E-Books "Die Nachfrage wächst sprunghaft"

Die Deutschen tasten sich vorsichtig an elektronische Bücher heran. Per Dalheimer, Chef von Libri.de, über Wunsch und Wirklichkeit auf dem deutschen E-Book-Markt.

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Per Dalheimer, Chef von Libri.de Quelle: PR

WirtschaftsWoche: Herr Dalheimer, in den USA wurden 2011 mit knapp neun Millionen Stück fast 18-mal so viele E-Book-Reader verkauft wie in Deutschland – bei einer nur knapp viermal so großen Einwohnerzahl. Sind deutsche Leser konservativer – und legen mehr Wert auf Literatur zum Anfassen?

Dalheimer: Das sicher nicht. Die langsamere Entwicklung in Deutschland liegt ganz sicher nicht an grundsätzlichem Desinteresse. Im vergangenen Jahr hat sich der Absatz von E-Book-Lesegeräten in Deutschland mehr als verdoppelt. Wir merken ja bei Libri.de selbst, dass die Nachfrage nach elektronischen Büchern konstant steigt.

Woran liegt die Zurückhaltung der Deutschen gegen das elektronische Buch dann? Klemmt’s an der Technik, oder an den Inhalten?

Es gibt verschiedene Faktoren im deutschen Markt, die die rückständige Entwicklung begründen. Zum einen waren die nötigen Lesegeräte in den USA deutlich früher, in größerer Vielfalt und zu niedrigeren Preisen verfügbar. Zum anderen ist das Angebot an E-Book-Titeln schon sehr viel länger deutlich reichhaltiger als bei uns. Außerdem sind E-Books wegen der fehlenden Preisbindung in den USA im Verhältnis zu gedruckten Exemplaren preiswerter. Und schließlich sind Bücher in einem Flächenland wie den Vereinigten Staaten schlicht auch nicht überall so leicht zu bekommen, wie in Deutschland, wo der Weg zur nächsten Buchhandlung meist nicht allzu weit ist. Aber wie gesagt, das Geschäft zieht nun auch in Deutschland erkennbar an.

Was erwarten Sie für dieses Jahr?

Ich rechne mit einer erneuten Verdoppelung auf mehr als eine Million E-Reader – mit einem besonders starken Zuwachs im vierten Quartal. Ein Grund ist, dass die Reader als Geschenke immer beliebter werden. Dazu trägt auch bei, dass wir nochmals einen deutlichen Preisrutsch erleben werden. Ich rechne damit, dass einfache Geräte, die zum vergangenen Weihnachtsgeschäft noch um 100 Euro kosteten, zum Jahresende 2012 bei unter 70 Euro liegen werden, besser ausgestattete – mit Touch-Display und Fingerbedienung sowie integriertem WLAN-Funk – liegen dann bei etwa 100 Euro.

Können denn die Hersteller bei den Preisen mit der Hardware noch Geld verdienen?

So gut wie nicht. Inhalte-Anbieter wie Amazon vertreiben Ihre Geräte quasi mit null Marge, um eine möglichst schnelle Verbreitung der Reader zu erreichen und ihr Geschäft mit dem Verkauf der Inhalte zu machen. Auch der Hersteller Sony, der seine Reader bisher aufgrund Ihrer Marke und der guten Ausstattung mit einem Aufschlag von 50 Euro verkauft, hat nicht umsonst einen eigenen Online-Buchvertrieb angekündigt.

Macht Ihnen das Sorge? Schließlich ist Libri.de bisher einer von Sonys präferierten Vertriebspartnern für E-Books.

Ich kann Strategie nachvollziehen – und damit leben, zumal sich Sony auf der Frankfurter Buchmesse klar zur Fortführung der Partnerschaft mit dem freien Buchhandel bekannt hat. Zudem setzt Sony auf den offenen E-Book-Standard EPUB. Der ermöglicht es Kunden, bei unterschiedlichen Händlern – neben Libri.de beispielsweise auch Weltbild oder Thalia – E-Books zu kaufen und auf dem Sony Reader zu lesen. Und im Grunde genommen, ist ein wachsendes Angebot ja wünschenswert, weil es hilft, neue Käufergruppen zu erschließen.

Als da wären?

Vor allem deutlich weniger technisch interessierte Menschen, als jene „Early Adopter“, die bisher schon zugegriffen haben. Zudem erwarte ich, dass sich auch viel mehr Frauen für E-Books begeistern. Die nämlich sind es, die bisher zum weit überwiegenden Teil gedruckte Bücher kaufen. Unter den E-Book-Käufern sind sie dagegen im Vergleich noch sehr unterrepräsentiert. In dem Maße, in dem sich das ändert, gewinnt der elektronische Buchhandel in Deutschland noch zusätzlich Schub.

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