Digitale Landwirtschaft Wie Hightech den Bauernhof revolutioniert

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„Das Tablet gehört in Zukunft auf den Traktor.“

„Dass man immer präziser agieren muss, das habe ich schon früh bei meinem Vater mitbekommen“, sagt Landwirtssohn Frerichs. Dank Precision Farming erreiche der Landwirt seine Erträge leichter. Zudem können Landwirte, die das Precision Farming nutzen, mit einer besseren Qualität und einer geringeren Umweltbelastung rechnen.

Doch Innovationen bringen auch neue Herausforderungen – wer die neue Technik bedienen möchte, muss sich auskennen. Für manche Landwirte mehr als eine kleine Umstellung. „Es ist schon sehr viel Fachwissen gefragt“, bestätigt Landwirt Mehl. „Man muss die Technik bedienen können. Dazu gehört auch eine gewisse Affinität. Wenn man das dann aber beherrscht, dann ist es eine große Entlastung.“ Es sei eben ein riesiger Unterschied, ob man 16 Stunden eine Maschine selber lenke oder nur auf ihr sitze und sie kontrolliere.

Körperlich wird es also leichter, geistig aber anspruchsvoller. „Die Ansprüche an die Ausbildung wird definitiv höher“, so Mehl. „Ein Mitarbeiter auf einem landwirtschaftlichen Betrieb ist nicht zwangsläufig ein IT-Spezialist“, sagt Paetow. Da sieht Frerichs die Ingenieure in der Pflicht: „Die Aufgabe für den Entwickler ist es, diese Maschine so einfach wie möglich zu halten. Wir brauchen Maschinen, mit denen in der Grundausstattung jeder umgehen kann. Die man aber je nach Anspruch entsprechend aufrüstet.“

Die Generationenfrage spielt daher auch in der Landwirtschaft eine große Rolle: „Am besten werden Innovationen eingeführt, wenn im Betrieb eine neue Generation kommt, die die Technik als Erste einsetzt“, so Mehl. Ältere Betriebsleiter würden solche Schritte eher den Nachfolgern überlassen. Dem Siegeszug der Innovationen steht das allerdings keineswegs entgegen, da sind sich die Experten sicher.

Flugobjekte über dem Rübenfeld

Auch Drohnen schweben in der Vorstellung mancher Branchenkenner bald über Rüben- und Getreidefelder – andere halten die Technologie für unnötig. Frerichs erinnert sich an vergleichbare Ideen aus der Vergangenheit: „Es gab auch mal beispielsweise die Idee, ob man nicht Ballons steigen lassen kann, um von oben zu schauen, was auf dem Feld passiert.“ Im Grunde sei das der gleiche Ansatz.

Rechtliche Fragen zum Drohnen-Flug

„Ich denke, Flugzeugeinsätze könnten sicher lohnenswert sein. Dass das aber für jeden Betrieb gelten wird, bezweifle ich.“ Wer es aber ganz genau wissen will, was auf dem eigenen Feldern passiert, für den sind Drohnen als Kontrollsysteme ein realistisches Zukunftsszenario.

DLG-Vize Paetow sieht anstelle der Drohnen eine ganz andere Technik im Einsatz: Satelliten. Deren Bilder werden immer hochauflösender. Dank täglich neuer Aufnahmen könnten Satelliten laut Paetow zukünftig die Informationen liefern, die der Landwirt aus der Himmelsperspektive gewinnen kann.

Ein weiteres Zukunftsmodell sind Feldroboter. Zahlreiche Forschungsprojekte beschäftigen sich mit solchen Versuchsobjekten – mal kleiner, mal größer.

Wie Landwirtschaft in der Stadt betrieben wird
Gestapelte GewächshäuserNahrungsmittel wie Kartoffeln oder Gurken könnten bald in städtischen Hochhäusern wachsen. Das würde Einsparungen an Kosten und Ressourcen wie Benzin und Strom bedeuten, die für den Transport von Lebensmitteln von den Feldern zum Konsumenten verbraucht werden. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Selbst anbauen auf Dachfarmen
Fruchtbarer Ackerboden
Fischen in der Stadt
Hydroponische Gewächshäuser

An einem solchen Modell forscht etwa die US-Robotik Firma „Dorhout Research and Development“. Sie entwickelte achtbeinige Roboter, die einmal über die Felder marschieren und mithilfe von Bohrern die Saat setzen könnten. Die „Robot Farmer“ säen eigenständig und kommunizieren auch untereinander.

„Ich bin davon überzeugt, dass Roboterfahrzeuge kommen“, so Frerichs. „Sie werden nicht in der großen Breite und nicht sofort eingesetzt werden, aber sie werden kommen.“ Zunächst dürften vor allem kleine Roboter Realität werden, die die Felder etwa auf Schädlinge oder Wildkräuter überprüfen.

Dann wird der Landwirt in erster Linie überwachende Funktion haben – wahrscheinlich mit Bildschirm oder dem Tablet in der Hand. Das gebe es sicherlich auch jetzt schon vereinzelt auf dem Traktor, sagt Frerichs. Man könne davon ausgehen, dass die Manager auf den Höfen, die selber noch auf die Maschinen gehen, solche Technik durchaus nutzen werden.

„In ein paar Jahren wird es häufiger so sein: Der Landwirt steigt noch selber auf den Mähdrescher, aber die Maschine läuft mehr oder weniger autonom, sodass er nebenbei noch Zeit hat, mit dem Tablet beispielsweise seine Aufträge abzuwickeln, um sein Getreide zu vermarkten“, so Frerichs.

Da ist sich auch Paetow sicher: „Das Tablet gehört in Zukunft ganz klar auf den Traktor.“

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