Unternehmen, die zu echten digitalen Innovatoren werden wollen, sollten ihre Komfortzone verlassen, selbst wenn sie (noch) keinen konkreten Veränderungsdruck verspüren. Positiver formuliert: sie müssen einen inneren Antrieb entwickeln, nicht nur die Anforderungen ihrer Kunden zu erfüllen, sondern sie vorweg zu nehmen.
SKF, ein Weltmarktführer für Kugellager und ein Zulieferer für viele Branchen, macht das bereits sehr gut. Das Unternehmen denkt die Strategie des Kunden mit: SKF fragt sich zum Beispiel, wo die neuralgischen Punkte im Geschäftsmodell von Windturbinen-Betreibern liegen. Die Wartung dieser Windturbinen ist aufwendig, weil die Anlagen geographisch weit auseinanderliegen.
Gleichzeitig müssen sie zuverlässig laufen, wenn die Windverhältnisse ideal sind. SKF entwickelt proaktiv Leistungen, die über das eigene Kerngeschäft hinausgehen. In diesem Fall, indem das Unternehmen Möglichkeiten schafft, die Windkraftanlagen mobil und cloudbasiert zu betreiben und zu warten.
Die Digitalisierung erschließt für Unternehmen völlig neue Möglichkeiten der Wertschöpfung. Wer sich eingehend mit den Chancen digitalen Innovierens befasst, wird automatisch beginnen darüber nachzudenken, welchen Wert man in einem Markt künftig schaffen möchte. Beckhoff, ein führender Hersteller von Automatisierungstechnik, ist hierfür ein gutes Beispiel. Beckhoff entwickelte eine Lösung, die Daten von zentralen Fertigungssystemen aus der Werkshalle seiner Kunden in die Cloud sendet.
Diese Konnektivität eröffnet eine Kommunikation in zwei Richtungen. Plötzlich sind Kunden von Beckhoff in der Lage, ihre Maschinendaten über die Cloud senden und empfangen. Das bedeutet, sie können von überall auf der Welt ihre Fertigung steuern oder ihre Anlagen warten. Mit einem solchen Angebot wandelt sich das Unternehmen vom Hard- zum Softwareanbieter. Und nicht nur das: Beckhoff treibt mit seinen Lösungen den Wandel des Geschäftsmodells seiner Kunden voran. Dadurch nimmt das Unternehmen in der Wertschöpfungskette eine ganz neue Rolle ein.
Gesundheit und Digitalisierung
Einer Umfrage von 2015 zufolge sehen 40 Prozent der Teilnehmer den größten Nutzen der digitalen Vernetzung im Bereich Gesundheit erst in der Zukunft. 43 Prozent sehen ihn schon heute. 17 Prozent der Befragten setzten ihr Häkchen bei „Weder heute noch in Zukunft“.
Einer Ärzteumfrage zufolge befürworten 61 Prozent aller Ärzte den Ausbau telemedizinischer Angebote. 33 Prozent von ihnen sind anderer Meinung. Auffällig: Ärzte im Krankenhaus können mit der Telemedizin mehr anfangen als ihre niedergelassenen Kollegen. (Quelle: MLP Gesundheitsreport 2016)
Im April 2016 hat das IfD Allensbach eine Umfrage zu Sorgen um den Arbeitsplatz aufgrund technologischer Entwicklungen durchgeführt. Im Bereich Gesundheit/Soziales sehen demzufolge nur 3 Prozent aller Befragten in neuen Technologien eine Gefahr für ihren Arbeitsplatz.
Würden Sie als Patient Ihre selbst aufgezeichneten Gesundheitsdaten mit Ihrer Krankenkasse teilen? Einer Umfrage zufolge käme das für 26 Prozent aller Patienten in Frage. 15 Prozent knüpfen die Datenweitergabe an bestimmte Voraussetzungen. 54 Prozent aller Befragten würden ihre Daten weiterhin für sich behalten. (MLP Gesundheitsreport 2016)
Bei einer Umfrage gaben 70 Prozent aller befragten Patienten an, dass für sie eine Video-Sprechstunde mit ihrem Arzt nicht in Frage käme. 22 Prozent stehen dem indes offen gegenüber. Die Zahl der Neinsager steigt übrigens mit dem Alter. Unter 30 Jahren liegt sie bei 47 Prozent während es ab 60 Jahren aufwärts schon 88 Prozent sind. (Quelle: MLP Gesundheitsreport 2016)
Die richtige Einstellung gegenüber digitalen Innovationen in der Unternehmenskultur zu verankern, gelingt nicht über Nacht. Jedoch wächst die Zahl der Unternehmen, die in der digitalen Welt erfolgreich sind, weil sie genau das geschafft haben. Sie beweisen, dass es die Anstrengung wert ist. Damit ist dann nicht nur das schiere Überleben gesichert, sondern der Grundstein für eine blühende Zukunft gelegt.
Werner Vogels hat als CTO von Amazon.com täglich mit Entwicklungen und Veränderungen der digitalen Transformation zu tun. Er wird in seiner neuen Kolumne regelmäßig über relevante Fragen und Folgen der Digitalisierung für wiwo.de schreiben.