Cortana, Siri, Google Now Sprachassistenten verändern unser Leben

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Sprachsteuerung ersetzt traditionelle Suche im Netz

Die Kommunikation zwischen Fahrer und Auto wird immer ungezwungener werden: „Durch den Trend zum autonomen Fahren werden die Fahrzeuge immer intelligenter“, sagt Ralf Lamberti, für das Thema Nutzerführung bei Mercedes-Benz verantwortlich. In den Limousinen mit dem Stern verarbeitet die Linguatronic-Plattform schon heute Sprachbefehle für die Navigation sowie zur Wiedergabe von Musik oder von Nachrichten. Und das sei erst der Anfang, sagt Lamberti: „In fünf bis zehn Jahren wird sich ein Großteil der Dienste und Funktionen im Fahrzeug per natürlicher Sprache oder Gesten steuern lassen.“

Wobei zumindest für die Informations- und Unterhaltungsangebote noch völlig offen ist, wer am Ende tatsächlich den Dialog mit dem Nutzer führt – und zwar nicht bloß im Auto. Denn um die Frage, wer den Zugang ins Netz kontrolliert, wer die Sprachbefehle auswertet und – vor allem – welche Antworten er liefert, entfaltet sich in den kommenden Jahren der nächste Kampf der digitalen Riesen.

Wenn der Dialog der Nutzer mit sprachgesteuerten Assistenten immer häufiger die traditionelle Suche im Netz ersetzt, erschüttert das die Vormachtstellung der etablierten Torwächter in den digitalen Raum.

Jeder Sprachauftrag an Apples Siri oder Microsofts Cortana liefert Antworten, ohne dabei Googles bezahlte Suchanzeigen auf den Handyschirm zu bringen. Jeder mündlich abgesetzte Facebook-Status findet seinen Weg ins Netz, ohne dass der Absender dabei noch eine gesponserte Werbebotschaft im sozialen Netzwerk zu Gesicht bekäme.

Eine Zukunft ohne Apps?

Wer bemüht noch traditionelle Suchmaschinen, wenn es wie beim Recherche-Automaten Echo, den der Versandriese Amazon Ende 2014 vorgestellt hat, reicht, Aufträge einfach laut in den Raum zu sprechen? Das Gerät im Format einer Getränkedose hört mit, speichert und erinnert an Termine, spielt auf Zuruf Musik ab und erstellt, oh Wunder, Einkaufslisten.

Die Entwicklung unterminiert nicht nur die Dominanz der Suchmaschinen als primären (und profitablen) Weg ins Netz. Sie stellt genauso infrage, ob im Zeitalter digitaler Assistenten überhaupt noch Apps erforderlich sind – wenn der Cyber-Sekretär eh daran vorbei im Internet recherchiert. Wer etwa Google Now eine Bahnverbindung suchen lässt, ordert darüber künftig womöglich auch das Ticket – ohne dass die Bahn die Chance hätte, auch noch das Hotelbett am Ziel zu verkaufen.

Das sind mehr als Gedankenspiele. Was sich daran zeigt, mit welcher Vehemenz die verschiedenen Spieler auf konkurrierende Plattformen drängen. Google etwa bietet Google Now auch als iPhone-App an. Microsofts oberster Windows-Chef Joe Belfiore hat erst Ende Mai verkündet: „Wir geben Windows-Nutzern die Möglichkeit, die Intelligenz von Cortana auch auf Android-Telefonen und iPhones zu nutzen.“

Das war nicht bloß in eine Freisprechanlage gemurmelt. Das war eine Kampfansage: Die digitalen Assistenten werden nicht nur die Beziehung zwischen Mensch und Maschine neu definieren – auch der Kampf um die Vorherrschaft im Netz wird neu entschieden.

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