Computerspiele Electronic-Arts-Manager: "Mehr digitales Doping"

Der Chef fürs Internationale beim Computerspiele-Riesen Electronic Arts, Gerhard Florin, über die geringe Begeisterung der Deutschen, Spiele in sozialen Netzwerken und Produktpiraterie.

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Gerhard Florin, Chef fürs Internationale beim Computerspiele-Riesen Electronic Arts

WirtschaftsWoche: Herr Florin, Electronic Arts baut weltweit 1500 Jobs ab – wie viele Mitarbeiter müssen in Deutschland gehen?

Florin: In Europa wird das nur eine kleine Zahl sein. Allerdings betrifft es mehr oder weniger jeden Unternehmensteil. Denn unsere neue Strategie ist, dass wir uns auf Hits konzentrieren, dafür weniger Spiele auf den Markt bringen.

Was heißt das konkret für Deutschland, wo Sie 150 Mitarbeiter haben?

Das kann und will ich zurzeit noch nicht sagen.

Wie steht es denn um den Spielemarkt Deutschland? Wie viele Bundesbürger spielen am Computer?

Es ist erstaunlich. Deutschland ist so fußballbegeistert wie Großbritannien, trotzdem verkaufen wir dort zweieinhalbmal so viele Fußball-Computerspiele wie in der Bundesrepublik. Großbritannien macht neun Prozent des weltweiten Spielemarkts aus, Deutschland vier. Da Deutschland mehr Einwohner hat, müsste das Land eigentlich einen Marktanteil von zwölf Prozent haben.

Warum haben die Deutschen keine Lust auf Computerspiele?

Grund sind sicher die Vorbehalte, die es in Deutschland als Land der Dichter und Denker gegenüber neuen Medien gibt. Zudem haben Action- und Gewaltspiele hier ein besonders negatives Image.

Wie schlagen sich die Deutschen bei der Entwicklung von Spielen?

In Deutschland ist es wesentlich schwerer als in den USA, Großbritannien, Kanada und Frankreich, gute Entwickler zu finden. Die Anforderungen an Spieledesigner und Grafiker sind extrem hoch, da muss eine sehr gute Ausbildung dahinterstehen. Doch solche Ausbildungsmöglichkeiten sind in Deutschland praktisch nicht vorhanden. Deutschland kämpft noch immer mit der gesellschaftlichen Akzeptanz von Videospielen – gerade in der Altersgruppe derer, die entscheiden, welche Ausbildungen angeboten werden.

Sie haben kürzlich den Online-Spiele-Anbieter Playfish gekauft. Hinkt Electronic Arts bei der Entwicklung von Online-Spielen hinterher?

Natürlich entwickeln wir auch vieles selbst. Aber das Besondere am Unternehmen Playfish ist, dass es Spiele für soziale Netzwerke entwickelt. Das taten wir bisher nicht.

Wie groß ist das Potenzial dort?

Zurzeit liegen die Umsätze bei Spielen in sozialen Netzwerken insgesamt nur im zweistelligen Millionenbereich. Das Wachstum aber ist gigantisch. Zudem haben die sozialen Netzwerke eine riesige Zahl an Nutzern. Wie wir diese Spiele nun kommerzialisieren – über Werbeeinnahmen oder über Micropayments, also Gebühren für die Nutzer –, müssen wir noch entscheiden. Auf jeden Fall können wir hier nun Ableger unserer erfolgreichen Spielefamilien Need for Speed oder Sims einführen.

EA vorn: Wer den deutschen Computerspielemarkt beherrscht

Nicht nur auf Handys und bei sozialen Netzwerkspielen gelten Micropayments als Einnahmequelle der Zukunft. Was planen Sie dort?

Märkte, in denen es schon sehr gut funktioniert, sind Korea und China. Beide zusammen erwirtschaften mehrere Milliarden Dollar – das meiste durch Micropayments. Begonnen hat das mit dekorativen Items, mit denen die Spieler ihre Figuren schöner aussehen lassen können. Damit ist aber nicht mehr viel Geld zu verdienen. Was heute Geld bringt, sind Erweiterungen, die in das Spiel eingreifen, indem die Figur schneller wird, höher springen oder genauer schießen kann – digitales Doping. Auch zusätzliche Level verkaufen sich sehr gut.

Ihren Blockbuster Sims 3 gab es im Sommer schon vor dem Marktstart illegal im Internet. Wie hart trifft sie die Piraterie?

Schätzungen sagen, das zwei Drittel der Nutzer bezahlen, ein Drittel nicht. Natürlich tut uns das weh. Wenn die Spielebranche nicht reagiert, wird es uns wie der Musikindustrie ergehen. Dabei ist es relativ einfach, etwas dagegen zu tun: Sobald die Bandbreite des Internets bei allen Nutzern ausreicht, können wir datenintensive Grafiken auf der DVD verkaufen und die künstliche Intelligenz dahinter, die das Spiel ausmacht, bei uns auf dem Server lagern. Der Spieler muss sich dann bei uns registrieren, wenn er spielen will. Das macht Piraterie wesentlich schwieriger. Ansatzweise führen wir das schon ein.

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