach einem kurzen Anruf bei ihrem Operator ist das anders: Sie bekommt die Fähigkeit fürs Helikopter-Fliegen aufgespielt und schon erweist sie sich als perfekte Pilotin.
Tablets und Smartphones hat diese Fähigkeit zum Durchbruch verholfen: Sie lassen sich einfach durch Apps um neue Funktionen und Anwendungen erweitern. Per Internetverbindung erhalten sie kleine Programme, die meist mit Online-Services verknüpft arbeiten und oft auf große Datenmengen und Rechenleistung zugreifen.
Mittlerweile arbeiten Wissenschaft und Wirtschaft daran, Robotern genau so Neues beizubringen. Sie sollen auf die gleiche Art und Weise in ihrer Flexibilität und Leistungsfähigkeit über Cloud-Services in eine neue Dimension aufbrechen.
Roboter mit externem Gehirn
Als der amerikanische Wissenschaftler James J. Kuffner die Idee von „Cloud-Robotics“ 2010 auf einer Konferenz für menschenähnliche Roboter in Nashville vorstellte, sorgte er für große Begeisterung. Vollkommen neu war diese Idee damals nicht. Bereits in den Neunzigerjahren arbeiteten japanische Wissenschaftler daran, Roboter mit einer ausgelagerten Intelligenz - quasi einem externen Gehirn - zu verbinden. Nur sprach damals noch niemand von der Cloud.
Bislang galten Roboter als unschlagbare Spezialisten für halbwegs gut überschaubare Aufgaben. Mit ihren meist schmalspurigen Fähigkeiten eroberten sie die industrielle Produktion. Sie können Menschen bei schweren Arbeiten entlasten und erledigen ihre Aufgaben zuverlässiger, mit größerer Präzision und oft auch schneller.
Allerdings sind sie bei weitem nicht so flexibel wie der Mensch. Während der Mensch mit seinen Sinnen und seiner Lernfähigkeit schnell neue Aufgaben übernehmen kann, müssen Roboter bisher von Experten neu programmiert und aufwändig auf ihren nächsten Job vorbereitet werden. Zumindest bisher.
Hilfe, ein Roboter klaut meinen Job!
Dass die Zeichen der Zukunft auf digital stehen - geschenkt. Doch ein Journalist der britisch-amerikanischen Webseite Mashable hat darüber einen Artikel veröffentlicht, welche Jobs schon im nächsten Jahr von Robotern ersetzt werden könnten. Das Ergebnis ist überraschend: Ein Blick in die Gegenwart zeigt, dass die Zukunft oft schon da ist.
Sie heißen Scooba 230 oder Braava 380: Roboter, die selbstständig den Boden saugen oder wischen, gibt es schon seit ein paar Jahren. Aber bei aufwendigen Reinigungen, wie zum Beispiel das Entfernen von Bakterien und Keime, war der Mensch bislang unersetzbar. Doch das ändert sich zunehmend. In einem kalifornischen Krankenhaus ist bereits ein Putzroboter im Einsatz, der gezielt zur Bekämpfung von Keimen programmiert wurde. Mithilfe von UV-Licht befreit er das Hospital von Bakterien und Schimmel.
Ob E-Learning oder Moocs: Die größten Bildungstrends der letzten Jahre fanden nicht in den Klassenräumen statt, sondern im Internet. Doch dass der Beruf des Lehrers aussterben könnte – daran haben bislang nur die wenigsten gedacht. In einer Schule im US-amerikanischen Connecticut, lernen Kindern mit Robotern – und das sehr erfolgreich. Zwar kann der Roboter noch keinen Lehrer ersetzen, aber er bringt immerhin die Qualifizierung eines Lehr-Assistenten mit.
Der vierfache Weltfußballer Lionel Messi kann ihn nicht bezwingen. Drei Mal nimmt er Anlauf und schießt mit voller Wucht auf das Tor – doch der Torwart hält den Ball. Jedes Mal. Doch nicht Manuel Neuer, Iker Casillas oder Gianluigi Buffont bewachen das Netz, sondern ein sonderlich grinsender Roboter. Jetzt arbeiten japanische Wissenschaftler an einem Roboter, der neben dem Fangen auch Werfen, Rennen und sich richtig positionieren kann. Das wäre dann der erste Roboter, der in der Lage wäre, in einer Mannschaft mit anderen Menschen zu spielen.
Kranke zu pflegen kann nicht nur psychisch belastend sein, sondern auch körperlich. Etwa um den Patienten aufzuhelfen, sich umzudrehen oder umzubetten. In einem Krankenhaus in Singapur erledigt das nun ein Roboter. Das wohl intelligenteste Bett der Welt unterstützt den Patienten bei den Bewegungen und schätzt selbstständig die Geschwindigkeit ein.
Wer im US-amerikanischen San Jose den Orchard Supply Hardware Store betritt, wird von einer rollenden weißen Säule namens OSHbot begrüßt. Der Roboter hat ein kleines Display mit integrierter Kamera, in das die Kunden ihre Wünsche äußern können. Zum Beispiel, indem sie eine bestimmte Schraube vor die Kamera halten. OShbot identifiziert die Schraube und führt den Kunden dann direkt zum entsprechenden Regal. Auch über die Lagerbestände weiß er zu jeder Zeit Bescheid.
Ein Video von Oshbot: http://www.mercurynews.com/business/ci_26815593/robots-helping-customers-at-san-jose-orchard-supply
In einem Hotel in der US-amerikanischen Stadt Cupertino, mitten im Tech-Paradies Silicon Valley gelegen, begleitet ein Roboter namens SaviOne, die Gäste des Drei-Sterne-Hotels Aloft in ihre Zimmer. In diesem Jahr befand sich das Projekt noch in der Testphase, ab 2015 soll eine kleine Armee von Robotern die Gäste der Starwood-Hotelkette, zu der auch das Aloft gehört, glücklich machen.
Schauspieler müssen sich jede Rolle hart erkämpfen, bei so gut wie jedem Casting ist die Konkurrenz groß. Und künftig wird sie noch größer. In diesem Jahr wurde eine Rolle in der Theateraufführung von Franz Kafkas „Die Verwandlung“ von einem Roboter gespielt. Gregor Samsa, der sich eines Morgens in ein Ungeziefer verwandelt sieht, wacht in der neuen Interpretation als Roboter auf.
In einem Flugzeug ist schon viel automatisiert – doch so ganz ohne Piloten aus Fleisch und Blut ging es bislang nicht. Das will das Advance Institute of Science and Technology in Südkorea ändern. Pibot ist ein Roboter mit Armen, Beinen und einem Kopf. Und soll ein Flugzeug durch schwierige Manöver fliegen. Im nächsten Jahr wird das wahrscheinlich noch nicht möglich sein, zumindest nicht im normalen Passagierverkehr. Aber Pibots Zeit wird kommen, und wahrscheinlich schneller als heute gedacht.
Die Verknüpfung von Robotern mit Cloud-Technologien, also der Vernetzung von Rechenleistung, Speicher und Software, soll das ändern.
Dass Robotern bisher nur mit größerem Aufwand neue Funktionen beigebracht werden konnten, lag am selben Dilemma, mit dem jedes mobile IT-Gerät zu kämpfen hat: Entweder es wird vollgesteckt mit starken Prozessoren und viel Speicher für noch mehr Daten und Programme, um möglichst viele Aufgaben erledigen zu können – dann braucht das Gerät viel Strom und benötigt einen entsprechend großen und schweren Akku, damit ihm nicht vorzeitig der Saft ausgeht. Oder es ist auf Mobilität getrimmt, verbraucht möglichst wenig Strom und verfügt deshalb nur über einen schwachen Prozessor sowie eher wenig Speicher.
Die Cloud ermöglicht es Robotern, menschliche Sprache zu verstehen
Erst die Vernetzung über das Internet sprengt die alten Grenzen: Über das Netz der Netze können auch schmalbrüstige IT-Geräte auf unendliche Rechenressourcen zugreifen. So erhalten beispielsweise Smartphones die Fähigkeit zur Spracherkennung.
Menschliche Sprache zu verstehen, erfordert von Computern immer noch große Rechenleistung, die ein Handy allein kaum aufbringen kann. Siri von Apple, Google Now und Cortana von Microsoft funktionieren deshalb nur mit Internetverbindung. Sie ermöglicht den Zugriff auf die Serverfarmen der IT-Giganten, die in Bruchteilen von Sekunden erkennen, verstehen und antworten können.
Roboter können von diesem Konzept noch stärker profitieren. Mit Cloud-Services vernetzt, lassen sie sich leichter und preiswerter bauen und werden doch flexibler, leistungsfähiger und intelligenter. Gewöhnliche Roboter benötigen bisher reichlich eigene Rechenpower, wenn sie beispielsweise aufrecht gehen und einen Fuß vor den anderen setzen, sich dreidimensional im Raum orientieren oder Gesichter erkennen wollen. Eine Cloud-Anbindung macht das einfacher und entlastet die Hardware des Roboters.
Eine Bilderkennung wie Google Goggles kann beispielsweise Informationen liefern, die Robotern den richtigen Umgang mit bislang unbekannten Gegenständen ermöglichen. Wird etwa ein einfacher Plastikbecher über die Cloud erkannt, kann die Maschine direkt die Information bekommen, dass dieser beim Hochheben eher behutsam angefasst werden muss, damit er nicht kaputtgedrückt wird.
Auch bei der Navigation von Robotern vor allem auf unbekanntem Terrain können Cloud-Service helfen. So leisten in Fukushima Roboter mit drahtloser Datenanbindung Aufklärungs- und Aufräumarbeiten, die nur über die Verbindung nach draußen kontrollieren lassen. Ob dabei auf eine klassische, allgemein zugängliche Cloud oder eher eine nach außen abgeschottete Private Cloud zugegriffen wird, ändert nichts am grundsätzlichen Konzept von Cloud-Robotics.
Die Entwicklungsstufen Künstlicher Intelligenz
Der britische Informatiker entwickelt den nach ihm benannten Test. Er soll ermitteln, ob eine Maschine denken kann wie ein Mensch. Ein russischer Chat-Roboter soll ihn 2014 erstmals bestanden haben.
Experten einigen sich auf den Begriff "Künstliche Intelligenz". Der Rechner IBM 702 dient ersten Forschungen.
Katerstimmung bei den Forschern: Die Fortschritte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Computer sind zu langsam, ihre Speicher zu klein, um die Daten von Bildern oder Tönen zu verarbeiten. Budgets werden gestrichen, erst ab 1980 geht es wieder voran.
Der Supercomputer von IBM siegt im Schachduell gegen Weltmeister Garry Kasparov. Die Maschine bewertete 200 Millionen Positionen pro Sekunde. 2011 siegt IBMs Software Watson in der Quizsendung "Jeopardy".
Der KI-Forscher sagt in einem Buch für das Jahr 2045 den Moment der "Singularität" voraus: Die Rechenleistung aller Computer erreicht die aller menschlichen Gehirne. Seit 2012 arbeitet Kurzweil für Google an KI-Systemen.
Ein Google-Programm beschreibt präzise in ganzen Sätzen, was auf Fotos zu sehen ist. Nahrungsmittelkonzern Nestlé kündigt an, 1000 sprechende Roboter namens Pepper in seinen Kaffeeläden in Japan als Verkäufer einzusetzen. Physiker Stephen Hawking warnt: KI könne eines Tages superschlau werden – und die Menschheit vernichten.
Computer sind schlau wie Menschen – und machen sogar Witze. Fabriken, Verkehr und Landwirtschaft sind nahezu komplett automatisiert.
Eine in letzter Zeit viel beachtete Anwendung von Cloud-Robotics ist das autonome Fahren. Der kleine Flitzer von Google verfügt zwar über viele eigene Sensoren, die ihn beim Fahren vor Kollisionen bewahren, aktuelle Verkehrsinformationen beispielsweise erhält er aus der Cloud, damit er zeitraubende Staus umfahren kann.
Das autonome Fahren führt aber auch die Grenzen von Cloud-Robotics vor: Es funktioniert nur, wenn eine Datenverbindung aufgebaut und in ausreichender Bandbreite aufrechterhalten werden kann.
Apps für Roboter
Aufgaben die Reaktionen unbedingt in Echtzeit erfordern, möchte man ihm nicht anvertrauen. Verzögerungen, wie sie bei Cloud-Services oder klassischen Client-Server-Verbindungen über große Netze hinweg zwangsläufig auftreten, sind bei der Steuerung von Autos inakzeptabel. Sie muss in Echtzeit erfolgen, damit es nicht kracht. Roboter mit Cloud-Anbindung werden deshalb immer auch über eigene Intelligenz verfügen müssen, die ihnen ermöglicht, wichtige Aufgaben ohne zeitliche Verzögerung zu erledigen.
Mittlerweile haben sich eine ganze Reihe an Initiativen und Programmen entwickelt, die das Thema Cloud-Robotics vorantreiben wollen. So erarbeiten Gruppen von Wissenschaftlern wie die vom EU-finanzierten Projekt RoboEarth und Rapyuta Bibliotheken und Frameworks, die Robotern App-ähnlich Funktionen bereitstellen wollen.
Das französische Unternehmen hat mit NAO einen humanoiden Roboter entwickelt, der zunächst für Lehr- und Lerneinrichtungen gedacht war, dann aber schnell seine eigene Entwickler-Community gefunden hat. Technik-Enthusiasten beschäftigen sich ebenfalls mit dem Thema. So haben sich beispielsweise unter Cellbots Bastler zusammengefunden, die Smartphones mit ihrer Cloud-Anbindung für die Steuerung von Robotern einsetzen.
Keine gemeinsame technische Plattform in Sicht
Viele Projekte arbeiten daran, die Programmierung der elektromechanischen Helfer zu vereinfachen. Doch damit Roboter aus einer gemeinsamen Bibliothek entnehmen können, wie sie beispielsweise eine Tür öffnen, brauchen sie eine gemeinsame technische Plattform. Die ist aber noch nicht in Sicht.
Das hält Roboterexperten wie den deutschen Marktführer für Industrieroboter Kuka aber nicht davon ab, sein Angebot auch um Cloud-Services zu erweitern. Längst bestimmt auch bei dem Augsburger Unternehmen immer stärker die Software die Leistungsfähigkeit seiner Produktionshelfer.
In einzelnen Fabriken kommunizieren seine Roboter bereits über eine eigene Cloud miteinander und optimieren so die Produktion. Kuka setzt auf offene Kommunikationsstandards, um eine Anbindung an die Smart-Factory, an Industrie 4.0 und das Internet der Dinge zu ermöglichen.
Vorzeigeprojekt der Augsburger ist ihr Roboter LBR iiwa. Er verfügt über so viele Sensoren und so viel Intelligenz, dass er unmittelbar auf Berührungen des Menschen reagiert und deshalb ohne Schutzgitter mit ihm zusammenarbeiten kann. Angebunden an eine Cloud, kann er seine Arbeit selbst dokumentieren, überprüfen und optimieren. Software spielt bei ihm die zentrale Rolle.
Mit den unendlichen Ressourcen aus der Cloud bestimmt sie die Fortschritte der Robotik. So ist es mittlerweile die IT, die den Fortschritt der Roboter in die physische Welt trägt.