Digitale Welt "Der Chef ist selten der beste Experte im Team"

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Der Verkäufer wird zum persönlichen Avatar

Michael Frenzel Quelle: dpa

Könnte Audi auf Autohändler verzichten?

Stadler: Im Neuwagengeschäft eines Premiumanbieters ist er unverzichtbar. Der Händler wird im Gegenteil sogar wichtiger, weil er vielfältigere Aufgaben bekommt. Eine Beziehung zum Autokäufer pflegen – das geht nicht nur über das Internet. Die Schnittstelle Handel wird im Zeitalter der Digitalisierung eine andere Wertigkeit und Form bekommen – der Verkäufer wird zu einer Art persönlichem Avatar, der immer da sein muss und die vielfältigsten Kundenwünsche löst. Denn der Kunde der Zukunft will alles haben, nur keinen Stress.

Ist die Industrie für die direkte Kommunikation mit dem Kunden schon gerüstet? Zum Teil werden E-Mail-Anfragen immer noch erst nach Wochen beantwortet.

Stadler: Wir sind auf einer Reise in ein neues Zeitalter und müssen uns auf die Bedingungen, die uns dort erwarten, noch einstellen. Es ist gar nicht so einfach, die vielen neuen Kontakte, die wir heute über das Internet knüpfen – per E-Mail, Twitter, Facebook, YouTube oder Google+ – sauber zu kanalisieren. Anfragen dürfen natürlich nicht im Nirvana landen. Aber eine fundierte Antwort kann man nicht eben mal aus dem Ärmel schütteln.

Trotzdem: Hat die Wirtschaft wirklich verstanden, was da auf sie zukommt?

Frenzel: Die große Aufgabe wird es sein, die Transformation zu managen. Wir haben heute eine stationäre Vertriebslandschaft mit Tausenden Reisebüros, die in Deutschland noch 60 bis 70 Prozent unseres Umsatzes ausmachen. Die können und wollen wir nicht einfach abknipsen und auf Online umschalten. Das muss man managen. Auch in Zukunft wird es noch einen bedeutenden stationären Vertrieb geben.

Hainer: Es ist ein hochkomplexes Thema. Aber ich behaupte für unser Unternehmen, dass wir von der Entwicklung nicht überrascht werden. Unsere Kernzielgruppe sind Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren. Das Durchschnittsalter in unserer Zentrale liegt bei 31 Jahren. Die Beschäftigten kommen aus 50 Nationalitäten und beschäftigen sich intensiv mit der Zielgruppe. Ich behaupte nicht, dass wir schlauer sind als andere. Aber wir zählen sicher zu den Unternehmen, die sich frühzeitig mit den Auswirkungen der Digitalisierung beschäftigt haben. Die Ausbreitung sozialer Netzwerke kam für uns nicht überraschend.

Warum sitzen Ihre Unternehmen dann nicht mit am Tisch, wenn die Kanzlerin diese Woche diskutiert, wie Deutschland den Rückstand in der IT gegenüber anderen Ländern verkürzen kann?

Stadler: Weil wir schon weiter sind – unsere Unternehmen sind global aufgestellt. Audi ist seit einiger Zeit auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas präsent: einerseits, weil wir dort unsere Modelle als rollende Mobile Devices vorführen. Andererseits, weil wir uns informieren wollen, was in der schnelllebigen Welt der Consumer Elektronic passiert. Dort haben wir sehr früh realisiert, dass 3-D-Grafiken Standard werden, nicht nur für PCs, sondern auch bei der Navigation im Auto. Und dort lernten wir, wie wichtig es ist, unsere eigenen Produktzyklen mit denen der IT-Branche zu koordinieren. Deshalb haben wir einen Modularen Infotainment Baukasten entwickelt, der unsere Techniker in die Lage versetzt, in Modellen wie dem A3 überholte Grafikhardware gegen die neueste Generation auszutauschen. Oder bald schon ohne Werkstattbesuch die Software im Auto zu aktualisieren. Also: Wir sind deutsche Unternehmen, aber trotzdem in der ganzen Welt zu Hause.

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